2024-11-05T15:11:43.565Z

Interview
Dominic Rühl absolviert seine zweite Saison in Diensten des ehemaligen Regionalligsten.
Dominic Rühl absolviert seine zweite Saison in Diensten des ehemaligen Regionalligsten. – Foto: Johannes Traub

Eichstätt auf Rang 1 - und dennoch: »Raubt einem den Spaß«

Dominic Rühl, Trainer von Bayernliga-Spitzenreiter Eichstätt, im Interview...

Seit gut einer Woche ist der VfB Eichstätt Tabellenführer der Bayernliga Nord. Von außen betrachtet ist der Vizemeister also da, wo er erwartet wird. Doch ganz so einfach ist die Rechnung dann doch nicht. Der ehemalige Regionalligist hat mit einige Schwierigkeiten zu kämpfen, trotzt diesen aber gekonnt, was Trainer Dominic Rühl einfach nur "phänomenal" findet. Nicht nur in dieser Hinsicht gibt's im FuPa-Interview vom 39-Jährigen, wie gewohnt, klare Ansagen...

Seit etwas mehr als einer Woche ist Vizemeister Eichstätt da, wo er hingehört: Auf Platz 1. Siehst Du das ähnlich?
Die aktuelle Platzierung ist zwar montags in der Zeitung schön anzusehen, aber einen großen Mehrwert hat sie nicht. Vergangene Saison hat doch gezeigt, dass der Platz am letzten Spieltag im Mai entscheidend ist. Aber natürlich ist es super, nach der Relegation wieder vorne mitspielen zu können.

Obwohl der VfB inzwischen Spitzenreiter ist, hat man irgendwie das Gefühl, als stecke noch mehr in der Mannschaft - Stichwort: Cham-Remis. Täuscht dieser Eindruck?
Zum einen stellt Cham für mich keine einfache Aufgabe dar. Der ASV hat in Erlangen und Eltersdorf jeweils ein 1:1 geholt - und ist zuhause noch ungeschlagen. Da ist es vermessen zu sagen, man haut die mal eben weg. Nichtsdestotrotz steckt noch einiges in der Mannschaft. Wer die Aufstellungen in dieser Saison vergleicht, wird feststellen, dass wir immer wieder mit unterschiedlichen Spielern gespielt haben, weil wir heuer ein unfassbares und unerklärliches Problem mit Erkrankungen und Verletzungen hatten. Nachdem wir ja auch einen größeren Umbruch hatten, bei dem uns einige Ankerspieler verlassen haben, ist es durch ein fehlendes festes Gebilde auch für die neuen - zweifellos guten - Spieler schwerer, in Ruhe den eigenen und unseren Ansprüchen gerecht zu werden. Wenn diese Phase endet, wollen wir uns dann auch in allen Bereichen entsprechend steigern.

Hat das enge Spitzenfeld - die Top 4 bewegen sich innerhalb eines Zählers - in der Bayernliga Nord tatsächlich mit dem gleichen hohem Niveau zu tun? Oder ist die Liga einfach nur zu schlecht, um eine absolute Spitzenmannschaft zu haben?
Ich finde, dass die Teams der Top 4 schwer zu vergleichen sind. Jeder hat seine eigenen Stärken, um zum Erfolg zu kommen. Tatsächlich finde ich die Liga in der Einschätzung der Stärke schwer zu beurteilen. Zum einen sind Mannschaften dabei, die auf dem Papier unfassbare Qualität haben, aber keine Konstanz in ihre Ergebnisse bekommen. Anderseits sind Mannschaften dabei, die in der oberen Tabellenhälfte zu finden sind, die durch Mentalität und als Team bestechen. Was allerdings auffällig ist, ist, dass die Absteiger der vergangenen Jahre immer sofort wieder vorne dabei waren.

"Was meine Jungs trotz der Umstände aktuell abreißen, ist phänomenal und erfüllt mich mit Stolz. Diese Mannschaft ist einfach fantastisch!" - diese Aussage hast Du vor dem Cham-Spiel getroffen: Welche Umstände? Was machen die Jungs phänomenal?
Zum einen ist da das oben beschriebene personelle Problem. Die drei Niederlagen haben wir erlitten, als wir immer mindestens sieben Spieler zu ersetzen hatten, die bei jeder Mannschaft absolute Stammspieler wären. Und in den Top-Spielen gegen Ingolstadt und Eltersdorf mussten wir im Spiel jeweils zweimal verletzungsbedingt wechseln und konnten die Spiele ziehen. Anderseits ist es auch so, dass wir in den vergangenen zehn Spielen nur gegen Cham und Neudrossenfeld nicht das Gefühl gehabt haben, benachteiligt zu werden. Was da teilweise wie gewertet wird, raubt einem schon den Spaß. Man arbeitet eine Woche auf das Spiel hin und dann hofft man darauf, dass es am Ende die 22 Spieler auf dem Platz entscheiden. Und unter den Aspekten bewundere ich meine Truppe tatsächlich, dass sie eine Jetzt-Erst-Recht-Mentalität aufbringt.

