2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Emotion pur: Nach seinen Treffern gegen Wacker Gotha war Christian Schreiber (Nummer 4, Siebleben) nicht mehr zu halten und setzte zum Sprint Richtung Fans an.
Emotion pur: Nach seinen Treffern gegen Wacker Gotha war Christian Schreiber (Nummer 4, Siebleben) nicht mehr zu halten und setzte zum Sprint Richtung Fans an. – Foto: Christian Heilwagen

"...ein sehr ehrgeiziger Mensch, für den es immer nur Fußball gab"

Auch mit 33 Jahren will es Christian Schreiber weiterhin wissen. Im Interview spricht er über die jüngste Niederlage gegen Borsch, ein emotionales Derby und das anstehende Match gegen Suhl.

Enorm ehrgeizig und emotional. Attribute, die Christian Schreiber von der SpVgg Siebleben auszeichnen. Im ausführlichen Interview erklärt der Vollblut-Fußballer was ihn antreibt und warum es so viel Bock macht, in Siebleben zu kicken.

INTERVIEW MIT CHRISTIAN SCHREIBER

FuPa Thüringen: Am Ostermontag habt ihr gegen Borsch in der Nachspielzeit das 1:2 kassiert? Wie bitter ist es, wenn man so nah am Punktgewinn dran war?

Christian: "Das 2:1 in der Nachspielzeit zu bekommen, ist das Bitterste, was man sich vorstellen kann. Ich habe den einen Punkt schon gedanklich in der Tasche gehabt. Aber da sieht man wieder, was im Fußball alles möglich ist. Ich persönlich hätte mich selbst über das Unentschieden geärgert, weil wir an diesem Tag eine sehr gute Leistung gezeigt haben. Trotz tiefem Platz und Dauerregen, haben wir die Zweikämpfe angenommen, waren präsent. Wir haben sogar teilweise den Ball gut laufen lassen. Man hat einfach gemerkt, dass alle Bock hatten. Selbst die frühe Verletzung von Paul Köllner, konnten wir eins zu eins mit Marcel Votava ersetzen, der sofort da war. Die Führung durch Robin Merten, hat einen richtigen Aufwind in die Truppe gebracht. Wir hätten den Sieg meiner Meinung nach verdient gehabt. Das Ergebnis ist sehr ärgerlich und kann man nicht ändern. Wichtig ist, dass wir die gleiche Einstellung beibehalten, denn dann werden wir unsere Punkte holen."


Ingesamt spielt ihr eine gute Saison, mit zum Teil berauschenden Spielen. Da wäre zum Beispiel das 5:5 im Derby gegen Wacker Gotha. Wieviel Bock macht es zur Zeit in Siebleben?

"Da gebe ich dir voll und ganz Recht. Diese Saison läuft im Großen und Ganzen sehr positiv. In der Hinrunde konnten wir viele Punkte sammeln. Das hat gerade den jüngeren Spielern viel Druck genommen. Man hat von Spiel zu Spiel gesehen, wie die Abläufe besser geworden sind. Zu Beginn der Rückrunde ist ein bisschen der Wurm drin. Momentan leben wir von den Punkten aus der Hinrunde, was aber absolut nicht schlimm ist. Denn man darf nicht vergessen: Wir stecken immer noch in einem Umbruch, mehrere ältere, erfahrene Spieler haben aufgehört. Aber das Gesamtgefüge wird immer besser. Bestes Beispiel ist, wie du angesprochen hast, das Derby gegen Wacker Gotha, was 5:5 endete. Wenn ich drüber nachdenke, kann ich immer noch schwer Worte dafür finden. In dem Spiel hat man gemerkt, was unsere junge Truppe im Stande ist zu leisten. Wille, Einsatz, Kampfbereitschaft, Lust, Freude und Spaß am Fußball - Das was man eigentlich braucht, um Spiele zu gewinnen. Alles war spürbar da. Ein Hoch und Runter, einfach geil. Für mich persönlich war es das geilste Derby, das ich in meiner Laufbahn gespielt habe. Ich verbinde mit diesem Derby seit Jahren viel. Ich durfte ja schon viele Derbys spielen."

.... und dann hast du selbst noch zweimal geknipst in diesem Spiel.

