
Der MTV Gifhorn stieg aus der Oberliga ab, musste dann ganz knapp auch in der Landesliga die Segel streichen und den Weg in die Bezirksliga antreten. Dort marschierte man ohne Niederlage zurück in die Landesliga, in der man aktuell nach 14 Spielen 39 Punkte sammelte. Man ist also auf einem guten Weg zurück in die Oberliga. Wir haben mit Coach Holger Ringe über die enorme sportliche Talfahrt gesprochen und gefragt, warum es momentan so blendend läuft beim Tabellenführer..
Du hast den Posten des Cheftrainers in einer schwierigen Phase übernommen. (Abgeschlagen im Tabellenkeller der Landesliga-Saison 23/24). Dann fast die Klasse gehalten, konntest den Abstieg aber nicht verhindern.
Was war damals die wichtigste Priorität, um die Mannschaft wieder zu stabilisieren?
Ich habe eine Mannschaft übernommen, die total verunsichert war, die sehr zerstritten war.
Die älteren Spieler haben die Jungen nicht akzeptiert, die Jungen haben die Älteren nicht akzeptiert. Da war es erstmal wichtig für mich, die Mannschaft wieder dahin zu führen, dass sie eine Einheit wird. Man musste sich auch von den ein oder anderen Spielern trennen, das haben wir dann auch gemacht.
Wir konnten dann die Mannschaft auch stabilisieren, haben natürlich im Fitnessbereich sehr stark gearbeitet und haben versucht, über die Dreierkette viel Druck nach vorne auszuüben. Was uns dann auch gelungen ist, was man an den vielen Siegen zum Ende der Saison sehen konnte.
Mit jedem Sieg ist natürlich das Selbstvertrauen gestiegen und so haben wir dann Punkt für Punkt geholt. Und wenn das Selbstvertrauen da ist und die Mannschaft sich untereinander akzeptiert, dann kann man da halt auch erfolgreich Fußball spielen. Warum hat es am Ende nicht gereicht in der Landesliga? Ja, man muss sagen, wir waren ja auch schon zu der Zeit eine sehr, sehr junge Mannschaft und dann hatten wir das letzte Spiel gegen Türk Gücü Helmstedt, das wir unbedingt gewinnen mussten.
Da muss man dann sagen, da haben bei uns die Nerven versagt, leider. Und das war der Grund, dass am Ende dann ein Tor gefehlt hat und demzufolge hat es dann nicht mehr zum Klassenerhalt gereicht.
Dann wurdet ihr ungeschlagen Meister: Welche Veränderungen und Gründe waren dafür aus deiner Sicht am entscheidendsten?
Ich, als Trainer, habe als erstes zugesagt habe und dann auch für drei Jahre unterschrieben. Da bin ich halt vorweg gegangen als Trainer. Und auch mein Trainerteam hat sich gleich angeschlossen.
Und das war halt ein Zeichen an die Mannschaft, dass wir gerne mit denen auch weiter zusammenarbeiten möchten und demzufolge auch ein riesen Kompliment an Marvin Luczkiewicz, sag ich mal, einer unserer Pfeiler, wie auch Marc Upmann, unserem Kapitän. Das heißt, mit dem Gerüst, mit den Spielern, die auch abgestiegen sind, sind wir also größtenteils auch alle zusammengeblieben. Und das war natürlich der Garant, aufgrund, dass wir auch die letzten Spiele in der Landesliga sehr, sehr positiv bestritten haben und auch zueinander gefunden haben, dass wir gesagt haben, wir wollen das Konzept weiter verfeinern.
Das heißt, wir werden weiter offensiv agieren und sind dann durch die Bezirksliga durchmarschiert ohne eine Niederlage. Das muss man auch erst mal schaffen. Aber da hat sich die Mannschaft auch extrem weiterentwickelt.
Das heißt, wir haben auch die einfachen Gegner ernst genommen und das zeigte dann auch, dass wir eine richtig, richtig gute Mentalität in die Spiele mit reingebracht haben. Da als Highlight haben wir ja dann im zweiten Spiel zu Hause gegen den SV Gifhorn, im Derby mit über 1500 Zuschauern, dem Druck standgehalten und da hat man dann schon gemerkt, dass wir einen Schritt nach vorne gemacht haben uns auch spielerisch weiterentwickelt haben.
Das heißt, wir sind gut ins Pressing reingekommen und haben hinten auch recht wenig zugelassen. Ja, muss man halt auch sagen, dass es über die starke Fitness kam, dass wir nicht verloren haben und so verdient aufgestiegen sind.
Also man hat da schon gesehen, dass es für das Thema Selbstvertrauen gut getan hat, so viele Spiele zu gewinnen, auch wenn es eine Klasse tiefer war. Da muss ich auch hinzufügen, über die ganze Spielzeit, egal wen man spielen lassen hat, wir konnten also jede Position, wirklich kompensieren.
Auch mit den jungen Spielern. So hatten wir drei A-Jugendliche, die wir rangeführt haben an die Mannschaft
Nun seid ihr auch in der Landesliga auf Kurs: wie erklärst du dir diese Leistung?
