2024-04-25T10:27:22.981Z

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Verteidiger mit Biss: Patzke 1967 im Derby.
Verteidiger mit Biss: Patzke 1967 im Derby. – Foto: imago sportfotodienst

Bernd Patzke wird 80: Meisterlöwe und 1860-Rekordnationalspieler hatte den Schalk im Nacken

Er war auch als Trainer bei 1860

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Als er jüngst seinen Ausweis verlängern ließ und die Dame vom Amt das neue Dokument überreichte, sagte sie freundlich: „So Herr Patzke, ich hoffe, dass Sie dann noch mal zu mir kommen.“

München – Der wusste sofort den Wink mit dem Zaunpfahl zu verstehen. „Mit ,dann’ war in fünf Jahren gemeint, wenn ich den Ausweis wieder verlängern muss. Da wäre ich 85. Na ja, schau’n wir mal …“

An diesem Dienstag feiert Bernd Patzke erst mal seinen Achtzigsten, er, der jüngste der fünfzehn zum Einsatz gekommenen Meisterlöwen, die im Mai 1966 die Schale an die Grünwalder Straße holten. Zum einzigen Mal. Manche fügen immer noch ein „bisher“ dazu, aber im Grunde ist das nur Galgenhumor. Die Lage bei den drittklassigen Löwen ist ohnehin mal wieder äußerst trist. Und das Gekicke nicht anzuschauen. Dachte sich auch Bernd Patzke, der beim Heimspiel gegen Viktoria Köln (0:1) das Stadion an der Grünwalder Straße zum ersten Mal zur Halbzeit vorzeitig verließ – „weil es einfach furchtbar war“.

Patzke kommt mit 21 zum TSV 1860 – und schlägt sofort ein

Derlei Kritik stößt den Oberen allerdings sauer auf. Patzke: „Als ich mal vor einiger Zeit meinem Ärger öffentlich Luft machte, bekam ich von Präsident Reisinger gleich einen Rüffel, wie ich dazu käme, mir sowas anzumaßen.“

Ja, vielleicht weil Patzke nicht nur Deutscher Meister war, sondern mit 18 Berufungen (sechs weitere kamen während seiner Zeit bei Hertha BSC hinzu) Rekordnationalspieler des TSV 1860 ist und an zwei WM-Turnieren (1966, 1970) teilgenommen hat. Patzke: „Was wir damals in den 60er-Jahren geschafft haben, davon leben die im Verein doch heute noch.“

Der Lieblings-Preiss’ aller Löwen-Fans: Bernd Patzke, als Spieler ein frecher Hund – und auch heute ist der Berliner noch ein kritischer Geist, einer mit ganz viel Humor.
Der Lieblings-Preiss’ aller Löwen-Fans: Bernd Patzke, als Spieler ein frecher Hund – und auch heute ist der Berliner noch ein kritischer Geist, einer mit ganz viel Humor. – Foto: via www.imago-images.de

1964 war der gebürtige Berliner von Standard Lüttich nach München gewechselt und der 21-jährige Verteidiger schlug sofort ein bei den Löwen. „Ich kam auch mit Trainer Max Merkel gut aus, obwohl ich ihm so manchen Streich gespielt habe. Einmal habe ich, als der Trainer beim Essen kurz den Tisch verlassen hatte, den Verschluss des Salzstreuers gelockert. Als ihm dann das erhoffte Malheur passiert war, wusste er sofort, wer das war. Er packte mich an der Gurgel und tobte in seinem Wiener Dialekt: ,Baatzkee, no oamoi, dann bist fällig’.“

TSV 1860: Patzke spricht sich bei „Revolution“ für Merkel aus

Merkel habe man einfach nichts vormachen können, sagt Patzke schmunzelnd: „Wir waren mal in Wien zu einem Freundschaftsspiel. Da er die Partie in seiner Heimatstadt unbedingt gewinnen wollte, verbot er uns, bevor er sich in einen Heurigen aufmachte, am Abend das Hotel zu verlassen. Wir taten es trotzdem und gaben dem Mann an der Rezeption einen Hunderter, damit er uns nicht verpetzt. Als Merkel zurückkam, fragte er den Hotelangestellten, wer alles abgehauen sei und erfuhr es auch. Er hatte dem Mann nämlich zwei Hunderter gegeben . . .“

Schalk im Nacken: Bernd Patzke, damals 22 Jahre alt.
Schalk im Nacken: Bernd Patzke, damals 22 Jahre alt. – Foto: imago sportfotodienst

Patzke war übrigens einer von drei Spielern, die sich bei der von Peter Grosser und Petar Radenkovic angezettelten „Revolution“ Ende 1966 gegen eine Trennung von Merkel aussprachen. Er ahnte wohl schon was. Denn ein knappes Jahr später war er unmittelbar Beteiligter an der höchsten Pflichtspielpleite des TSV 1860 nach dem Zweiten Weltkrieg, ein 0:8 beim FC Liverpool im Messepokal unter Trainer Albert Sing. „Der hatte gar nichts drauf“, sagt Patzke noch heute und schüttelt den Kopf, „der schlechteste Trainer, den ich hatte.“ Eine lustige Anekdote zu diesem Spiel fällt ihm dann trotzdem noch ein: „Kurz vor Schluss wurde Bubi Bründl eingewechselt, da stand es bereits 8:0. Ich fragte ihn, was er denn hier noch will, und er grinste mich an:‘I soi eich no rett’n …‘“

TSV 1860: Patzke kehrt zweimal nach München zurück

1969 verließ Patzke die Löwen, wechselte zu Hertha BSC und kehrte Anfang 1974 für ein halbes Jahr zurück, um beim Wiederaufstieg aus der 2. Liga unter Trainer Rudi Gutendorf mitzuhelfen. Klappte nicht, ein Punkt fehlte zur Teilnahme an der Aufstiegsrunde. Zehn Jahre später folgte sein drittes Engagement bei 1860. Diesmal als Trainer.

Er führte die Löwen in der Bayernliga auch auf Platz 1 (mit dem unvergessenen 6:1 gegen die SpVgg Fürth), aber in der Aufstiegsrunde hatte die Mannschaft nach ihrer Aufholjagd keine Power mehr. Bliebe noch das Thema Bundesligaskandal, in den Patzke als Hertha-Profi verwickelt war. Aber auch mit 80 Jahren bleibt er dabei: „Zu dem Thema werde ich mich nicht äußern.“ Vielleicht ja dann mit 90, wenn er wieder mal seinen Ausweis verlängert. CLAUDIUS MAYER

Aufrufe: 014.3.2023, 07:14 Uhr
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