„Die Akkus sind wieder voll“: Der TSV Murnau startet nach drei Abgängen und einem Neuzugang in die Vorbereitung auf den Saison-Endspurt.
Wer den Murnauer Fußballern auf ihren Kanälen im Internet folgt, bekam Sonderbares zu sehen. Weiße Strände, Basketball-Arenen, Winterwunderländer anstelle von Rasen, Bällen und halbnackten Siegerselfies. „Wir haben den Jungs bewusst frei gegeben“, sagt Martin Wagner, ihr Trainer. Kein Fitnessplan, keine Laufgruppe, kein Fußballtraining. Sie sollten einmal entdecken, was das Leben sonst noch zu bieten hat abseits dieses Hobbys, das bei den meisten doch die gesamte Freizeit beansprucht. Nach eineinhalb Monaten vermeldet der Coach: „Die Akkus sind wieder voll.“ An diesem Montag starten sie beim TSV Murnau in die Vorbereitung auf den zweiten Teil der Landesligasaison. Sechs Wochen verbleiben bis zum ersten Duell des neuen Jahres gegen Unterföhring am 28. Februar.
Für Wagner waren es keinesfalls fußballfreie Wochen. In dieser Position kann sich keiner loslösen von den Notwendigkeiten des Amtes. Drei Abgänge und einen Ausfall muss er managen. Die Offensiven Roman Trainer und Josef Niklas wünschen sich bei ihren Heimatvereinen in Wildsteig und Bad Kohlgrub mehr Spielzeit, Linksverteidiger Elias Richter verpflichtet sich für das nächste halbe Jahr ganz dem Studium in Hof, wird im Sommer wieder zurückerwartet. Jeden einzelnen Abgang bedauert Wagner sehr. Roman Trainer nennt er einen „Sympathieträger“, Niklas eine „Vaterfigur“ für sein Team und bei Richter sieht er die Unvereinbarkeit beider Standorte. Zudem riss sich Julian Popp beim Skifahren das Kreuzband.
Der Ersatz kommt mal wieder aus den eigenen Reihen – und aus Neuried. Camillo Kaspar heißt der einzige Neue, passt mit 21 Jahren bestens ins Profil und spielte bereits im Sommer – vor seiner Auslandsreise – erfolgreich vor. „Eine Kante, ein massiver junger Innenverteidiger, der einen guten Eindruck hinterlassen hat.“ Zudem lädt der Coach in der Vorbereitung acht U19-Fußballer der Jahrgänge 2006 und 2007 ins Training ein. „Da sind ganz interessante dabei“, sagt Wagner. Einige wie Samuel Spieß (Linksfuß) oder die Stürmer Murat Höbbekaya und Lukas Ende dürften alleine deshalb in den Fokus rücken, weil ihre Fähigkeiten und Position derzeit besonders gefragt sind.
Martin Wagner hat die Zeit auch für intensives Studium genutzt. Jedes einzelne Tor – seien es die eigenen Treffer oder die Gegentore – hat er im Video analysiert. Und beachtenswerte Muster aufgedeckt. Murnaus größte Stärke in der Offensive (Angriffe über außen) ist hinten die große Achillesferse. „Viele Gegentreffer nach Flanken“ sah Wagner. Daraus ergibt sich der Arbeitsplan quasi von alleine: vorne mehr Bälle ins Zentrum, hinten weniger Hereingaben zulassen und im allgemeinen wieder mehr spielerischer Glanz. „Wir waren zu vorsichtig.“
Die ersten 22 Spiele versieht er mit „der Schulnote zwei“. Beinahe ein Einser, wenn die letzten drei Niederlagen nicht gewesen wären. Immerhin haben sie die Murnauer wieder aus den süßen Träumen gerissen. „Wir brauchen noch zehn Punkte, sonst kommst du in eine blöde Situation.“ Möglichst am Anfang sollen die wichtigen Siege her, alleine um sich auf ein höheres Ziel zu konzentrieren. Der Verein will die Reserve in die Kreisliga heben. Es geht um ein Gegengewicht. Denn viele Vereine der Region umgarnen die jungen Kicker, die es nicht auf Anhieb in die Landesliga schaffen.
„Denen musst du was bieten“, sagt Wagner. Ein Team in der Kreisliga sehen sie beim TSV als ersten, wichtigen Schritt. Davor probieren sie’s mit ihrem Mannschaftsgeist, die Jungen an sich zu binden. Dafür unternimmt die Erste ungewöhnliche Strapazen. Nach dem Landesliga-Start am Faschings-Freitag geht’s in der ersten Märzwoche ins Trainingslager nach Südtirol mit Reserve und U19. Vorher stehen Testspiele gegen die A-Jugend der Münchner Löwen, Neuhausen, Holzkirchen und Raisting sowie als Härtetest zum Abschluss gegen Schwabmünchen, den Tabellenführer der benachbarten Landesliga-Gruppe, an.