So leicht lässt sich Eichstätt in dieser Spielzeit nicht aus dem Gleichgewicht bringen.
So leicht lässt sich Eichstätt in dieser Spielzeit nicht aus dem Gleichgewicht bringen. – Foto: Johannes Traub


Wie viel Taktik steckt in solchen Aussagen? Übertreibst Du bewusst, um den Fokus auf Dich zu lenken - und das Team zu entlasten?
Nein, tatsächlich äußere ich sowas nur, wenn ich es eben auch so denke. Da gibt es andere Themenfelder, bei denen sowas Sinn ergibt - und dann habe ich es auch entsprechend gemacht. Aber wenn die Jungs ein Lob verdient haben, bekommen sie es auch gerne öffentlich.

Du bist bekannt für Deine klaren Aussagen. Pflegst Du eigentlich mit Nachdruck ein Image als Typ bzw. Charakter?
Proaktiv überhaupt nicht. Ich habe auch keinerlei Bewandtnis, einem oder diesem Ruf gerecht zu werden. Sowohl beruflich als auch privat bin ich jemand, der offen und direkt Dinge anspricht, die ich als nicht gerecht empfinde. Ich lanciere ja nie proaktiv Erklärungen, sondern werde zu gewissen Themen und meiner Meinung gefragt und dann beantworte ich es so, wie meine Gedanken dazu sind. Was nur auffällt, ist, dass ich sehr häufig positive Zustimmung zu allem erfahre, wie beispielsweise meine Kritik im März, aber halt nur hinter vorgehaltener Hand, da einfach Repressalien gefürchtet werden. Diese Furcht habe ich nicht.

Kompensierst Du auf diese Art und Weise vielleicht sogar etwas die - logische! - fehlende Widerstandsfähigkeit Deiner jungen Mannschaft?
Die Jungs haben schon eine hohe Widerstandsfähigkeit und da muss ich nichts kompensieren. Sie bekommen von mir ja auch diese direkte und ehrliche Art. Und die Jungs wissen das zu schätzen, weil jeder unverblümt gesagt bekommt, woran er ist. Noch dazu lege ich ja auch Wert auf gewisse mentale Aspekte, dass die Jungs dahingehend einfach robuster werden.

Geht die Installation von Tobias Grimm als Sportlicher Leiter in eine ähnliche Richtung? Will man die jungen Spieler noch mehr von außen unterstützen?
Bei der Installation von Grimmbo geht’s vielmehr darum, den vielfältigen Aufgaben, die ja nur ehrenamtlich abgeleistet werden, gerecht zu werden. Die Aufgabengebiete werden ja immer anspruchsvoller. Die Ehrenamtlichen machen zwar einen guten Job - allen voran Marco Schiebel -, aber der Tag hat eben nur 24 Stunden. Entsprechend muss man sich breiter aufstellen. Mit der Verpflichtung von Grimmbo ist das super gelungen.

Zum Abschluss der Hinrunde geht es gegen Abtswind, eine Wundertüte. Was erwartet euch gegen das Kräuterdorf?
Abtswind ist trotz der Schwankungen in den Ergebnissen eine richtig harte Nuss und wird uns so richtig fordern. Letzten Endes aber auch genau der richtige Gegner, um den Fokus voll zu behalten. Abtswind ist seit Jahren eine der spielstärksten Mannschaften, zugleich aber auch defensiv sehr anspruchsvoll zu bespielen. Da wird es nicht reichen, nur eine gute Halbzeit zu spielen. Wir werden schon über die gesamte Spielzeit auf Anschlag gehen müssen.

Und noch einen Schritt weiter: Wer landet am Ende auf welchem Rang in der Top 3 der Liga?
Wenn ich das voraussehen könnte, würde ich mit Lotto spielen oder Sportwetten anfangen. Von diesen drei Dingen bin ich aber überzeugt: Wir wollen es; Eltersdorf wird unter den Top 3 dabei sein; Ingolstadt und Erlangen haben auch das Potenzial dazu. Aber es gibt noch andere Mannschaften, die durchaus noch reinstoßen können;

Danke für das Gespräch - und alles Gute!

Aufrufe: 014.10.2024, 15:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor