Der 21-jährige Eren Albayrak vermieste Rot Weiss Ahlen nicht nur die Weihnachtsstimmung, sondern auch die Geburtstagsparty von Ahlens Cheftrainer Björn Joppe, der gestern 46 Jahre alt wurde. Nicht vielen Oberliga-Fans dürfte Albayrak vorher großartig bekannt gewesen sein, auch wenn er schon vor zwei Jahren im ersten Seniorenjahr bei der TSG Sprockhövel aktiv war. Damals gelang ihm in 15 Kurz-Einsätzen kein Treffer. Nun waren es auch erst zwei Tore in 16 Spielen. Diese Bilanz stockt er am Freitagabend massiv auf und erzielte alle Tore beim 4:3-Erfolg der SG Finnentrop/Bamenohl im Ahlener Wersestadion.
Aus Meinerzhagen nach Finnentrop/Bamenohl
Im Sommer kam Albayrak aus der Westfalenliga vom RSV Meinerzhagen, wo er mit sieben Toren in 28 Spielen auf sich aufmerksam machte. Es ist nach der Station in Sprockhövel sein zweiter Anlauf in der Oberliga Westfalen. Freitag, der 13. Dezember 2024, diesen Tag wird sich der Angreifer wohl dick einrahmen und auch die Verantwortlichen von RW Ahlen werden diesen nicht so schnell vergessen. Gleich vier Tore in einem Spiel, da musste Albayrak im Gespräch mit FuPa Westfalen lange nachdenken: "Nein. Ich kann mich an keine Partie erinnern, in der ich in einem Spiel gleich vier Buden gemacht habe."
Zehn Scorerpunkte
Beim Führungstor hatte er kaum Gegnerdruck und wurde vom sehr stark aufspielenden Thiemann über rechts schön frei gespielt. Sein zweites Tor fiel nach einer Kontersituation, die aus einer Ahlener Ecke resultierte. In einer Überzahlsituation liefen Gordon Meyer und Albayrak zu zweit auf Ahlens Verteidiger Polk zu, umspielten diesen und Albayrak vollendete letztlich wie im Lehrbuch den Konter. Die weiteren Tore erzielte der Stürmer der SG über Standardsituationen. Kurz vor dem Halbzeitpfiff nutzte er die Unaufmerksamkeit der Ahlener Abwehrreihe nach einer Ecke eiskalt aus. Neuzugang Marcel Becker bracht den Eckball scharf in die Gefahrenzone, wo Thiemanns Schuss abgeblockt wurde und Albayrak abstaubte.
Und wenn es einmal läuft, man sich gut fühlt, dann nimmt man sich auch den Ball bei einem Elfer. Als Marek im Anschluss einer Ecke abzog und die Hand des Ahleners Spielers Köse traf, zeigte der Schiedsrichter auf den Punkt. Ganz lässig zielte Albayrak vom Punkt flach und präzise ins rechte untere Eck und sorgte damit für das vorentscheidende 4:2. Auch er wusste, wie wichtig dieser Treffer war, denn Ahlen drückte nach der Halbzeitpause vehement auf den Ausgleich, nachdem den Rot Weißen der neuerliche Anschluss gelungen war. Man hatte sogar immer das Gefühl, dass Ahlen kurz davor war, das Spiel komplett in die eigenen Bahnen zu lenken. Aber Albayrak grätschte immer wieder mit seinen Treffern dazwischen.
Überrascht habe ihn die eigene Leistung nicht, wie er nach Spielende selbstbewusst von sich gab: "Überrascht bin ich nicht wirklich. Gefühlt hatte ich in den letzten zehn Spielen einfach nicht das nötige Spielglück auf meiner Seite. Meist waren entweder die Latte oder der Pfosten einem Torerfolg im Weg. Heute hat einfach alles geklappt und jeder Schuss von mir war drin." Mit zehn Scorerpunkten hat Albayrak damit die Führung innerhalb seines Teams übernommen.
"Wir hatten nichts zu verlieren."
Dass dieser Erfolg einer kleiner Sensation gleichte, weiß auch Albayrak ganz genau: "Wir konnten eigentlich nur verlieren. Wenn du nichts zu verlieren hast, kann sich sowas auch positiv auf die eigene Mannschaft auswirken. Wir haben uns im Spiel alle gegenseitig zur Hochleistung gepusht. Im Training unter der Woche haben wir uns gesammelt, fokussiert und uns für das Spiel nach den Niederlagen gegen Bövinghausen und Victoria Clarholz nochmals aufgebaut."
Coach Jonas Ermes als Motivator an der Seitenlinie.
Ein wichtiger Faktor für den Sieg, war sicherlich auch Trainer Jonas Ermes, der im Gegensatz zu seinem Trainerkollegen Björn Joppe seine Coachingzone rauf und runterlief, dabei mit Kommandos seine Mannschaft minütlich versuchte zu unterstützen. Die gesamte Bank feierte jede gelungene Aktion, wie den Gewinn der Weltmeisterschaft. "Wir haben uns heute gesagt, dass wir versuchen werden mit einer breiten Brust ins Spiel zu gehen. Wir wollten das letzte Spiel vor der Winterpause positiv abschließen und haben daher alles hineingeworfen", erklärt Albayrak den Schlüssel zum Sieg.
Große Verletzungsprobleme - 13 Spieler nicht einsatzfähig
Dass die Niederlage für RW Ahlen im Endeffekt einer Blamage gleicht, liegt auch an der Personalsituation der Gäste, die nur mit einem Ersatzspieler aus dem regulären Kader der 1. Mannschaft angereist waren. Mit Drmac, Epe und Hagos waren noch drei Spieler aus der zweiten Mannschaft oder aus der U19 auf der Ersatzbank zu finden. Das Fehlen der drei Stammverteidiger Musangu (5. Gelbe Karte) und den beiden verletzt ausgeschiedenen Moritz Kümhof und Christopher Hennes aus dem Clarholz-Spiel wirkte sich auch auf die eigene Defensive aus, die zwar drei Treffer kassierte, dies wiederum durch den Sahnetag von Albayrak ausgleichen konnte. "Wir haben in so einem Stadion, in dem auch schon mal Zweitliga-Fußball gespielt wurde, auch für unseren ganzen verletzten Teamkollegen gewonnen. Wir haben diese Saison ein enormes Verletzungspech, sowas habe ich auch noch nie erlebt. Unser Trainer hat uns vor dem Spiel gut eingestellt und gesagt, Jungs, wir spielen heute auch für unseren ganzen Mitspieler, die verletzt nicht mithelfen können. Geht raus, genießt die Atmosphäre, ihr habt hier nichts zu verlieren", gibt er Einblicke aus der Kabine und führt weiter fort: "Wir haben einfach Vollgas gegeben und sind mit einer Jetzt erst Recht-Einstellung ins Spiel gegangen. Wir hatten einfach nichts zu verlieren und so hat uns auch der Trainer auf das Spiel positiv eingestellt."
Ziele für die Rückrunde
Mit Blick auf die Ziele in der Rückrunde sagt Albayrak: "Wir wollen uns in der Winterpause neu sammeln. Dazu hoffen wir, dass einige Verletzte aus dem Lazarett nach und nach wieder zurück ins Team kommen. An das Spiel in Ahlen müssen wir als Team weiter anknüpfen und wir werden mit allen Mitteln versuchen, den Klassenerhalt zu schaffen, so dass wir als Verein und als Team nach Ende des letzten Spieltages gemeinsam groß feiern können."