Im Frühsommer 1995 bekam Norbert Brenner sein ganz persönliches Abschiedsspiel geschenkt. Beim Verbandsligaspiel VfR Heilbronn gegen SV Berlichingen pfiff Brenner sein letztes von insgesamt 185 Verbands- und Landesligaspielen.
8000 Zuschauer waren da, um ihn zu verabschieden. Mit seinen 50 Jahren hatte er die Altersgrenze erreicht und durfte fortan nicht mehr überregional pfeifen. Aber aufhören? Das war für Norbert Brenner nie ein Thema – und ist es immer noch nicht. 30 Jahre danach pfeift der umtriebige Fußballnarr immer noch. Sein letztes Spiel in der Kreisliga A absolvierte er im Oktober 2024. Dann zwang ihn ein Meniskusriss kurzzeitig in die Knie.
Aber eigener Antrieb und stetige Physiotherapie halfen dem am heutigen Montag 80 Jahre alt gewordenen Brenner wieder auf die Beine. In der Halle pfeift Brenner schon wieder Jugendspiele. „Und dort, im Jugendbereich, will ich mich auch künftig der Schiedsrichterei widmen“, sagt Brenner. Er ergänzt: „Mit 80 ist ja auch mal Zeit, dass man einen Schritt zurück macht“.
Die Jugendarbeit hält ihn jung
Praktisch das ganze Fußballerleben des Jubilars ist geprägt von Vereins- und Verbandsarbeit überwiegend im Jugendbereich. Seit 31 Jahren ist Brenner Jugendstaffelleiter und kümmert sich um den Spielbetrieb in verschiedensten Altersklassen. Aktuell regelt und organisiert er das Geschehen im C-Juniorenbereich im neuen Bezirk Nordschwarzwald. Die Arbeit mit der Jugend hält mich jung. Und ich habe die Ansichten der Jungen verstehen gelernt“, sagt Brenner. Nur eins missfällt dem
Emminger in diesem Zusammenhang: „Die Eltern, die in ihren Kindern den kommenden Bundesligastar sehen sind oft ein Problem“. Ob im Zusammenhang mit der Strukturreform 2024 bei ihm nicht der Gedanke kam, dass jetzt genau der richtige Zeitpunkt wäre, um aufzuhören? Das „Nein“ kommt wie aus der Pistole geschossen. „Ich bin voll auf Fußball eingestellt“. Natürlich habe auch er sich gefragt, was nach dem Zusammenschluss der Bezirke Nördlicher Schwarzwald und den Calwer Vereinen von Böblingen/Calw auf einen zukommt. „Und jetzt macht es riesig Spaß. Ich hätte mir die Zusammenarbeit im Vorfeld nie so toll vorgestellt“, sagt Brenner. Er macht einen Schwenk zu der ersten gemeinsamen Zusammenkunft der Amtsträger der damals noch zwei Bezirke im Vollmaringer Sportheim. „Das werde ich nie vergessen. Diese Harmonie - dieses Miteinander im Nördlichen Schwarzwald: Einfach super", sagt er. Für Brenner wars im Übrigen in seiner langen Laufbahn schon die zweite Strukturreform. Ganz zu Beginn spielten seine Emminger nämlich noch im Bezirk Enz/Nagold.
Treue zum Heimatverein
Dort hatte der damals 17-jährige in der A-Jugend vor 63 Jahren seinen größten sportlichen Erfolg. Sein Team der Sportfreude Emmingen holte sich die Enz/Nagold Meisterschaft und qualifizierte sich für die Württembergische Meisterschaft. Da war dann erst im Halbfinale gegen den SSV Ulm Endstation. Als aktiver Fußballer war Brenner („Das Talent wurde mir von meinem Vater in die Wiege gelegt“) in seinen 13 weiteren Fußballerjahren auch über 500 Mal am Ball. Brenner ist sein Leben lang seinem Heimatverein SF Emmingen treu geblieben. Dort war er auch 11 Jahre in der Jugendarbeit tätig und 13 Jahre Vereinsvorsitzender. Wer wissen will, wer schon seit 2002 für die Platzpflege der mittlerweile drei Spielfelder, inklusive Jugendsportplatz und Kegelbahn sowie Beregnungsanlage zuständig ist, der muss nicht lange raten. Richtig: Brenner nimmt sich immer noch auch dieser Aufgabe an.
