2024-04-25T08:06:26.759Z

Kommentar
– Foto: Rocco Bartsch

Fatale Abstiegskette

Ein Kommentar von Thilo Huntemüller.

Die Auf- und Abstiegsregelungen sorgen an der Schnittstelle zwischen Profi- und Amateurfußball immer wieder für Diskussionen. In dieser Saison ist die Konstellation besonders extrem. Unter gewissen Umständen kann es sein dass der Klassenerhalt einer Mannschaft aus der 10. Liga von dem abhängig ist, was ganze sechs Spielklassen höher passiert. Ein Unding, meint Thilo Huntemüller in seinem Kommentar.

In der fünftklassigen Bremen-Liga sind die beiden regulären Absteiger bereits ermittelt: der TuS Schwachhausen zieht sich freiwillig zurück und der Rückstand des SV Werder Bremen III ist zu groß um noch das rettende Ufer erreichen zu können. Doch das Abstiegsgespenst könnte trotzdem noch Arbeit in Bremens höchster Herrenspielklasse bekommen. Vielleicht. Möglicherweise. Eventuell. Denn so genau kann man das noch nicht wissen, weil das davon abhängig ist was eine Liga höher passiert. Denn für jede Mannschaft, die von der Regionalliga Nord in die Bremen-Liga absteigen muss, gibt es in der Bremen-Liga einen zusätzlichen Absteiger. Es sei denn, dem FC Oberneuland oder OSC Bremerhaven gelingt im Gegenzug der Aufstieg in die Regionalliga, dann gibt es ein zusätzlicher Absteiger weniger.

In der Regionalliga Nord sind derzeit mit dem Bremer SV und dem SV Werder Bremen II nur zwei Mannschaften aus Bremen am Start, blöderweise stecken beide in Abstiegsgefahr. Auch für die beiden Bremer Viertligisten ist es schwer zu sagen welchen Platz sie am Ende erreichen müssen um die Klasse halten zu können. Landen sie auf einem der drei letzten Plätzen, dann geht's für sie definitiv runter. Die Zahl der Absteiger ist aber auch in der Regionalliga Nord kein Fixwert. Für jede Mannschaft aus dem Zuständigkeitsbereich des Norddeutschen Fußball-Verbandes, die aus der 3. Liga in die Regionalliga absteigen muss, gibt es in der 4. Liga einen zusätzlichen Absteiger. Der VfL Osnabrück hat den Ligaverbleibt schon seit längerer Zeit fest im Sack, der VfB Oldenburg und der SV Meppen hingegen kämpfen noch darum in der 3. Liga bleiben zu können. Sollten Oldenburg und Meppen diesen Kampf verlieren, dann werden in der Regionalliga Nord neben den Plätzen 17, 18 und 19 auch noch die Plätze 15 und 16 zur Fahrkarte in die 5. Liga. Auf Platz 14 wäre man aber auch noch nicht sicher, denn der Nord-Regionalligist, der am Saisonende auf dem niedrigsten Nichtabstiegsplatz landet, muss noch eine Relegationsrunde gegen den Vizemeister aus der Oberliga Niedersachsen bestreiten. Der Verlierer ist kommende Saison dann ebenfalls fünftklassig.

Das heißt, in der Bremen-Liga hängt der Klassenerhalt von TuS Komet Arsten und TuSpo Surheide indirekt von dem ab, was in der 3. Liga passiert. Und diese Kausalkette setzt sich in die unteren Spielklassen weiter fort. Kommt es zu zusätzlichen Absteigern aus der Bremen-Liga, gibt es auch zusätzliche Absteiger in der Landesliga. Das gleiche gilt für die Bezirksliga, die Kreisligen und so weiter. Je nach Meldelage kann es, zumindest theoretisch, im Extremfall sogar sein, dass sich diese fatale Abstiegskette bis in die 1. Kreisklasse, also die 11. Liga, fortsetzt. Für Mannschaften aus dem unteren Tabellenviertel oder -drittel bedeutet Abstiegskampf einen immensen Arbeits-, Kraft- und Motivationsaufwand. Wenn eine Mannschaft dann noch nicht einmal weiß wo genau das rettende Ufer ist, das sie erreichen muss, bedeutet das eine zusätzliche heftige Belastung. Dass das Wohl und Wehe dieser Teams indirekt von Dingen abhängig ist, auf die sie nicht den geringsten Einfluss haben, weil sie mehrere Spielklassen höher passieren, ist sportlich nicht fair.

Nun ist die aktuelle Regelung dem Bestreben geschuldet die Anzahl der Mannschaften, die in der Regionalliga Nord und den darunter folgenden Ligen spielen, auf das Sollmaß zu reduzieren. Hier muss die Frage erlaubt sein was höher zu bewerten ist: dass eine Liga die richtige Anzahl Mannschaften umfasst oder dass Mannschaften im Abstiegskampf, die mit viel Fleiß, harter Arbeit und riesigen Motivationsaufwand einen regulären Nichtabstiegsplatz erschwitzt haben, für ihre Mühen auch belohnt werden und nicht mehr mit bangen und hilflosen Blick auf höhere Ligen schauen müssen.

Doch wie könnte dieses Problem gelöst werden? Mein Vorschlag: die Zahl der Abstiegsplätze wird von der Regionalliga bis in die untersten Spielklassen vor Saisonbeginn fix festgesetzt. Sie verändert sich nicht, auch dann nicht wenn eine Liga dadurch zu groß werden würde. Sollte das passieren wird die Zahl der Abstiegsplätze erhöht, aber eben erst in der nächsten Saison. Auf diesem Weg kann es zwar passieren dass eine Liga eine Saison lang mit etwas mehr Teams ausgetragen werden muss, aber so wird dann die oben beschriebene unfaire Abstiegskette vermieden.

Die folgende Übersicht zeigt, welche Mannschaften in den drei höchsten Bremer Spielklassen theoretisch noch absteigen können, wenn das Worst-Case-Szenario eintritt (zwei Bremer Absteiger aus der Regionalliga Nord und gleichzeitig kein Aufsteiger von der Bremen-Liga in die Regionalliga):

Bremen-Liga:
Abstieg bereits sicher: TuS Schwachhausen (freiwilliger Rückzug), SV Werder Bremen III.
Abstieg zumindest mathematisch noch möglich: TuS Komet Arsten, TuSpo Surheide.

Landesliga:
Abstieg bereits sicher: noch keine Mannschaft.
Abstieg zumindest mathematisch noch möglich: SC Weyhe, 1. FC Burg, VfL 07 Bremen, SV Grohn, TSV Osterholz-Tenever, TSV Hasenbüren, TSV Blau-Weiß Melchiorshausen, BSC Hastedt, SV Türkspor Bremen-Nord.

Bezirksliga:
Abstieg bereits sicher: DJK Germania Blumenthal (gestrichen nach dreimaligen Nichtantritt).
Abstieg zumindest mathematisch noch möglich: SG Findorff, TSV Grolland, SG Aumund-Vegesack II, TSV Farge-Rekum, FC Sparta Bremerhaven, Blumenthaler SV II, SC Lehe-Spaden, SV Hemelingen II, Leher Turnerschaft II, SV Eintracht Aumund, SC Borgfeld II.

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Der Autor: Thilo Huntemüller (41) ist FuPa-Autor und Mitglied im Vorstand des BSC Hastedt.

Aufrufe: 07.5.2023, 08:51 Uhr
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