2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Karin Friedrich geht nur in sportlicher Hinsicht voran, sondern auch als Persönlichkeit. Sie kann sich dabei auf eine enorme Erfahrung verlassen. Sie war Zweitliga-Spielerin, und gehörte der Niederbayern- und Bayern-Auswahl an.
Karin Friedrich geht nur in sportlicher Hinsicht voran, sondern auch als Persönlichkeit. Sie kann sich dabei auf eine enorme Erfahrung verlassen. Sie war Zweitliga-Spielerin, und gehörte der Niederbayern- und Bayern-Auswahl an. – Foto: Harry Rindler

Die »ewige« Karin Friedrich: Super-»Mutti« ohne Grenzen?

Die 39-jährige Ausnahmespielerin in Diensten von Bayernligist Kirchberg im Wald ist eine Legende des Frauenfußballs im Bayerwald

Karin Friedrich ist Frau durch und durch. Sie liebt es, Mutter zu sein - für ihre eigenen Kinder, als Erzieherin und beim SV Kirchberg i.W.. Es gab aber in ihrer Kindheit, das gibt sie offen und ehrlich zu, einige Momente, in denen sie lieber ein Bub gewesen wäre. "Meine größte Angst war immer, dass ich irgendwann mit dem Fußballspielen aufhören muss, weil es einfach keine Mannschaft mehr gibt für mich als Mädchen." Es blieb nur bei der Befürchtung. Die 39-Jährige legte eine Karriere hin, die im Bayerwald ihresgleichen sucht. Und "Mutti", wie sie beim Bayernligisten genannt wird, scheint keine Grenzen zu kennen...

...oder doch? Am 4. Mai steht die weite Reise zur SpVgg Greuther Fürth an. Am 4. Mai feiert Karin Friedrich aber auch ihren 40. Geburtstag. Weil eine Spielverlegung nicht klappte und Fußball für sie eben mehr ist als nur ein Spiel, hatte sie eine ganz besondere Idee: "Wir haben einen Doppeldecker gemietet. Und jeder, der mit mir feiern will, fährt einfach mit zum Spiel." Doch nicht nur das. "Vielleicht haben wir bis dahin schon den Klassenerhalt sichern können. Das alles zusammen wäre dann der ideale Zeitpunkt, um abzutreten."

Es klingt logisch. Es klingt schlüssig. Und es klingt sogar ein bisschen kitschig. Vor allem aber spricht Karin Friedrich diese Worte ziemlich einfach aus. Der Inhalt ist jedoch für sie alles andere als leichte Kost. Und zwar nicht der Teil, in dem es um ihre Geburtstagsfeier geht. Eher der, in dem sie ihr Karriereende anspricht. Die 39-Jährige liebt den Fußball und das dazugehörige Miteinander. "In Kirchberg erlebe ich sportlich und menschlich die schönste Zeit meiner Karriere", sagt sie. Wieder lapidar. Angesichts ihrer Biographie gewinnt dieser Satz allerdings an Wertigkeit.



Geboren in Lindberg als Karin Dötsch - deshalb auch der Spitzname "Dötschi" - begann ihre Karriere bei der SpVgg Rabenstein. "Mein Papa, der mir die Fußballbegeisterung vererbt hat, war SCler durch und durch. Ich habe aber in Rabenstein begonnen, weil es da Bambini gegeben hat." Dass damals, Anfang der 90er, war ein Mädchen, dass bei den Buben mitspielte "etwas ganz besonderes. Für mich aber nicht. Ich wollte einfach nur spielen". Und das tat "Dötschi" nicht irgendwie, sondern herausragend. Gust Kagerbauer hatte sie es zu verdanken, dass sie für den SC Zwiesel bis ins Alter von 15 Jahren spielen durfte. "Er hat sich um die Sondergenehmigungen gekümmert, was damals eine kleine Sensation war."

Obwohl sie in der C-Bezirksoberliga zu den Leistungsträgern zählte, musste sie sich logischerweise irgendwann vom Männerfußball verabschieden. Zunächst aber nur teilweise. Während sie in Pankofen, "damals die erfolgreichste Damenmannschaft in der Region", für die B-Juniorinnen auflief, trainierte sie weiter in Zwiesel mit. Erst beim TSV Grafenau mit Kapitän Silke Raml wurde die Trennung komplett vollzogen. Und wieder machte Karin Friedrich auf sich aufmerksam.



Der große FC Bayern München rief. Dort spielte die Waidlerin für die Zweite in der Bayernliga und konnte in München nebenbei ihre Ausbildung zur Erzieherin absolvieren. Ihr Weg schien vorgezeichnet, die 1. Liga eine Frage der Zeit. "Ich hatte aber großes Heimweh", gibt sie zu. "In Verbindung mit der Liebe habe ich mich dazu entschlossen, Heim zu kehren." Es gab also etwas Größeres als den Fußball für sie. Das allerdings soll nicht heißen, dass die runde Kugel eine Nebensächlichkeit wurde. Sie machte eben in Niederbayern Karriere - und wurde dort zur Legende des Damenfußballs.

