2025-12-17T10:26:01.779Z

Allgemeines

Die Integrationskraft eines Sportvereins

Anpfiff ins Leben +++ Erfolgsgeschichte Yasin Shabanov

Im April 2021 kam ein 16-jähriger Junge aus Bulgarien alleine nach Deutschland. Sein erster Ankerpunkt, ein Platz in der U17 des Anpfiff ins Leben Partnervereins SG Heidelberg-Kirchheim, spielt rückblickend die entscheidende Rolle bei seinem Werdegang, der längst zur Erfolgsgeschichte geworden ist. Yasin Shabanov blickt heute auf vier überaus ereignisreiche Jahre zurück, in denen es aber nicht immer nur steil bergauf ging.

Momentan ist das Wichtigste die Gesundheit. "Seit ein paar Wochen kann ich wieder ohne Probleme Fußball spielen", berichtet der mittlerweile 20-Jährige. Vor einem knappen Jahr hat er sich die Verletzung zugezogen, vor der sich jeder Fußballer fürchtet – einen Kreuzbandriss.

Hindernisse sind für ihn aber viel mehr Herausforderungen. In der Rekordzeit von acht Monaten hat er sich auf den Platz zurückgekämpft und sich für die Zukunft viel vorgenommen, wie er sagt: "Ich will im Fußball noch viel erreichen und höherklassig spielen."

Dass er das Zeug dazu hat, hat er vom ersten Tag an in der neuen Umgebung bewiesen. Bei der U17 der SG Heidelberg-Kirchheim übernahm Yasin nahtlos eine Rolle als Führungsspieler und hat in der Oberliga-Saison 2021/22 für einen Innenverteidiger beachtliche drei Tore geschossen. Eines davon gegen die TSG Hoffenheim. Darüber sagt er heute mit einem verschmitzten Lächeln: "Wir haben zwar 2:7 verloren, dieses Tor nimmt mir aber niemand mehr." Passenderweise schauten bei jenem Spiel seine Eltern zu, da sie damals zu einem Besuch aus Bulgarien angereist kamen. Mittlerweile schnürt er in der Heidelberger Kreisliga für den VfB Leimen die Kickschuhe. Sein jetziger Trainer Manuel Wengert hat ihn in Kirchheim bereits in der U19 betreut.

Aufgewachsen im Norden Sofias

In Sofia wuchs Yasin auf und ging dort auch zur Schule. Den Lebensmittelpunkt nach Deutschland zu verlegen, war seiner schulischen wie auch sportlichen Ausbildung geschuldet. "Zuhause gibt es leider nicht so viele Chancen für Kinder und Jugendliche", erzählt der 20-Jährige, der zu Beginn einer bekannten Familie in Rauenberg gewohnt hat.

Nach drei Monaten in Deutschland kam Yasins drei Jahre ältere Schwester Sara nach. Mittlerweile teilen sich die beiden eine Wohnung in St.Leon-Rot. Von dort fährt er täglich mit der Bahn in die Internationale Gesamtschule Heidelberg (IGH), wo er kommendes Jahr sein Abitur machen wird. Während seiner SGK-Zeit erhielt er im schulischen Bereich große Unterstützung von der Heidelberger Jugendkoordinatorin Simge Aydin-Celik. Er sagt: "Dafür bin ich ihr sehr dankbar, weil ich immer um Hilfe bitten durfte, wenn etwas anstand."

Bevor jedoch alles so reibungslos lief wie es heute der Fall ist, ging Yasins Zeit in Deutschland quasi bei Null los. Den Einstieg ins gesellschaftliche Leben bot der Fußball, speziell die SG Heidelberg-Kirchheim. Seine lebensfrohe Art und der Wille, sich zu integrieren, haben es ihm leichtgemacht, sich zügig in Deutschland wohl zu fühlen und neue Freunde zu finden.

Der Fußball verbindet Menschen – egal wo sie herkommen

Väterlicher Ratgeber und Trainer in einem war zu dieser Zeit Thorsten Moser. Der heutige Scout beim FC-Astoria Walldorf war Yasins Trainer in der damaligen U17 bei der SGK. An die erste Begegnung erinnert sich Moser, als wäre es gestern gewesen: "Auf einmal stand Yasin bei unserem Training am Spielfeldrand und hat gefragt, ob er ein Probetraining absolvieren darf. Das hat mir unheimlich imponiert, da man dafür erst einmal den Mut dafür aufbringen muss. Ich kann einfach nur meinen Hut vor ihm und auch seiner Schwester ziehen, dass sie in so jungen Jahren in ein fremdes Land gehen und dort auf sich alleine gestellt ihr Leben organisieren. In dieser Hinsicht können sich hierzulande viele Jugendliche eine Scheibe davon abschneiden."