Wie erkläre ich mir die Leistung? Ich muss erstmal natürlich sagen, dass wir auch von Vereinsseite mit Tobias Krüll, mit dem sportlichen Leiter, haben wir alle Neuzugänge mit dem Bruder von Luczkiewicz, mit Julio Rodrigues und mit den Beinen von Lupo, mit Cimino und mit Simone de Gaetani, natürlich Spieler dazu bekommen haben, die (Luczkiewicz ausgeklammert) wenig Spielzeit hatten in ihren Vereinen, die sich bei uns zurechtgefunden haben und die sich auch wohlfühlen.
Und natürlich über die Trainingsarbeit ein großer Faktor bei uns. Wir sind bei einer Trainingsbeteiligung von 85 Prozent und das spiegelt sich natürlich auch in den Leistungen wieder. Da muss ich schon sagen, dass die Jungs akribisch mitarbeiten und auch unsere Spielidee umsetzen und das heißt, dass was wir in der Bezirksliga dann begonnen haben oder fortgeführt haben und jetzt natürlich auch in der Landesliga weitergeführt haben, dass wir mutig nach vorne spielen, dass ich den Spielern mit auf den Weg gebe, dass ich erwarte, dass jeder Spieler auch Offensivaktionen hat und auch jeder Spieler ein Tor schießen kann.
Das hat sich auch bewahrheitet, dass wir praktisch sehr viele Torschützen haben, dass wir nicht so einfach auszurechnen sind. Man sagt über uns nicht, dass die beiden Vorne nur für die Tore zuständig sind. Auch aus der Kette heraus oder von den beiden Sechsern, die haben auch das eine oder andere Tor erzielt, sind wir offensiv gefährlich. Wir haben das System verfeinert und da will aber auch gleich vorwegnehmen. Da sind wir auch noch nicht am Ende.
Wir haben uns auch die eine oder andere Auszeit genommen, aber was natürlich sehr positiv ist, dass wir auch weiterhin gegen etwas schwächere Gegner 100 Prozent konzentriert sind, dass wir die Sache annehmen und auch versuchen, immer früh schon die Entscheidung herbeizubekommen, um halt auch nach hinten raus dann nicht unter Druck zu geraten. Die geschlossene Mannschaftsleistung, muss ich schon sagen, ist bei uns sehr ausgereift.
Wir haben jetzt 14 Spiele gespielt und haben 13 Siege.
Ich weiß gar nicht, wie man das in Worte fassen soll, aber das ist einfach sensationell. Und es kommt auch nicht von ungefähr, das sage ich auch. Wir sind im Trainerteam sehr akribisch.
Wir haben im Training sehr, sehr viele Spielformen, indem wir ins Offensivpressing kommen, dass wir früh nachrücken, dass wir versuchen, die Räume eng zu machen. Und dafür braucht man natürlich Power, dafür braucht man Fitness. Und das ist, sage ich mal, im Moment so unser Erfolgsrezept, sodass wir im Moment in der Hinrunde gut dastehen und das auch genießen werden, aber natürlich weiterhin demütig bleiben.
Welche Phase hat dich und das Team am meisten geprägt, in deiner Zeit, seitdem du das Amt übernommen hast?
Ich glaube, dass die Einstellung von jedem einzelnen Spieler professioneller geworden ist, auch die Disziplin auf dem Platz, dass man schon versucht, unsere Spielidee umzusetzen und natürlich Respekt gegenüber den Mitspielern, Respekt gegenüber dem Trainerteam. Ich glaube, das sind so die Parameter, die uns oder die jetzt die Mannschaft ja unter meiner Regie ein bisschen geprägt hat, wenn man das so formulieren kann.
Ja, geprägt hat auch, dass wir Fußball spielen wollen, also dass wir auch versuchen, spielerische Elemente einzubringen und dass wir auch einen attraktiven Fußball spielen wollen. Das heißt mit Mut. Wir gehen auch mal ins Risiko.
Das möchte ich auch, denn ich habe selber als Spieler offensiv agiert, bin immer so über die rechte Seite gekommen und war halt nicht der, der, sage ich mal, hinten verteidigt hat. Aber ich glaube, dass das meine Spielphilosophie ist, dass wir nach vorne spielen, dass wir attraktiv spielen, dass ich auch den den Spielern den Freiraum lasse, auch Mals ins Dribbling zu gehen, nicht zu übertreiben, aber halt mutig und wir versuchen schon, das Spiel in die gegnerische Hälfte zu verlagern und da probieren, den Gegner extrem unter Druck zu setzen, um da schnell die Balleroberung zu bekommen. Und ja, das ist, glaube ich, das, was mir jetzt so einfällt, was die Mannschaft jetzt wieder stark gemacht hat.
Ich muss aber auch sagen, dass sehr, sehr viel Arbeit dahintersteckt. Also ich führe sehr viele Einzelgespräche, erkläre den einen oder anderen, was ich von ihm erwarte. Und klar, wir haben einen Kader von 20 Spielern, davon sind zwei Torhüter.
