2024-05-02T16:12:49.858Z

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Moritz Nicolas schafft den Durchbruch bei Borussia Mönchengladbach
Moritz Nicolas schafft den Durchbruch bei Borussia Mönchengladbach – Foto: Eibner Pressefoto/Heike Feiner

Ein Fehler, der Moritz Nicolas stärkt

Mittelfeldspieler Rocco Reitz ist derzeit das Gladbacher Vorzeige-Fohlen. Doch auch Torwart Moritz Nicolas, ebenfalls ein Eigengewächs, macht als Vertreter von Jonas Omlin einen guten Job. Warum gerade der Fehler in Köln seine Position stärkt.

Es waren wenige Zentimeter, die Moritz Nicolas fehlten, um seinen ersten Patzer als Bundesliga-Torwart Borussias gleich auf höchst ehrenwerte Art wettzumachen. Er riss die Arme hoch und lenkte den Elfmeterschuss des Kölners Florian Kainz über die Latte. Doch er stand bei seiner Parade zu weit vor der Torlinie. Kainz erhielt eine zweite Chance und nutzte sie wie schon beim Strafstoß zum 1:0, dieses Mal traf Kölns Kapitän zum 2:1, flach und platziert. So führte die verfehlte Faustabwehr von Nicolas, bei der er den Kopf von FC-Spieler Luca Waldschmidt statt des Balles traf, schlussendlich nicht nur zum Elfmeter, sondern war ein wesentlicher Baustein für Gladbachs 1:3-Derby-Niederlage.

Doch womöglich stärkt gerade der Fehlgriff Nicolas. Denn nun ist klar, dass der Torwart in Abwesenheit von Stammkeeper und Kapitän Jonas Omlin, der nach seiner Schulterverletzung nicht vor Ende des Jahres zurückkehren wird – vielleicht auch später – für Trainer Gerardo Seoane bis auf Weiteres die Nummer eins ist und bleibt. „Zur Entwicklung eines jungen Spielers gehören Fehler dazu. Und Fehler passieren Torhütern – auch wesentlich erfahreneren Kollegen. Unsere Aufgabe ist es jetzt, Moritz zu unterstützen, damit er diesen Fehler verdaut“, sagte Seoane nun und machte damit klar: Nicolas ist sein Mann im Tor und bleibt es auch nach dem Köln-Lapsus. Der nächste Auftrag für den 26 Jahre alten Torwart hat zwei Dimensionen: Erst gegen Heidenheim helfen, Heimsieg Nummer eins in dieser Saison klarzumachen und dann im zweiten Teil des Doppel-Dates mit dem Aufsteiger die dritte Pokalrunde erreichen.

Seoane tut gut daran, seine Torwart-Entscheidung nicht zu überdenken wegen eines Fehlgriffs. Es ist schon genug Unruhe da und Torwart und Team haben sich aneinander gewöhnt. Nicolas ist ein anderer Typ Torwart als sein Konkurrent Jan Olschowsky, der in der vergangenen Saison der erste Ersatz war, wenn die Nummer eins abwesend war.

Nicolas bekommt das Vertrauen

Olschowsky fehlte jetzt aber in der Vorbereitung in einer neuralgischen Phase, Seoane hatte vor allem Eindrücke von Nicolas, und die waren offenbar gut. Seoane gab ihm das Vertrauen, als die unangenehme Nachricht von der Schulter-OP bei Omlin kam, Nicolas rechtfertigt es. Dass die Borussen mindestens vier Punkte zu wenig auf dem Konto haben, hat akut auch mit Nicolas zu tun – wegen des Fehlers in Köln. Doch in der Summe macht der selbst entwickelte Torwart einen richtig guten Job. Er hält, was zu halten ist, und strahlt trotz seiner noch vorhandenen Bundesliga-Unerfahrenheit nach nur insgesamt 630 Minuten im deutschen Oberhaus ein gesundes Maß an Ruhe aus. Indes hat er bei Roda Kerkrade in der zweiten niederländischen Liga und beim Regionalligisten Viktoria Köln erlebt, wie es sich anfühlt, eine Nummer eins zu sein. Borussia ist aber der nächste Schritt für ihn.

Somit ist Nicolas weiterhin einer der großen Gewinner dieser Saison. Ihn hatte niemand auf dem Zettel. Dass er als Eigengewächs nun zumindest übergangsweise die Nummer eins ist und dies, so die Dinge normal laufen, mindestens eine Halbserie lang sein wird, passiert allerdings ein wenig im Schatten des Durchstarters Rocco Reitz, der aktuell mit seiner recht spektakulären Spielweise, seinem Engagement und seiner Hingabe für die Raute durchaus das Vorzeige-Fohlen ist. Schließlich wurde Reitz nun auch in die U21 des DFB berufen.

Nicolas ist eher der nüchterne und ruhige Typ, stoisch hieß es in früheren Fußballzeiten. Fast hat man den Eindruck, dass es ihm ganz recht ist, nicht ständig über seine Rolle sprechen zu müssen. So kann er sich ganz auf seine redliche Arbeit im Borussia-Tor konzentrieren, schließlich steht er hinter einer Abwehr, die ihren Gegnern die drittmeisten Torchancen der Liga gönnt (58) und mehr Schüsse als jedes andere zulässt (159), womit sie ihrem Torwart das Leben nicht eben leichter macht. Dass Nicolas das Ziel hat, möglichst bald erstmals in der Bundesliga ohne Gegentor zu bleiben, dürfte auf seiner To-do-Liste ganz oben stehen. Zumal nach dem Erlebnis in Köln, das er mit Torwart-Trainer Fabian Otte intensiv aufgearbeitet hat. Fehler sind erlaubt, das hat Cheftrainer Seoane gesagt, doch sollten sie nicht zu häufig und vor allem nicht zweimal passieren. Darum ist das Spiel gegen Heidenheim am Samstag (15.30 Uhr) nun wichtig für Nicolas. Er kann zeigen, dass er auch mit Fehlern gut umgehen kann. Auch das ist eine Qualität, die einen guten Torwart auszeichnet.

Aufrufe: 027.10.2023, 18:00 Uhr
RP / Karsten KellermannAutor