2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Inzwischen ein Dauer(b)renner: Beim 1:2 in Dresden machte Kilian Ludewig eines seiner besten Spiele im Löwen-Trikot. Wie es mit ihm im Sommer weitergeht? Ungewiss! Vertraglich ist er noch bis 2025 an Salzburg gebunden.
Inzwischen ein Dauer(b)renner: Beim 1:2 in Dresden machte Kilian Ludewig eines seiner besten Spiele im Löwen-Trikot. Wie es mit ihm im Sommer weitergeht? Ungewiss! Vertraglich ist er noch bis 2025 an Salzburg gebunden. – Foto: IMAGO / Hentschel

Bleibt Kilian Ludewig beim TSV 1860: „Hier im Süden ist es sehr aushaltbar“

Leihlöwe im Interview

Kilian Ludewig schon viel erlebt. Im Interview spricht der Leihlöwe über sein Jahr bei 1860, den Wandervogel-Stempel und sportliche Ziele.

München – Beim 1:2 in Dresden machte er eines seiner besten Spiele im Trikot des TSV 1860. Kilian Ludewig, Dauerläufer rechts hinten in der Viererkette, kommt bei den Löwen immer besser in Schwung. Bis Ende Oktober maximal ein Bankdrücker, zeigt der Hamburger nun Woche für Woche, was er draufhat – und warum er schon als Jugendspieler auf den Radar des Red-Bull-Konzerns geraten war, erst in Leipzig, danach in Salzburg (Vertrag bis 2025). Die ihm eigene Dynamik hatte Ludewig auch früh für den DFB interessant gemacht, für den er von der U 16 bis zur U 21 bei jeder Auswahl dabei war.

Ludewigs größtes Problem: Die Löwen sind bereits sein fünfter Arbeitgeber auf Zeit, auf Leihbasis spielte er bereits in England (FC Barnsley), NRW (Schalke), Niederlande (Willem II) und Dänemark (Aalborg). Wäre es da nicht naheliegend, länger in München zu bleiben, jetzt wo es gerade läuft? Unser Interview mit einem 24 Jahre alten Wandervogel wider Willen.

„Er pusht uns, hält den Laden hinten zusammen, redet viel, geht auf jeden zu.“

Kilian Ludewig über Kapitän Jesper Verlaat.

Kapitän Jesper Verlaat hat am Mittwochabend seinen Vertrag bei 1860 verlängert – als Abteilungsleiter der Viererkette arbeitet er eng mit Ihnen zusammen. Wie haben Sie und die Mannschaft die Nachricht aufgenommen?

Sehr positiv. Unabhängig davon, dass der Kapitän an Bord bleibt, freut mich das für ihn, für die Mannschaft, die Fans, für den ganzen Verein.

Wie wichtig ist Verlaat für dieses Team, sportlich, menschlich, aber auch als Sprachrohr und Anführer?

Sehr wichtig! Er pusht uns, hält den Laden hinten zusammen, redet viel, geht auf jeden zu. Als ich neu war, kam ich relativ spät am Abend an. Jess war auch noch hier im Trainingszentrum. Wir hatten sofort ein supernettes Gespräch, er hat mich mit offenen Armen empfangen – das war sehr hilfreich.

„Ich hab dann aber Gas gegeben und mich reingekämpft.“

Kilian Ludewig über seine Startschwierigkeiten beim TSV 1860.

Auch Ihr Leihvertrag mit 1860 läuft ja im Juni aus. Mal direkt gefragt: Wie groß wäre Ihre Lust, auch länger zu bleiben?

Groß! Ich fühle mich aktuell sehr, sehr wohl hier. Es macht gerade richtig viel Spaß mit der Mannschaft.

Dabei brauchte es einige Zeit, bis Sie hier sportlich Fuß gefasst haben. Bis November haben Sie nur dreimal gespielt, waren oft nicht mal im Kader. Was war der Grund?

Ich kannte niemanden – und sportlich lief es auch nicht. Ich hab dann aber Gas gegeben und mich reingekämpft.

Entwickelt man nicht im Laufe der Zeit eine Routine darin, sich anzupassen? 1860 ist ja bereits Ihre fünfte Leihstation. Das bedeutet: Jeden Sommer eine neue Kabine, neue Mitspieler, eine neue Stadt . . .