Das heißt, wir haben 18 Feldspieler. Und dann ist es das Gute ist, dass wir über die A-Jugend immer noch mal nachlegen können. Aber dass wir im Moment Thema Verletzung recht gut durch die Runde gekommen sind, liegt auch an unser Physiotherapeutin, Darlene Herrensmann, was natürlich auch ein großes Lob verdient.
Und das sind halt auch so wichtige Parameter, wo ich als Trainer auch darauf achte, dass es wichtig ist, dass man da ein gutes Team um sich herum hat und dass die Spieler sich wohl fühlen. Es bleibt dabei auch noch Luft nach oben. Aber ich glaube schon, dass wir hiermit erst mal auf dem richtigen Weg sind und dass wir halt auch ohne Druck jetzt dann in die Rückrunde gehen können.
Wie siehst du die Chance, auch am Ende ganz oben zu stehen und zurück in die Oberliga aufzusteigen?
Da muss man jetzt wieder aufpassen, was man sagt. Ganz, ganz wichtig, wir müssen demütig bleiben. Wir sind zwar jetzt Wintermeister, aber dafür kann man sich leider nichts kaufen.
Ich muss schon sagen, dass wir die Hinrunde, die Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben, so gestaltet haben, dass es mir sehr, sehr gut gefallen hat. Aber die Schwierigkeit wird jetzt ganz klar sein, das zu bestätigen. Und es wird eine, ich will mal sagen, eine richtig, richtig harte Rückrunde.
Warum? Wir haben fünf Spiele Richtung Göttingen, also alles weite Ausfahrtsfahrten hintereinander. Das sollte man auch nicht unterschätzen. Da werden viele Spiele auf Kunstrasen stattfinden.
Ob es bei Germania ist, ob es bei den Göttinger Vereinen ist, da sind wir mit Sicherheit nicht im Vorteil. Ja, wir werden es aber annehmen.
Aber das sind halt so diese Hürden, die wir überwinden müssen. Des Weiteren für mich mit, gerade was den Kader angeht, Bleckenstedt, ein großer Knackpunkt. Da müssen wir noch zweimal gegen spielen und die hängen uns auch im Nacken. Und ja, wenn man da besteht, dann kann man vielleicht nochmal sich neu orientieren, möchte ich mal sagen.
Und wie gesagt, Kästorf nicht aus den Augen verlassen. Das ist so noch mein Geheimtipp.
Ich glaube nicht, dass die noch viele Spiele verlieren werden.
Und natürlich mit Vorsfelde als Absteiger ein großer Konkurrent. Und das haben wir jetzt zweimal zu spüren bekommen, im Pokal verloren und auch das Hinspiel verloren. Also die sind gerade, was den Kader und die Breite angeht, sind sie aus meiner Sicht sehr, sehr gut besetzt und können den einen oder anderen Ausfall sehr gut kompensieren. Aber wir werden keine Angst haben. Wir werden weiterhin versuchen, gerade jetzt in der Rückrunde, durch die Vorbereitung, die Spieler so zu bekommen, dass wir wirklich auf den Punkt top fit sind.
Da sind wir als Trainer ja verantwortlich, beziehungsweise auch ich. Wir werden nochmal Richtung Athletiktrainer was machen, sodass die Jungs wirklich dann auch über 90 Minuten gehen können.
An Neuzugängen ist im Moment nichts geplant zum Winter hin. Der Ensar Maluko wird wieder dazustoßen, der ja durch seine Verletzungen, ich glaube, nur drei Spiele gemacht hat.
Außerdem werden wir unser Augenmerk ganz klar auf unsere U19 richten, die ja jetzt aufgestiegen ist in die Niedersachsen-Liga. Und da werden wir jetzt auch in der Rückrundenvorbereitung auch immer zwei bis drei Spieler im Training haben, um da halt auch gewisse Abläufe zu trainieren. Vor allem wollen wir es nochmal verfeinern, dass die Dreierkette doch noch ein bisschen höher steht, dass sie noch schneller in die Balleroberung kommt.Und wir versuchen dann natürlich weiterhin, offensiv zu agieren.
Jetzt werden wir die Gejagten sein und das kennen wir aus der Bezirksliga.
Und da hoffe ich, dass wir auch mit der Situation umgehen können, wenn man jetzt oben steht. Und Ziel ist es natürlich, so lange wie möglich oben dran zu bleiben. Aber wie gesagt, ohne Druck, kein Druck vom Verein, kein Druck vom Trainerteam.
Aber jeder Spieler weiß ja jetzt, was er geleistet hat in der Hinrunde. Und jetzt müssen wir schauen, ob die Jungs bereit sind, weiterhin nochmal den nächsten Schritt zu gehen, spielerisch sich zu entwickeln und versuchen, so viele Punkte wie möglich zu holen. Und dann schauen wir am Ende, ob es reicht.
Wir werden uns nicht gegen einen Aufstieg wehren, aber wir werden jetzt nicht die Ziele neu ausrichten, sondern wir bleiben bei unserem Ziel. Wir wollen uns spielerisch weiterentwickeln. Wir wollen weiter attraktiven Fußball spielen.
Und dann schauen wir mal, was Anfang Juni dann dabei rauskommt.