"Ich weiß nicht warum, aber ich bin aufgewacht und wusste, heute wird mein Tag. Ich bin ein erfahrener Spieler, der die Jugend ranführen will. Das habe ich mir auch zur Aufgabe gemacht. Ich habe die Jungs bei der Erwärmung beobachtet und festgestellt, dass alle heiß sind. Da wusste ich, dass alles möglich ist. Am Spielfeldrand Sören Lehmann, Alexander König, Kevin Pfeiffer und Christian Hatzky stehen zu sehen, von denen ich weiß, dass diese Jungs den Fußball leben und speziell das Derby... Das hat mich extra gepusht. Ich konnte unsere Mannschaft mit meinen beiden Toren zum 4:3 und 5:4 in Führung bringen. Leider hat es am Ende nicht zum Sieg gereicht. Ich hatte nach Schlusspfiff lange mit mir zu tun, um es zu verarbeiten. Ich bin ehrlich, nach dem Spiel ist bei mir in der Kabine die ein oder andere Träne geflossen, weil ich es mir für mich selbst, für die ganze Truppe, für unser Trainerteam und für den ganzen Verein so sehr gewünscht habe."

Also trotz Spektakel und Doppelpack gedrückte Stimmung?

"Das Ergebnis hat dennoch die Stimmung danach nicht all zu sehr gedrückt, was aber im gleichen Atemzug auch für Wacker spricht. Man kennt sich über Jahre und weiß, dass sie so ein Spiel ähnlich leben wie wir. Es war schlussendlich ein Aushängeschild für den Thüringer Amateurfussball. Es war das erste Derby, bei dem nach dem Spiel Spieler und Verantwortliche beider Vereine zusammen am Bierwagen standen und sich ausgetauscht haben. Man hat auch an dem ganzen Drumherum gesehen, wie sehr sich der Verein reinhängt. Es macht zur Zeit, oder eigentlich immer schon, richtig Bock in Siebleben zu kicken."

Mit den beiden Derby-Toren hast du in dieser Saison schon fünf Saisontore. Für einen Defensivspieler eine ordentliche Bilanz. Wie kommts?

"Ich habe zwar zuletzt in der Viererkette oder Libero gespielt, aber seit einiger Zeit spiele ich Sechser. Ich liebe es einfach, mitten im Spiel zu sein. Ich schätze es sehr, dass unser Trainertrio mir diese Verantwortung gibt, die Truppe von der Mitte aus zu führen. Denn ich glaube, mir gelingt das aufgrund meiner Erfahrung oft ganz gut, was sich ja auch an Toren und Vorlagen widerspiegelt. Drei der fünf Tore waren Elfmeter. Ein Tor war per Kopf gegen Steinach. Das letzte Tor im besagten Derby gegen Wacker Gotha. Es macht mir einfach verdammt viel Spaß momentan. Es ist nicht immer einfach, aber davon war auch nie die Rede. Ich kann frei aufspielen. Und wenn ich ehrlich bin, spornt mich mein Alter (33) enorm an, den Jüngeren zu zeigen, dass man mich noch nicht abschreiben darf. Ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch, für den es immer nur Fußball gab."

Am Wochenende kommt Suhl. Die letzten beiden Spiele gegen diesen Gegner - allerdings jeweils auswärts - konntet ihr nicht gewinnen. Sind die Suhler für euch ein unangenehmer Gegner?

"Ich würde Suhl nicht als Angstgegner oder unangenehm bezeichnen. Die letzten beiden Spiele gegen Suhl haben wir einfach nicht unsere Leistung abgerufen. Das soll um Gottes willen nicht überheblich klingen oder Suhl schlecht machen, aber wenn man eben in solchen Spielen nicht zu 100 Prozent da ist, holt man da eben nichts. Suhl ist eine erfahrene Truppe, die Leidenschaft und Wille an den Tag legt. Genau das ist manchmal wichtiger als das reine Fußballspielen. Bestes Beispiel ist auf Suhler Seite, Steffen Kolk, für mich der Spieler bei Suhl. Wir kennen uns schon seit vielen Jahren. Er ist ein harter, technisch sehr guter Spieler, der auch mal ein Zeichen setzen kann."

Worauf wird es also am Samstag ankommen?

"Wir sind eine Mannschaft, die den Ball laufen lassen möchte, wir möchten Fussballspielen.
Ich denke Suhl wird etwas tiefer stehen, gerade auswärts, und dann versuchen über ihre schnellen Spieler Konter zu setzen. Für unser Spiel wird es enorm wichtig sein, in die Zweikämpfe zu kommen, das Körperliche anzunehmen. Denn dann kommt das Spielerische von alleine. Ich wünsche mir einfach die gleiche Einstellung wie in Borsch oder zum Derby gegen Wacker Gotha. Die Jungs müssen in den Köpfen klar sein. Es kommt mir manchmal so vor, als hätten manche Angst Fehler zu machen, wollen nicht Schuld sein, den Ball zu verlieren. Aber genau das ist falsch. Wir spielen Landesklasse und keine Bundesliga. Man darf Fehler machen. Mann muss nur daraus lernen. Ich erwarte ein schnelles, kampfbetontes Spiel."

Aufrufe: 03.4.2024, 13:02 Uhr
Felix BöhmAutor