2024-04-19T07:32:36.736Z

Allgemeines

FLF-Wahlen: wie kann man die Probleme im Ehrenamt lösen?

Welche Ideen haben Claude Kremer und Paul Philipp, um dem Mangel an ehrenamtlichen Helfern entgegenzuwirken?

Wie würden Sie die Probleme im Ehrenamt lösen?

Paul Philipp

„Die Spieler und Mannschaften sind sich oft nicht bewusst, wieviel Organisation nötig ist, damit sie überhaupt Fußball spielen können. Das Drumherum ist notwendig. Noch sind wird nicht ganz aus der Covid-Pandemie heraus. Wir warten alle gespannt, wie die Auswirkungen dieser auf das Ehrenamt genau aussehen werden und wieviele ehrenamtliche Helfer aufgehört haben. Man kann z.Z. noch keine definitive Bilanz ziehen. Vor allem bei den Ehrenamtlichen, die punktuell in Clubs ausgeholfen haben, scheint es einen Rückgang zu geben. Das Hauptproblem sind aber die, die im Tagesgeschäft tätig sind. Oft hofft man, dass durch Veranstaltungen z.B. von Vereinsjubiläen, einige Personen, die bei diesen zur Hand gingen, auch längerfristig dem Verein im Ehrenamt zur Verfügung stehen werden, doch das scheint doch nur sehr selten der Fall zu sein.

Das exakte Problem ist schwer zu beziffern, aber wir müssen uns ganz sicher alle zusammen darüber Gedanken machen. Wenn man die sozialen Aufgaben nimmt, die der Fußball erfüllt, dann brauchen wir uns nicht zu verstecken. Und diese Aufgaben hängen mit dem Ehrenamt zusammen. Es sollte möglich sein, beim Sport- oder auch einem anderen Ministerium oder bei sonstigen Instanzen, eine statistische Basis vorzulegen, wieviel Prozent des Ehrenamtes auf der Strecke geblieben sind. Damit hätte man ein stärkeres Argument, um das Engagement in den Vereinen zu beziffern. Es müssen ja immer mehr Fußballer betreut werden und man muss seine Ideen gegenüber staatlichen Stellen untermauern können, um von diesen entsprechende Hilfen zu bekommen.

Womit wir zu der Frage zurückkehren, wie man das Ehrenamt attraktiver gestalten kann. Für mich beginnt das beim Respekt gegenüber diesen freiwilligen Helfern. Und da sprechen wir nicht vom Geld, sondern von der Anerkennung der Arbeit, die diese Menschen leisten. Ohne sie würden die Vereine weder funktionieren noch existieren. Um dies zu erreichen, ist auch die öffentliche Hand gefordert. Es reicht nicht, einfach z.B. einen Tag des Ehrenamts zu organisieren. Diese rücken die Probleme zwar ins Schaufenster, mehr aber auch nicht. Die Ehrung des „Bénévol de l’année“ ist eine wunderbare Sache, wenigstens für den dortigen Preisträger ist dies eine Anerkennung, im Endeffekt wird aber immer eine Auswahl getroffen.“

Claude Kremer

„Das Ehrenamt ist im Gegensatz zum Thema der Schiedsrichter ein Bereich, auf den wir finanziell nicht einwirken können. Für mich gibt es hier zwei Wege. Der erste sind unsere Partner in der Regierung und den verschiedenen Ministerien, um unser ganzes Gewicht als größter Sportverband Luxemburgs zusammen mit den anderen Verbänden – die kennen die gleichen Problem – einzusetzen. Es reicht nicht mehr, dass eine Regierung oder das Sportministerium Werbebanner an die Clubs verteilt, auf denen ‚Danke für das Ehrenamt‘ steht, die dann auf den Sportplätzen aufgehängt werden. Das kann es nicht mehr sein. Dies muss konkreter werden und es gilt, den ehrenamtlichen Helfern gegenüber, die jeden Tag, Woche für Woche auf den Plätzen und rundherum im Einsatz sind, ein Zeichen von politischer Seite gesetzt werden. Ein Sonderurlaub wäre ein Weg, ein solcher wurde bereits angesprochen, doch es muss jetzt gehandelt werden. Vereine sind ja heute Kleinunternehmen, die Helfer stecken da beachtliche zeitliche Investitionen hinein. Ich spreche da auch aus Erfahrung als ehemaliger Sekretär und Vorsitzender eines kleinen Vereins.

Die Ausbezahlung des „Qualité plus“, mir der die Jugendarbeit gefördert wird, ist z.B. sehr gut, aber dennoch in meinen Augen ausbaufähig. Ich finde, dass, wenn ich richtig informiert bin, die 3,8 Millionen Euro, die an diesen Fördergeldern an Vereine aus alles Sportarten ausbezahlt werden, noch erhöht werden müssten. Ich traf Minister Engel kürzlich und hatte ihn darauf angesprochen. Er ließ verlauten, dass in diesem Bereich noch Schritte unternommen werden würden. Ich denke, es ist absolut nötig, in diese Richtung zu gehen. Soviel zum „Qualité plus“, es müsste aber auch ein Zeichen Richtung Ehrenamt gesetzt werden. Die Menschen, die ihre Freizeit in den Dienst des Sports setzen, müssen aufgewertet werden. Es muss gezeigt werden, dass man das „Bénévolat“ unterstützt.

