2024-04-29T14:34:45.518Z

Interview
Der Kompromisslose: Andreas Geipl (li.), hier im Duell mit Lübecks Jan Marc Schneider.
Der Kompromisslose: Andreas Geipl (li.), hier im Duell mit Lübecks Jan Marc Schneider. – Foto: Imago Images

Ex-Löwe und Jahn-Profi Geipl im Interview: „Sechzig muss raus aus der 3. Liga“

Andi Geipl über den Aufstiegskampf mit Regensburg und seinen Blick auf Ex-Verein 1860

Am Sonntag trifft Andreas Geipl mit Regensburg auf seinen Ex-Klub. Im Interview spricht der Ex-Löwe über den Aufstiegskampf und seinen Blick auf 1860.

München – Er war schon 2017 dabei, als sich der TSV 1860 und Jahn Regensburg in der Relegation begegnet sind – mit dem besseren Ende für die Oberpfälzer. Andreas Geipl (31), der Ex-Löwe, kennt beide Vereine aus dem Effeff und will dazu beitragen, dass es bei einem gemeinsamen Drittligajahr bleibt.

Der Jahn peilt als Tabellenführer die direkte Rückkehr in die 2. Liga an, die Löwen haben sich frühzeitig aus dem Aufstiegsrennen verabschiedet, wollen sich aber am Sonntag (13.30 Uhr) für die unglückliche 0:1-Niederlage aus dem Hinspiel revanchieren. Unser Gespräch mit dem aus Bad Kohlgrub stammenden Geipl, für den Regensburg längst eine zweite Heimat geworden ist.

„Eine Phase, wie wir sie jetzt hatten, kommt bei jeder Mannschaft im Laufe einer Saison vor.“

Andreas Geipl.

Andreas Geipl, nach einer Durststrecke von sieben Spielen ohne Sieg gab es zuletzt zwei Siege in Serie. Was sind die Gründe für die Trendumkehr?

Ich glaube, dass wieder alle an ihre Leistungsgrenze gehen und wir unser Spiel wieder auf den Platz bringen. Schon gegen Halle (beim 2:0/Red.) konnte man vieles von dem sehen, was ich persönlich zwischenzeitlich vermisst hatte. Nach dem Spiel in Lübeck (0:1 am 16. März) hatte ich das auch angesprochen. Die Länderspielpause kam für uns vielleicht gerade zum richtigen Zeitpunkt.

Wie kam es zur Schwächephase nach dem Jahreswechsel? Überwintert hatte Ihr Team mit zwölf Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz. Hat sich da manch einer schon zu sicher gefühlt?

Nein, das glaube ich nicht. Wir haben in der Vorrunde zehn Spiele am Stück gewonnen, teilweise auch mit ein bisschen Glück – zum Beispiel beim späten Siegtreffer im Hinspiel bei 1860. Natürlich kann sich so was auch mal drehen. Eine Phase, wie wir sie jetzt hatten, kommt bei jeder Mannschaft im Laufe einer Saison vor. Wichtig ist, dass man sich aus dem Strudel wieder rauszieht.

„Ich hatte sehr schöne Jahre bei 1860.“

Es sind für Andreas Geipl immer besondere Spiele gegen die Löwen.

Wie belastend war der plötzliche Tod von Agyemang Diawusie kurz nach dem Spiel beim TSV 1860?

Sehr belastend. Da kriege ich jetzt noch Gänsehaut, wenn ich bloß darüber nachdenke. Agi war ein Supertyp – in der Kabine eher ruhiger, trotzdem hatte er immer einen witzigen Spruch auf Lager. Man hat sehr gut mit ihm reden können – und sportlich hat er uns natürlich auch sehr geholfen. Für uns als Mannschaft war sein Tod extrem belastend. Mit so etwas rechnet ja keiner, und wenn man so was dann hautnah miterlebt, ist es natürlich noch mal eine Stufe krasser. Nichtsdestotrotz hat uns das vielleicht noch etwas enger zusammengeschweißt.

Harter Übergang zum Rückspiel gegen 1860. Bei den Löwen sind Sie zum Profi gereift – nach elf Jahren in der Nachwuchsabteilung. Ist es für Sie noch immer ein besonderes Spiel?

Ja, das wird auch immer so sein. Ich hatte sehr schöne Jahre bei 1860. Im letzten Jahr (2013/14) war Friedhelm Funkel Cheftrainer, da war ich sogar zwei-, dreimal im Profikader, zusammen mit gestandenen Spielern wie Gabor Kiraly, Gui Vallori oder Rob Friend. Von den Jungs, die ich noch aus der Jugend kenne, ist heute nur noch Phillipp Steinhart da.

„Die Löwen haben immer noch eine unheimliche Wucht – und eine enorme Fanbasis. Trotzdem ist es nicht mehr das Sechzig, wie es vor vielen Jahren einmal war.“

Andreas Geipl

Sie sind der einzige Profi, der bei den Relegationsduellen 2017 dabei war. Waren das die emotionalsten Tage Ihrer Karriere?

Ja, mit Sicherheit. Das Hinspiel bleibt mir in Erinnerung, weil ich beim Stand von 1:1 einen Elfmeter verschossen habe (lächelt). Und der Sieg im Rückspiel war natürlich phänomenal. Zwei Jahre zuvor hatte ich in der Allianz Arena ein Relegationsspiel verloren – mit den 1860 Amateuren gegen Elversberg. Der Tag des Rückspiels und die Feier danach werden mir immer in Erinnerung bleiben – schon deshalb, weil ganz viele Verwandte und Bekannte aus der Heimat in der Arena dabei waren.

Sind die heute alle Regensburg-Fans oder immer noch blau im Herzen?

Die Blauen überwiegen, aber ein paar freuen sich schon auch für Regensburg.

Und wie nehmen Sie heute Ihren Ex-Verein wahr?

Die Löwen haben immer noch eine unheimliche Wucht – und eine enorme Fanbasis. Trotzdem ist es nicht mehr das Sechzig, wie es vor vielen Jahren einmal war. Das ist zumindest mein subjektiver Eindruck. Ich finde auch, dass die Löwen irgendwann wieder raus müssen aus der 3. Liga, als großer Traditionsverein sollten sie mindestens in der 2. Liga spielen.

„Ich habe meine Stärken im direkten Zweikampf, kann da richtig eklig hinlangen.“

Andreas Geipl

Für drei Jahre, 2020 und 2023, waren Sie auch Spieler beim 1. FC Heidenheim, der dann aufgestiegen ist. Wie sehr bedauern Sie, dass Sie die 1. Liga nicht mitnehmen konnten?

Ehrlich gesagt gar nicht. Ich bin glücklich und froh, wie es jetzt ist. Mir war einfach wichtig, dass ich wieder Spaß am Fußball habe und regelmäßig spiele – das war im letzten Jahr in Heidenheim nicht mehr so der Fall. Regenburg ist sportlich und privat meine zweite Heimat geworden. Trotzdem war es eine super Zeit in Heidenheim. Die gehen einfach konsequent ihren Weg. Man sieht ja, dass es da jedes Jahr ein Stückchen weiter bergauf geht. Davor muss man seinen Hut ziehen.

Sie gelten als unbarmherziger Zweikämpfer. 70 Gelbe Karten in 213 Spielen stehen in Ihrer Vita. Wie gerne würden Sie gegen sich selbst spielen?

(lacht) Tatsächlich gar nicht. Ich sag mal so: Die Defensivspieler haben eher wenig Probleme mit mir, weil ich offensiv nicht der Kreativmann schlechthin bin. Dafür habe ich meine Stärken im direkten Zweikampf, kann da richtig eklig hinlangen. Manchmal komme ich auch zu spät - dann gibt’s eine Gelbe Karte. Das war immer schon meine Spielweise.

„Jeder Sportler will am liebsten so hoch wie möglich spielen – deswegen ist man ja Fußballer geworden.“

Andreas Geipl will mit Regensburg in die 2. Liga.

Am Sonntag bestreiten Sie Ihr 83. Drittligaspiel. Eine Liga darüber waren es sogar 131 Spiele. Wie groß ist die Sehnsucht nach der 2. Liga?

Natürlich sehr groß. Jeder Sportler will am liebsten so hoch wie möglich spielen – deswegen ist man ja Fußballer geworden.

Sechs Spiele stehen noch aus, zieht der Jahn es jetzt durch?

Im Moment stehen wir gut da, aber das kann in drei Wochen schon wieder anders ausschauen. Münster war ein Big Point, aber schon 1860 am Sonntag wird schwer. Das hat man ja auch im Hinspiel gesehen. In dieser Liga kann jeder jeden schlagen. Wir müssen jetzt einfach unsere Aufgaben erledigen – und dann werden wir am Ende sehen, wo wir letztlich landen. (Interview: Uli Kellner)

Aufrufe: 012.4.2024, 07:33 Uhr
Uli KellnerAutor