Segen durch neue Technik
Ehrungen, sagt der 80-Jährige, bedeuten ihm eigentlich nicht viel. Und trotzdem ist er so reich mit Urkunden, Plaketten, Nadeln und Ehrenbriefen ausgezeichnet, dass er in seinem Büro Regale füllen und Wände tapezieren kann. Apropos Büro. Dort steht neben dem PC auch immer noch die schmucke alte Schreibmaschine, mit der Brenner früher jedes Wochenende stundenlang an Spielberichten, Spielerlisten, Schiedsrichterberichten und vielem mehr saß, um den Spielbetrieb organisatorisch in die Spur zu bringen. „Die Einführung der EDV ist ein Segen gegenüber früher“, sagt er.
In der Schirigruppe Calw ist Brenner mit mittlerweile 2750 Spielleitungen registriert. Im Sportkreis Calw kommt eine 25-jährige Laufbahn als Schriftführer und Kassier zusammen. In der Schiedsrichterei, mittlerweile 54 Jahre andauernd, ist Norbert Brenner fast der ganz große Wurf gelungen. Zusammen mit seinem Assistententeam Dieter Schuler, Walter Micksch und Klaus Gall („denen verdanke ich sehr viel“), stand er kurz vor dem Oberligaaufstieg. Er war damals punktgleich mit einem jüngeren Kameraden. Brenner hatte darauf im Gespräch mit dem langjährigen WFV-Lehrwart Gottfried Geltenbort freiwillig zugunsten des jüngeren Kameraden verzichtet. Für diese Geste wurde Brenner mit dem Fair-Play Preis vom Sportkreis Calw ausgezeichnet.
Rückhalt in sportlicher Familie
Beim Gespräch mit dem rüstigen Tausendsassa kommt man eigentlich gar nicht auf die Idee zu fragen, ob denn irgendwann auch mal Schluss sein soll. Brenner stellt sich diese Frage auch gar nicht. Er tippt sich an die Stirn: „So lange im Kopf noch alles gut ist und die Beine mitmachen, mache ich weiter“. Großer Rückhalt für alle seine Posten findet Brenner in der eigenen Familie. Ist auch fast kein Wunder, denn Frau, Sohn und Tochter, sowie die Enkelkinder sind alle auch im sportlichen Bereich aktiv. Frau Elly, mit der Brenner schon 54 Jahre verheiratet ist, ist im Bereich Breitensport aktiv.
Sohn Jens war aktiver Fußballer, dann Schriftführer und jetzt Kassier im Förderverein der Emminger Sportfreunde. Tochter Nicole („ich habe zwei tolle Kinder“) ist seit vielen Jahren Trainerin bei den Leichtathleten des VfL Nagold. Und wenn er seine „süße Enkelinnen“ sehen will, dann findet er die in der D-Jugend des SV Nufringen. Die komplette Familie ist im Übrigen Fan des FC Bayern. Nur die Frau schert aus und sympathisiert mit dem Hamburger SV. Brenner sieht’s locker: „Ohne die Unterstützung meiner Elly wäre meine Laufbahn nicht möglich gewesen“.
Wenn jeder Pfiff daneben geht
Jeder Fußballer, jeder Schiedsrichter, kennt die Situation: Irgendwann kannst du machen, was du willst – es glingt dir einfach nichts. Norbert Brenner bleibt auch so ein Erlebnis in Erinnerung. Vor 25, 30 Jahren, sagt Brenner, habe er mal ein Spiel geleitet, bei dem jeder Pfiff daneben ging. „Das merkst du ja selber“, sagt er. Als das Spiel um war, hat er sich für seine schlechte Leistung entschuldigt und umgehend beim Einteiler angerufen und ihm gesagt, er wolle genau dasselbe Spiel ein, zwei Jahre später wieder leiten. „Ich wollte beweisen, dass ich es besser kann“, sagt Brenner rückblickend. Der Plan ging auf. Bei der Neuauflage konnte sich Brenner wieder rehabilitieren.