Großes Ziel der 39-Jährige (2.v.r.): Sie will mit der Ü32 der Kirchberger Frauen zur Bayerischen Meisterschaft im Juli.
Großes Ziel der 39-Jährige (2.v.r.): Sie will mit der Ü32 der Kirchberger Frauen zur Bayerischen Meisterschaft im Juli. – Foto: Karl-Heinz Hönl


Erste Station zurück in der Heimat war Kirchberg, beim SV steckte die weibliche Jagd nach dem Leder allerdings noch in den Kinderschuhen. "Der Unterschied war brutal. Ich konnte von hinten nach vorne durchgehen ohne Probleme", erinnert sich Karin Friedrich. Der Ehrgeiz packte sie. Sie ging deshalb zur SpVgg Landshut, die "Spiele" lockte mit einer Arbeitsstelle als Erzieherin. Und dann ging es in die 2. Bundesliga, zum SC Regensburg. "Da hatte ich eigentlich schon abgesagt, weil mir der Aufwand zu groß gewesen wäre. Aber dann hat mich mein Mann zusammengepackt und da hingefahren."

In der Oberpfalz "lief es super". Günter Brandl, einer ihrer prägendsten Trainer, schulte sie vom Stürmer zum Verteidiger um. "Ich hatte einen Stammplatz und war Spielführerin." Dann allerdings riss das Kreuzband. Diese schwere Verletzung und die Familienplanung machten einen Sprung nach ganz oben auf dem zweiten Bildungsweg zunichte. Karin Friedrich kehrte wieder einmal in die Heimat zurück. Ganz ohne Groll, völlig mit sich im Reinen.

Zwei Kinder hat sie inzwischen, sie lebt in Riedlhütte, ist dort auch Erzieherin, und ist glücklich verheiratet. Und sie ist auch glücklich vergeben an den SV Kirchberg im Wald. Dort hat das Ausdauertalent eine sportliche Heimat gefunden. Die 39-Jährige fühlt sich bestens aufgehoben. Und beim Verein aus dem Landkreis Regen hatte sie nicht nur die Gelegenheit, nach den beiden Schwangerschaften langsam zurück zu kommen. "Ich wusste immer, das Kinder nicht das Karriereende bedeuten." Der Sportverein hat sich auch "brutal" entwickelt - vorläufiger Höhepunkt: Der Aufstieg in die Bayernliga.

Großer Moment: Der Bayernliga-Aufstieg wurde in Kirchberg natürlich gebührend gefeiert.
Großer Moment: Der Bayernliga-Aufstieg wurde in Kirchberg natürlich gebührend gefeiert. – Foto: Helmut Weiderer


Nicht nur deshalb sieht sie sich und ihre Mitstreiterinnen keinesfalls unter Wert verkauft. Ja, der Herrenfußball sei einfach das Maß aller Dinge. "Aber der Frauenfußball hat sich gemacht. Früher haben wir im Training 5 gegen 5 gespielt, jetzt sind die Einheiten professionell aufgebaut. Früher sind wir belächelt worden, jetzt kommen 200 Zuschauer zu unseren Heimspielen." Das alles - und die Tatsache, dass ihre beiden Kinder inzwischen selbstständig sind und sie wieder mehr Zeit für sich hat - haben dafür gesorgt, dass sie mit 39 Jahren noch immer spielt.

"Karin ist Fußball durch und durch, Sie ist nach wie vor hochmotiviert und will jedes Spiel gewinnen", beschreibt sie ihr Trainer Markus Biller, der insbesondere ihre Lernfähigkeit selbst im hohen Fußballalter hervorhebt. "Sie ist auf keinen Fall aus der ersten Elf wegzudenken", macht er deutlich. Ihre Rolle auf dem Platz ist also klar, die neben dem Rasenfeld auch: "Ihre Gesangseinlagen nach Auswärtsfahren sind legendär."

Es passt also - schlicht und einfach - alles. Das Leistungsniveau stimmt nach wie vor, die Verletzungen und Schwangerschaften sind überstanden, Fußball macht ihr nach wie vor Spaß. Aber dennoch muss irgendwann eben Schluss sein. Karin Friedrich selbst möchte, das wird deutlich, das Ende noch etwas hinauszögern. Sie fühlt sich aber aufgrund ihres Alters irgendwie gedrängt. Wobei: "Mein Mann sagt immer, ich darf nicht aufhören. Sonst hält er mich nicht mehr aus", erzählt sie und schmunzelt. "Jedes Jahr im Winter werde ich zur Diva, wenn ich nicht Fußballspielen kann." Und bevor der Haussegen schief hängt, soll sie eben noch spielen, die "Dötschi". Angst, dass sie nicht mehr mitmachen darf, braucht sie keine mehr haben...

Aufrufe: 029.2.2024, 08:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor