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Fabian Bäcker spielte einst bei Borussia Mönchengladbach und war Profi in Aachen und Offenbach, heute ist bei Germania Ober-Roden Spielertrainer.
Fabian Bäcker spielte einst bei Borussia Mönchengladbach und war Profi in Aachen und Offenbach, heute ist bei Germania Ober-Roden Spielertrainer. – Foto: stock.adobe/Germania Ober-Roden

„Tore waren mein Markenzeichen“

Serie - Teil 50: Der Ehrgeizling ordnete schon früh alles dem Profitraum unter +++ Bundesliga-Einsätze für Gladbach +++ Drittliga-Abstieg mit den Offenbacher Kickers am Grünen Tisch +++ Keine Profikarriere wie sie im Buche steht

Ober-Roden. 16. Januar, 2010: Es läuft die 63. Minute im Spiel zwischen Borussia Mönchengladbach und dem VfL Bochum. Am Seitenrand wird die Auswechseltafel in die Luft gereckt. Auf ihr leuchtet in grüner Schrift die 29 auf. Es ist die Rückennummer vom 19-Jährigen Fabian Bäcker. Dieser betritt vor 36.245 Zuschauern den Platz - und kommt somit zu seinem Bundesliga-Debüt. Ein Jugendtrainer meinte mal zu ihm, er sei ein Stürmer für den ersten Kontakt. Bäcker beweist dies, als in der 80. Minute eine Flanke von Patrick Herrmann in den Sechzehner segelt. Er drückt direkt ab. Der Ball landet im Netz. Erster Treffer im ersten Spiel. So kann‘s eigentlich weitergehen. Doch die Partie geht 1:2 verloren – die Borussia gerät ins Straucheln. Und Bäcker bekommt in der restlichen Spielzeit 2009/2010 nur noch einen Kurzeinsatz.

Der Fokus stimmte früh

Bereits mit acht Jahren hatte Fabian den Traum vom Profi fest ins Auge gefasst. Er wusste: will er sein Ziel erreichen, gehört mehr dazu, als nur gut kicken zu können. „Ich habe irgendwann angefangen, nur noch Wasser zu trinken. Weil ich das wollte, nicht weil meine Eltern das forciert haben“, meint der gebürtige Rotenburger (Fulda) und führt weiter aus: „Als andere Pommes gegessen haben, habe ich mir einen Salat bestellt, weil ich irgendwo mal gehört habe, dass das gut sein soll“.

Bäcker sog alles auf, was ihn besser werden ließ. Der Fokus des flinken Stürmers stimmte früh. Als sich im Jugendalter Mannschaftskameraden und Freunde für andere Dinge abseits des Fußballs interessierten, blieb Fabian diszipliniert. „Die anderen sind dann in die Eis-Disco gegangen“, erinnert sich der heute 32-Jährige und kann sich ein Lachen nicht verkneifen. „Ich konnte das nicht nachvollziehen“. Für Fabian hatte der Fußball oberste Priorität. Und allmählich wusste er, dass er früher oder später ein anderes Umfeld benötigte, um sein Ziel stringent verfolgen zu können.

Der Borussia eine Abfuhr erteilt

Kurz darauf kam es zur ersten Begegnung mit Borussia Mönchengladbach. Die jungen Fohlen waren zum Trainingslager in Willingen, wo Bäcker in der Jugend bei der JSG Upland spielte. Es kam zum Testspiel. Die Partie ging 3:4 verloren. Zwar schoss er drei Tore, sauer war er dennoch. Und das ließ er auch die Borussia-Verantwortlichen spüren. Als die ihn wegen seiner drei Treffer ansprachen und ihm einen Platz im Mannschaftsbus anboten, reagierte der Ehrgeizling mit einer Mischung aus Missmut und Ungläubigkeit: „Ich hab‘ das gar nicht ernst genommen“. Fabian erteilte ihnen eine Abfuhr. Ein Jahr später ereignete sich das Ganze glücklicherweise noch einmal. Wieder kam‘s zum Freundschaftsspiel, wieder überzeugte Bäcker. Und dieses Mal fuhr er mit nach Gladbach.

Dankbar für Unterstützung

Fabian zog ins Internat – um genau zu sein in das alte Zimmer von Sebastian Deisler. Die Eingewöhnung fiel ihm nicht schwer. Was verwunderlich war, denn eigentlich plagte Fabian immer das Heimweh, sobald er in seiner Kindheit von zu Hause getrennt war. Doch es zeigte sich einmal mehr der unbändiger Wille Bäckers, seinen Profitraum zu verfolgen. Außerdem konnte er auf die Unterstützung der Familie zählen. "Meine Eltern und Geschwister haben einen solchen Aufwand betrieben. Sie waren bei jedem Spiel am Wochenende", erinnert sich der Angreifer. Und auch die Gemeinschaft im Internat half ihm. Mit Eric Schaaf, Julian Korb, Yunus Malli, Tony Jantschke, Nico Heupt, Patrick Herrmann oder auch Marko Marin erlebte er viele "witzige Momente und Zeiten. Sowas schweißt einfach zusammen und verbindet bis ans Lebensende". Er ist dankbar.

Das Schlaraffenland Borussia-Park

Fabian fühlte sich also wohl im Internat, "aber die Zeit war schon speziell". Er teilte sich ein Reihenhaus mit zwölf anderen Nachwuchskickern. "Dort gab es morgens ein Frühstück, mittags wurde was geliefert. Aber wenn du lange Schule hattest, konnte es auch schonmal sein, dass deine Portion abends weg war", erinnert sich Fabian. Daher fühlte es sich wie "das Paradies" an, als Bäcker später ins Elite-Internat im neu gebauten Borussia-Park zog. "Wir hatten da Eis, jede Sorte an Joghurt und vor allem hatte jeder sein eigenes Apartment! Mit eigenem Badezimmer und Internetanschluss!", berichtet Fabian und kann seine Begeisterung retrospektiv immer noch nicht verbergen. "Die Unterschiede waren unvorstellbar".

Es schien der perfekte - wenn auch ungesunde - Nährboden für Fabian, um sportlich noch mehr aufzublühen, als ohnehin schon. Er schoss Tore wie am Fließband. „Ich traf eigentlich in jeder Saison zweistellig. Tore waren mein Markenzeichen“, hält Bäcker fest.

Gegen Griechenland platzt der Knoten

Seine Ausbeute blieb auch den U-Nationaltrainern nicht verborgen. Bäcker machte 22 Partien mit dem Adler auf der Brust. "Die Hymne zu hören, davon träumt man", schwärmt Fabian. Doch zum ersten Mal zeigte sich ein ungewohntes Bild. Fabian traf das Eckige nicht. Zumindest zunächst. „Gegen Griechenland platzte der Knoten“, erinnert sich Fabian. Es folgten vier weitere Tore im schwarz-weißen Dress.

„Der Trainer fand mich einfach nicht gut“

Fabian unterschrieb im Oktober 2008 seinen ersten Profivertrag und gehörte ab Sommer 2009 dem Profikader an. Im Januar des Folgejahres kam er zu seinem Debüt und - er hatte es endlich geschafft. Er war Bundesliga-Spieler. Und hatte obendrein auch direkt sein erstes Tor erzielt. Doch entgegen seiner vorherigen Coaches, setzte der damalige Cheftrainer der Profis, Michael Frontzeck, nicht auf ihn. Zunächst nachvollziehbar, schließlich kam Bäcker frisch aus der Jugendabteilung hoch. Doch spätestens nach seinem Debüt-Treffer erhoffte sich Bäcker mehr Spielzeit. Mehr Chancen sich zu beweisen, als die gegen Bochum und ein weiterer Kurzeinsatz in Mainz, blieben ihm allerdings verwehrt.

Es folgte daraufhin eine Aussage über die sich Bäcker bis heute ärgert: Fabi, du bist dieses Wochenende nicht im Kader sondern in der Zweiten. Du brauchst Spielzeit und ich will dich ja auch nicht verheizen". Bäcker konnte sich diese Entscheidung lange nicht erklären, doch eigentlich war sie relativ eindeutig, wie Bäcker heute reflektiert: „Der Trainer fand mich einfach nicht gut“. Auch wenn er dies aus heutiger Sicht nüchtern konstatieren kann – damals setzte es ihm zu.

Verletzungen werfen Bäcker zurück

Sein Weg führte 2011 in die zweite Liga. Er wollte sich endlich auf Profiniveau beweisen. Alemannia Aachen schien hierfür der passende Verein. Doch sein Kapitel am Tivoli sollte eines von Verletzungen werden, in dem Bäcker wenig Spielzeit sah. Auch eine Winterleihe zurück in die Reserve der Gladbacher endetet mit einer Lädierung. Die Alemannia stieg im Jahr darauf in die dritte Liga ab und Fabian wechselte nach Offenbach.

Beim Regionalliga-Duell zwischen Kickers Offenbach und Germania Pfullendorf wird Bäcker (l.) im 16er zu Fall gebracht.
Beim Regionalliga-Duell zwischen Kickers Offenbach und Germania Pfullendorf wird Bäcker (l.) im 16er zu Fall gebracht. – Foto: Pressefoto Eibner

Fanliebling in Offenbach

Beim OFC war er wieder Stammspieler. Und trotz einer schwierigen Saison sicherten sich die Kickers den Klassenerhalt. Doch am grünen Tisch erfolgte der Lizenzentzug. Darmstadt 98 profitierte, feierte den Klassenerhalt und marschierte in die erste Liga durch. Für den Mainverein ging’s stattdessen in die Viertklassigkeit. Doch Bäcker hielt dem Club die Treue. „Es war ein Verein mit großem Fan-Potenzial, einem tollen Stadion und Leuten, die einen schätzten“, verrät Bäcker. Die Gegenliebe der Kickers-Anhänger war ebenfalls groß – Fabian wurde zum Fanliebling. Der Drittliga-Aufstieg war in den Folgejahren greifbar. Er gelang aber nicht. Daran konnte auch Bäcker nichts ändern. Und im letzten Vertragsjahr konnte er aufgrund einer Knieverletzung nicht mal mehr eingreifen. Die Zusammenarbeit neigte sich dem Ende zu und sein Vertrag wurde infolge der Verletzung wortlos auslaufen gelassen.

Bäcker (r.) kann im Auswärtsspiel mit Alzenau den Schuss des Baunatal-Stürmers nicht verhindern.
Bäcker (r.) kann im Auswärtsspiel mit Alzenau den Schuss des Baunatal-Stürmers nicht verhindern. – Foto: Carolin Woito

Keine Profikarriere wie sie im Buche steht

Über eine weitere Station bei Bayern Alzenau ging es für Fabian 2017 zum Verbandsligisten Germania Ober-Roden. In seine neue Heimat. Die Zeit verstrich in den Jahren zuvor schnell. Fabian hatte mittlerweile eine berufliche Umschulung hinter sich, war junger Familienvater und der Fußball einfach nicht mehr das Wichtigste. Das Knie machte ohnehin nicht mehr mit.

Als Spieler für die Germania aktiv: Bäcker (r.) sitibitzt einem Bad Vilbel-Spieler den Ball.
Als Spieler für die Germania aktiv: Bäcker (r.) sitibitzt einem Bad Vilbel-Spieler den Ball. – Foto: Rene Gerhard

Seine Profikarriere verlief vielleicht nicht so, wie er sie sich als Junge ausmalte – doch es war eine Profikarriere. Er hatte seinen Traum erfüllt. Und er blickt mit Stolz zurück: „Ich habe mit so tollen Menschen und Fußballen wie Oliver Neuville oder Juan Arango zusammengespielt. Habe ein Bundesligator erzielt und war auf Autogrammkarten zu sehen“. Fabian möchte das nicht missen.

Trainerstation in Alzenau: Bäcker gelang der Klassenerhalt in einer schwierigen Saison nicht.
Trainerstation in Alzenau: Bäcker gelang der Klassenerhalt in einer schwierigen Saison nicht. – Foto: Pressefoto Eibner

Es ist gut, so wie’s ist

Heute ist Fabian Trainer der Germania. Durfte zwischenzeitlich sogar sein altes Team aus Alzenau coachen, als in der Verbandsliga aus Pandemiegründen der Spielbetrieb ruhte. Ob ihn der Trainerjob irgendwann mal wieder in den Profibereich verschlägt, will er im schnelllebigen Fußballgeschäft nicht ausschließen. „Aber eigentlich kann ich mir das nicht vorstellen. Da hängt zu viel dran, was einfach nicht schön ist“, findet Bäcker.

An der Seitenlinie: Bäcker spielte mit seiner Germania eine ungefährdete Saison.
An der Seitenlinie: Bäcker spielte mit seiner Germania eine ungefährdete Saison. – Foto: Rene Gerhard

Und warum sollte er aktuell auch etwas verändern? Er ist glücklich. Das Einzige was das Ganze hätte noch veredeln können, wäre ein Derby-Sieg gegen die TS am vergangenen Wochenende gewesen - doch die Partie endete unentschieden.