Nein, leider lässt sich da gar keine Routine entwickeln. Es ist immer schwer, sich einzugewöhnen in einem neuen Verein. Ich kann das, aber es dauert halt seine Zeit. Man kann jetzt nicht sagen, dass bei mir immer von heute auf morgen alles top ist.

Ich haue mich rein – für die Mannschaft, für den Verein, für mich selbst.“

Kilian Ludewig über seine Situation als Leihspieler.

Ausgeliehen zu werden bedeutet ja auch irgendwo, dass man nicht so ganz dazugehört. Wie ist das für den Kopf?

Ich versuche es irgendwie auszublenden, haue mich rein – für die Mannschaft, für den Verein, für mich selbst.

Wie gerne würden Sie den Stempel „Wandervogel“ loswerden?

Schon gerne. Leider hat es sich bisher nie ergeben, dass ich irgendwo länger als ein Jahr bleiben konnte.

„Alles in allem haben mich die Jahre geprägt, reifen lassen, menschlich weitergebracht.“

Kilian Ludewig über die bisherigen Stationen seiner Karriere.

Dafür haben Sie viel gesehen: England, Dänemark, Holland, das Ruhrgebiet, Österreich. Kann nicht jeder 24-Jährige von sich behaupten. Wo war es am schönsten?

Fußballerisch in England, da hatte ich meine beste Zeit, glaube ich. Dänemark war auch sehr schön. Alles in allem haben mich die Jahre geprägt, reifen lassen, menschlich weitergebracht.

Zur aktuellen sportlichen Lage. Was hat es mit der Mannschaft gemacht, dass die stolze Unbesiegt-Serie nach acht Spielen gerissen ist?

Nicht viel eigentlich. Wir haben trotzdem zwei gute Spiele gemacht, obwohl wir beide unglücklich verloren haben. Dennoch wollen wir es natürlich in den nächsten Spielen wieder besser machen.

„Wir haben Respekt – aber keine Angst.“

Kilian Ludewig vor dem Spiel gegen Preußen Münster.

Gegen die Spitzenteams Ulm und Dresden fehlte jeweils nicht viel für einen Punktgewinn. Was macht Sie zuversichtlich, dass es gegen Münster im dritten Anlauf hinhaut?

Unsere Leistung – und die Qualität des Teams. Außerdem geht jedes Spiel bei 0:0 los. Wir haben genug Zeit, uns gegen ein Team von oben zu beweisen. Sicher hat Münster einen Lauf, und wir haben Respekt – aber keine Angst.

Allerdings drohen die nächsten Umstellungen im Abwehrzentrum. Kapitän Verlaat und Neuzugang Max Reinthaler werden nach Lage der Dinge ausfallen. Wie sehr schwächt das die Mannschaft?

Jesper ist als Kapitän ein wichtiger Spieler für uns. Auch Max hat seinen Wert schon bewiesen. Aber wenn beide ausfallen sollten, werden wir auch so eine gute Mannschaft auf dem Platz haben – eine, die sich reinhaut, Münster vom Tor weghält und sich Torchancen herausspielt.

„Ich fühle mich auch im Süden wohl. Gerade hier mit den Seen ist es schon sehr aushaltbar.“

Kilian Ludewig kann sich eine Zukunft bei den Löwen vorstellen.

Zurück zu Ihnen. Wie sieht Ihr weiterer Karriereplan aus, wenn Sie 1860 im Sommer verlassen müssen. Sehen Sie die Chance, in Salzburg endlich Fuß zu fassen?

Aktuell kann ich noch nicht viel dazu sagen. Ich beschäftige mich eher mit dem Endspurt hier bei Sechzig – den Rest werden wir sehen.

Wie groß ist die Sehnsucht, endlich mal irgendwo anzukommen oder gar sesshaft zu werden?

Sehr groß. Und ich bin offen für alles. Mein norddeutsches Herz werde ich nie vergessen, aber ich fühle mich auch im Süden wohl. Gerade hier mit den Seen ist es schon sehr aushaltbar.

Und Sie sind ja trotz allem noch jung – erst 24.

Ja, das stimmt. Wir werden sehen, was kommt. Aber wie gesagt: Im Moment fühle ich mich extrem wohl hier. (Interview: Uli Kellner)

Aufrufe: 015.3.2024, 08:49 Uhr
Uli KellnerAutor