2023-09-26T10:19:04.334Z

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Dieter Priglmeir
Dieter Priglmeir – Foto: hep

Erlebnisse aus Erdinger Relegationsspielen: Pyros, Pannen, Party-Kicker

DAS SPORTGEFLÜSTER

Die Fußballsaison ist beendet. Aber nur fast. Die besten Spiele laufen nämlich gerade: Relegation in allen Amateurklassen.

Wo sonst 50 Zuschauer sind, trommeln jetzt 1000 und mehr für ihr Team. Und auf und neben dem Platz passieren die wildesten Dinge. Keine Sorge, wir reden hier nicht vom Spielabbruch im Mai 2022. Erstaunliches ist immer schon passiert.

Zum Beispiel 1991 in Altenerding, als der TSV Isen vor 1200 Zuschauern 4:1 gegen den kleinen Nachbarn SV Buch führte. „Keine Ahnung, was sich dann der Isener Trainer gedacht hat“, erinnert sich Thomas Rix Rottenbiller. „Aber er hat den Gegenspieler von Otto Simon ausgewechselt.“ Tja, und dann habe der Bucher Torjäger, der zuvor abgemeldet war, mit zwei Toren zur Aufholjagd geblasen. 4:4 stand es am Ende. Beim Elfmeterschießen wähnte sich wieder der TSV im Vorteil, weil Buchs etatmäßiger Keeper Peter Hösl im Urlaub war. Also Zeit für neue Helden: in diesem Fall Ersatzmann Franz Stangl, der zwei Elfer hielt.

Wo wir schon beim Elfmeterschießen sind, da versetzen wir uns mal in die Lage von Renate Birnbeck, die 1999 nicht nur Vereinswirtin des FC Langengeisling war, sondern auch mit dem Team familiär verbunden. „Nervlich war sie nicht in der Lage, das Spiel anzuschauen“, erzählt Gerhard Röslmair. Also bekam sie per Liveticker (also Telefon) mit, dass beim Elfmeterschießen als erstes ihr Sohn und als zweites der Schwiegersohn verschossen hatte. „Sie war dem Ableben sehr nahe“, schmunzelt Schwiegersohn Röslmair, dessen Team dann doch noch in die Kreisliga aufstieg.

Gute Erinnerungen hat auch Florian Leininger, der im Aufstiegsspiel gegen Türk Ingolstadt den Kasten des FC Eitting sauber hielt. Als seine Vorderleute in der 90. Minute das 1:0 erzielten, „war der Eittinger Anhang überhaupt nicht mehr zu halten“. Und weil ein Jungspund, der heute längst selbst Leistungsträger des FCE ist, mit Pyrotechnik zündelte, „hat Eitting sogar vom BFV noch eine dicke Strafe kassiert“, erinnert sich Leininger.

Noch wilder ging es beim Aufstiegsspiel zwischen Vatanspor Freising und Altenerding zu. Die SpVgg gewann damals, „und der Vatanspor-Anhang hat die Hallbergmooser Bretterwand demoliert“, erzählt der damalige Altenerdinger Coach Hans Bruckmeier. Er liebt Relegationsspiele, „es sei denn, es geht gegen zweite Mannschaften“. Ob Altenerding, Moosinning oder Hallbergmoos – alle seien dann mit Leuten aufgelaufen, „die definitiv drei Klassen höher spielen sollten“.

Wer definitiv nach Saisonschluss gar nicht mehr spielen wollte, war in der Saison 2018/19 der FC Forstern, der dann aber in die Relegation gegen den A-Klasse-Vizemeister SpVgg Neuching musste. „Am Tag vorher war unglücklicherweise der Junggesellenabschied unseres Kapitäns Andreas Hartthaler“, erinnert sich Albert Bowinzki. Es seien zwar nicht alle Fußballer dabei gewesen, „aber sechs oder sieben aus der Ersten waren es schon“. Um 6 Uhr morgens ging es los. Die meisten Kicker hätten sich zwar vernünftigerweise um 22 Uhr verabschiedet, „aber das waren dann halt trotzdem schon 16 Stunden“, so Bowinzki. „Und der Bräutigam musste natürlich durchziehen.“ Sicherheitshalber habe ihn der Trainer auf die Bank gesetzt. Forstern gewann dennoch – und zwar so souverän, dass die 22-Uhr-Heimgeher meinten: „Nächstes Mal bleib ma bis zum Schluss. Des hod a so glangt.“

Ob sie wirklich so leicht ist, die Relegation – wir wissen es nicht. Sie ist es jedenfalls wert, den Urlaub in Wales abzubrechen, um den SV Wörth in die Kreisliga zu schießen, wie es einst Flo Rupprecht gemacht hat. Oder Frau und Kinder allein nach Mallorca zu schicken, um daheim für den FC Eitting seine Knochen hinzuhalten, wie seinerzeit Albert Gröber. Einmal ging das gut. Das andere Mal nicht. Da ließen Gerhard Schrödl und er sich reaktivieren, weil die jungen Spieler im Urlaub waren. Diesmal verlor der FCE, „und ich habe mir vier Rippen gebrochen“.

Ein Fachmann der Relegation ist auch Thomas Bachmaier. Wenn er heute mit der BSG auf den FC Moosburg trifft (siehe Bericht oben), geht es für ihn schon zum siebten Mal um die Wurst. Erfolgreich war er erst einmal. „Nichtsdestotrotz sind das genau die Spiele, für die man als Hobbykicker spielt. Man bekommt sehr viel Aufmerksamkeit, und das Stadion ist voll! Ich bin dankbar für jedes Relegationsspiel.“

Und manche erleben dabei sogar ihren zweiten oder dritten Frühling. Oder sogar den vierten? Franz Eisenmann jedenfalls hatte sich mit 49 das Kreuzband gerissen, gab aber zwei Jahre später sein Comeback in der Reserve des SV Walpertskirchen und half dann mit, als die WSV-Zweite erst durch ein 2:1 in letzter Sekunde überhaupt die Relegation erzwang und dort dann 7:2 gewann. Beide Male hieß der Gegner übrigens RW Klettham, der trotz dieser schlechten Erinnerungen heute sicher gern in Attenkirchen wäre. Dort, wo heute der SC Moosen in die Kreisliga aufsteigen will (siehe S. 13).

Diese Kolumne ist unserem Sportreporter Eicke Lenz gewidmet, der am Donnerstagmorgen im Alter von 79 Jahren für alle völlig unerwartet verstorben ist. Noch am Dienstag war er für uns im Einsatz – natürlich bei einem Relegationsspiel, die sich der größte Freund des Landkreisfußballs nie entgehen ließ. (Nachruf folgt)

Aufrufe: 03.6.2023, 09:30 Uhr
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