Ende der Serie.

Zur Serie: In dieser Reihe porträtieren wir ehemalige NLZ-Spieler, die nun bei Amateurteams aus der Region spielen. Sie erzählen uns, wie nah dran sie wirklich am großen Traum Profifußball waren und welche Ambitionen sie jetzt haben - sowohl auf als auch neben dem Platz. Mit der Story über Fabian Bäcker geht unsere Serie zu Ende. Wer alle 50 Teile nachlesen möchte, der kann hier unten stöbern. Viel Spaß beim Lesen!

- Teil 1: Linus Wimmer (SV Eintracht Trier)
- Teil 2: Lukas Fischer (TSG Bretzenheim)
- Teil 3: Lars Hermann (TSV Schott Mainz)
- Teil 4: Nik Rosenbaum (SV Alemannia Waldalgesheim)
- Teil 5: Joshua Iten (SG Hüffelsheim)
- Teil 6: Bilal Marzouki (FC Maroc Wiesbaden)
- Teil 7: Kevin Frey (VfB Bodenheim/TSG Mainz Futsal)
- Teil 8: Giorgio del Vecchio (TSV Schott Mainz)
- Teil 9: Marco Waldraff (SV Niedernhausen)
- Teil 10: Manuel Konaté-Lueken (RW Walldorf)
- Teil 11: Sandro Loechelt (Wormatia Worms)
- Teil 12: Marvin Esser (SG Walluf)
- Teil 13: Patrick Huth (TSG Pfeddersheim)
- Teil 14: Ilker Yüksel (Hassia Bingen)
- Teil 15: Tim Burghold (SV Niedernhausen)
- Teil 16: Noel Wembacher (RW Darmstadt)
- Teil 17: Tobias Schneider (RWO Alzey)
- Teil 18: Noah Michel (Türkgücü Friedberg)
- Teil 19: Marleen Schimmer (San Diego Waves)
- Teil 20: Deniz Darcan (SG Eintracht Bad Kreuznach)
- Teil 21: Max Pflücke (FC Basara Mainz)
- Teil 22: Jann Bangert (SV Rot-Weiß Hadamar)
- Teil 23: Aleksandar Biedermann (Wormatia Worms)
- Teil 24: Volkan Tekin (SV Dersim Rüsselsheim)
- Teil 25: Ilias Tzimanis (SV Unter-Flockenbach)
- Teil 26: Lukas Lazar (TSV Gau-Odernheim)
- Teil 27: Dimosthenis Papazois (SG Eintracht Bad Kreuznach)
- Teil 28: Sammy Kittel (SV Rot-Weiß Hadamar)
- Teil 29: Burak Bilgin (VfR Groß-Gerau)
- Teil 30: Luis Majrchzak (Hassia Bingen)
- Teil 31: Noah Schmitt (FC Eddersheim)
- Teil 32: Christian Lang (FSV Nieder-Olm)
- Teil 33: Fabio Moreno Fell (TSV Gau-Odernheim)
- Teil 34: Nico Heupt (SV 07 Geinsheim)
- Teil 35: Benjamin Himmel (TSG Pfeddersheim)
- Teil 36: Daniel Zeaiter (FC Eddersheim)
- Teil 37: Kai Hofem (FSV Nieder-Olm)
- Teil 38: Baris Yakut (Hassia Bingen)
- Teil 39: Daniel Knapschinski (VfB Unterliederbach)
- Teil 40: Dustin Ernst (Karriereende)
- Teil 41: Michael Seidelmann (Karriereende)
- Teil 42: Marko Verkic (SG Bad Soden)
- Teil 43: Kevin Kratz (TuS Dietkirchen)
- Teil 44: Ivan Mihaljevic (TSV Steinbach Haiger)
- Teil 45: Raphael Laux (TuS Dietkirchen)
- Teil 46: Gökhan Simsek (FSC Eschborn)
- Teil 47: Christian Kunert (FV Biebrich)
- Teil 48: Christian Telch (SV Gimbsheim)
- Teil 49: Vllaznim Dautaj (TSG Pfeddersheim)

Aufrufe: 09.6.2022, 14:00 Uhr
Benedikt PalmAutor