Man darf nicht vergessen, dass auch Sportler selbst in die Kategorie des Ehrenamts fallen, womit wir beim Thema Sporturlaub wären. Bei den verschiedenen FLF-Kadern wird dieser z.B. zugestanden, bei Vereinen, die international vertreten sind, dagegen nicht. Die Spieler, die keine Vollprofis sind, müssen sich bei ihren Arbeitgebern Urlaub nehmen, dies gilt für die ersten Herren und Damen aber auch für den Futsal. Diese vertreten Luxemburg schließlich außerhalb seiner Landesgrenzen auf höchstem europäischen Niveau. Ich streiche den Futsal besonders hervor, da Differdingen sich für die Hauptrunde der Champions League qualifiziert hat. Dies wertzuschätzen ist nicht möglich, da das Gesetz dies nicht vorsieht. Es ist Schade, dass dies exakt so in einer Antwort seitens des Ministeriums an die Differdinger Futsal-Abteilung stand. Über so etwas muss gesprochen werden und es muss nach einer Lösung gesucht werden. Wenn wir unseren Elitesport fördern wollen, dann müssen wir ihn auf Vereinsebene auch als Elite behandeln. Es geht ja um Anerkennung für unsere Sportler, die vor allem im Frauenfußball und im Futsal neben ihrer sportlichen Tätigkeit oft noch einer geregelten Arbeit nachgehen.

Neben der politischen Seite gibt es aber auch Punkte, bei denen die FLF helfen kann. Dies kann bei der Digitalisierung der Fall sein. Es gibt einen so hohen administrativen Papieraufwand, dass nicht mehr jeder durchblickt. Ich habe z.B. intern gefragt, welchen Zweck verschiedene Dokumente hätten. Manche gäbe es bereits seit dreißig oder vierzig Jahren lautete die Antwort, warum sie genau gebraucht wurden, konnte mir aber niemand sagen. D.h., dass solche Dokumente überflüssig sind und können abgeschafft werden. Wie bereits angesprochen könnten Spielertransfers digitalisiert und auch elektronisch unterzeichnet werden. Wenn man unnötige Fahrten von Vereinsoffiziellen reduzieren könnte, könnte die so gewonnene Zeit anderweitig besser genutzt werden. Digitale Lizenzen wären ein weiteres Thema, diese gibt es in Frankreich z.B. schon seit fast zehn Jahren. Solche Maßnahmen sind leicht umzusetzen und vereinfachen die Arbeit innerhalb der Vereine aber auch beim Verband. Man muss sich vorstellen, dass aktuell immer noch jemand diese ganzen Lizenzen plastifiziert, verpackt und per Post verschickt. Dies ist auch Arbeitszeit, die für wichtigere Dinge sinnvoller genutzt werden könnte. Durch die Abschaffung verschiedener Dokumente könnten wir den Vereinen auf administrativer Ebene entgegenkommen.

Die Digitalisierung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Es kann z.B. nicht sein, dass bei einem Referendum Vereine noch zum Postamt fahren müssen – und es gibt deren im ländlichen Raum immer weniger – um die Wahlzettel per Einschreiben einzuschicken. So etwas könnte man leicht über eine digitale Plattform abwickeln, wir leben ja im digitalen Zeitalter. Es ist schade, dass wir als Verband in dem Bereich noch nicht auf der Höhe sind. Das ist keine Zukunftsmusik mehr, wir leben bereits in dieser Welt. Ich gebrauche dafür mittlerweile gerne das Schlagwort „FLF 2.0“ – wir müssen in eine andere Welt vorstoßen.

Weiter spielt die Ausbildung der Vereinsoffiziellen eine wichtige Rolle. Viele junge Leute haben sich in letzter Zeit neu in Vereinsvorstände gemeldet. Diesen muss man unter die Arme greifen, da sie oft ins kalte Wasser geworfen wurden. Oft fehlen die nötigen Kenntnisse der nötigen Statuten und Reglements oder man kennt die administrativen Abläufe bei der FLF nicht. Um dem entgegenzuwirken, müssen wir in Richtung Weiterbildung für diese Vereinsleute gehen. Natürlich muss das immer auf freiwilliger Basis geschehen. Finanzmanagement, Marketing, Kommunikation, interne Organisation sind alles Themen, die man mit Fortbildungen verbessern könnte, schlicht alles, was das Vereinsleben darstellt. Umzusetzen wären diese Ideen freilich nur, wenn die FLF dafür genug Personal zur Verfügung hat. Mit der aktuellen Besetzung, wo einige Mitarbeiter am Limit sind, wäre es nicht möglich, auch noch solche Weiterbildungen anzubieten. Es ist entsprechend die Rolle des Verbandes, die interne Verwaltung aufzuwerten. Es muss also investiert werden und das Personal aufgestockt werden, um unseren Kunden, also unseren Vereinen, die nötige Begleitung anbieten zu können. Es geht mir um diese Hilfe für die Clubs, die in meinen Augen aktuell im Regen stehen gelassen werden.“

>> Teil 1: wie stehen die Kandidaten zu den 16er Ligen?

>> Teil 2: wie stehen die Kandidaten zur Professionalisierung?

>> Teil 3: was tun, wenn Spieler bei mehreren Clubs unterschreiben?

>> Teil 4: wie würden die Kandidaten den Schiedsrichtermangel angehen?

>> Teil 6: wie steht man zum „Groupement des divisions inférieures“?

>> Teil 7: muss das Wahlsystem der FLF reformiert werden?

>> Teil 8: die Risiken der Digitalisierung

>> Teil 9: Subventionen, Eigenfinanzierung und Einsparungen

>> Teil 10: wie stehen die Kandidaten zum Umweltschutz?

>> Teil 11: Paul Philipps Rolle als Champions-League-Kommentator

>> Teil 12: FLF-Wahlen: die Meinungen der Kandidaten zu den Livestreams

>> Teil 13: wie sehen die Kandidaten die Sicherheit im neuen Stadion?

Aufrufe: 030.9.2022, 13:40 Uhr
Paul KrierAutor