Zurück zum ersten Treffen am Trainingsplatz: Moser lud Yasin direkt dazu ein mitzumachen und der Neue hat mit seiner Einstellung und seinem Ehrgeiz prompt überzeugt. Der Coach erzählt: "Rein technisch ist Yasin nicht der Talentierteste, aber was den Willen angeht sich ständig zu verbessern, kann ihm keiner etwas vormachen. Er war stets der Erste vor dem Training und immer einer der Letzten, der danach nach Hause gegangen ist."

In der Anfangszeit unterhielten sich die beider regelrecht mit Händen und Füßen, doch schon bald beherrschte Yasin die Grundkenntnisse der deutschen Sprache. „Er saß mit dem ´Translator´ in der Kabine und hat alles aufgesogen, was dort gesprochen wurde. Unser erstes Feedback-Gespräch in der Winterpause 2021/22 haben wir bereits zu 90 Prozent auf Deutsch geführt. Das hat mich sehr positiv beeindruckt.“

Das alles ist nicht hoch genug einzuschätzen. "Deutsch ist nicht einfach", lacht Yasin, der erläutert, "verstehen kann ich nahezu alles, das Sprechen ist deutlich schwieriger." Das Zusammensein mit seinen Mannschaftskollegen in der Kabine hatte hier einen großen Einfluss und gleichzeitigen Lerneffekt für ihn. Er ist jedem seiner Mitspieler dankbar, "denn sie haben es mir super einfach gemacht mich zu integrieren."

Aufstiegshelfer-Initiative bietet wertvolle Einblicke

Bei Anpfiff machte Yasin aber mehr als "nur" zu kicken. Ein Praktikum bei der Schweickert GmbH in Walldorf sowie die Teilnahme bei der Aufstiegshelfer-Initiative mit einem mehrwöchigen Praktikum bei SAP und dort in verschiedenen Arbeitsbereichen, bescherten ihm sehr lehrreiche Einblicke ins Berufsleben.

Wenn Moser heute mit eigenen Spielern oder auch potenziellen Neuzugängen spricht, nennt er ihnen häufig Yasins Werdegang als positives Beispiel. "Bei seinen Praktika hat er ausschließlich sehr gute Zeugnisse bekommen, jeder war und ist von Yasin begeistert. Es ist, einfach gesprochen, der immense Ehrgeiz sich stets verbessern und auf allen Ebenen lernen zu wollen, was ihn auszeichnet."

Eine Anekdote beschreibt sehr anschaulich, wie selbstständig er bereits in jungen Jahren gewesen ist. Als gerade einmal Dreizehnjähriger verbrachte er mit ein paar Freunden aus Sofia, die allesamt schon älter gewesen sind, zwei Monate in Liverpool und besuchte dort je eine Fußballschule des FC Liverpool und des FC Everton.

Quasi nebenbei hat Yasin eine weitere Leidenschaft für sich entdeckt. Vor rund zwei Jahren absolvierte er einen Schiedsrichter-Neulingslehrgang und hat bislang über 50 Spiele gepfiffen. "Ich habe mir gedacht, dass ich meine Freizeit sinnvoll nutzen kann und deshalb habe ich als Schiedsrichter angefangen", erzählt er von seinem Einstieg.

Wie es nach der Schule weitergeht, lässt Yasin in Ruhe auf sich zukommen. "Vielleicht werde ich Lehrer, aber eigentlich will ich mir alles offenlassen", sagt er und will auch zukünftig für jede Option offen sein, "ich habe auch keine Probleme damit in ein anderes Land zu ziehen und dort meinen Weg zu gehen."

Wer das schon als 16-jährige Junge geschafft hat, der kann das erst recht als Erwachsener.

Egal, wo es ihn auf seinem künftigen beruflichen sowie sportlichen Werdegang hinführt, der Startpunkt dafür wird immer im Sportzentrum Süd des Anpfiff-Partnervereins SG Heidelberg-Kirchheim sein.

Aufrufe: 024.12.2025, 12:00 Uhr
red.Autor