
Im Interview spricht Wolfratshausens Abteilungsleiter Helmut Forster (77) über strukturelle Herausforderungen, Spielermangel beim Tabellenschlusslicht und die ungewisse Perspektive für die Zweite Mannschaft.
Abgeschlagenes Schlusslicht in der Bezirksliga Süd, sportliche Auftritte, die allenfalls noch Mitleid erregen und eine Zweite Mannschaft mit ungewisser Zukunft – längst geht es beim BCF Wolfratshausen nur noch in eine Richtung, nämlich steil bergab. Abteilungsleiter Helmut Forster räumt im Gespräch mit BCF-Reporter Oliver Rabuser die bedrohliche Gemengelage mit den Worten „es gibt angenehmere Themen“ ein. In puncto Außendarstellung des einstigen Bayernliga-Klubs und der potenziellen Rückstufung der Ersten Mannschaft in die Kreisliga, sieht der 77 Jahre alte Funktionär und ehemalige Bürgermeister aber keine weitreichende Problematik.
Herr Forster, wie fällt Ihre Bestandsaufnahme zur Winterpause aus?
Es ist momentan extrem schwierig. Der letzte Tabellenplatz für beide Herrenteams ist nicht sehr beglückend. Wir müssen sehen, wie es weiter geht, werden uns die nächsten Tage besprechen. Ob der Rückstand noch aufzuholen ist, wage ich zu bezweifeln. Dennoch muss man die Spieler mehr in die Verantwortung nehmen. Spaziergänger brauchen wir keine.
Mit Verlaub: Der aktuelle Kader deckt sich nicht im Ansatz mit der von Ex-Trainer Florian Ächter zusammen gestellten Liste. Sie haben – knallhart ausgedrückt – das bekommen, was irgendwo übrig geblieben ist ...
Wir waren vielleicht etwas spät dran mit der Planung. Aber man kann auch keine großen Sprünge machen, wenn einem einer der Hauptsponsoren abspringt. Man hofft, dass durch gezieltes Training und Kampf Fortschritte möglich sind. Doch wir sind mit dem jetzigen Stand absolut nicht zufrieden und werden versuchen, etwas Neues aufzubauen.
Mit geringen finanziellen Mitteln?
Natürlich müssen wir fortwährend mit potenziellen Sponsoren sprechen. Das ist eine große Herausforderung. Der Abstieg ist eine Alternative. Dann würde gar kein Geld mehr bezahlt. Es gibt ohnehin zu wenige Spieler, die mit Herz für ihren Verein spielen. Die meisten schauen nur, wo sie das meiste für sich heraus schlagen können.
Dann würde aber für interessierte Fußballer auch das Lockmittel „Bezirksliga“ fehlen. Glauben Sie tatsächlich an einen „Regio-Kader“ in der Kreisliga?
Wir versuchen seit Jahren gegen den schlechten Ruf des BCF anzukämpfen. Und ich bin überzeugt, dass er längst nicht mehr so schlecht ist, wie zu den Zeiten, als es hieß, die Farcheter kaufen alles zusammen. Es hat sich schon gebessert, aber die Vorbehalte sind immer noch da. Dennoch ist auch die Kreisliga immer noch ein sportlicher Anreiz. Bei uns sollen Fußballer spielen, die es gerne und für den Verein tun.
Im Oberland assoziiert man den BCF mit Unverständnis und Mitleid. Ist Ihnen dieser Ruf einerlei?
Ich höre das auch, weiß aber nicht, ob das immer die ehrliche Meinung derjenigen ist.
Naja, zuletzt waren fast gar keine Zuschauer mehr bei Heimspielen im Stadion. Keine 20 Leute halten es mehr mit dem Ballclub. Und gegnerische Fans bleiben aus, weil es kein oder kaum gastronomisches Angebot gibt ...
Es war schon zu Bayernligazeiten der Fall, dass wir nicht viele Zuschauer hatten. Die Fußballabteilung hat eigentlich rund 350 Mitglieder. Aber mit 30 Leuten kannst du nicht viel Staat machen. Vieles ist schwierig zu vermitteln. Es ist ein Spiegelbild der Gesellschaft: Die Forderungen werden immer größer, die Bereitschaft etwas beizutragen sinkt dagegen stark. Wären wir Vierter oder Fünfter, wäre das beim BCF auch nicht anders. Wir haben leider sehr wenige Helfer, sind froh, dass ein älteres Ehepaar die Kasse macht und sich unsere Schriftführerin Swantje Suthmann für den Verein zerreisst.
Noch schwerwiegender lauten die immer wieder hinter vorgehaltener Hand geäußerten Vorwürfe, Sie und ihr Mitstreiter Manfred Fleischer fahren den BCF-Fußball sehenden Auges gegen die Wand ...
Jaja, weil ich zu alt bin ...
Nein, weil Sie für die Öffentlichkeit nicht sichtbar sind und es seit x Jahren rapide bergab geht mit Struktur und Sport.
Ich gehe nicht davon aus, dass wir den Verein an die Wand fahren. Wir sind eine von sieben Abteilungen im Gesamtverein. Aber auch die kostenintensivste. Der Verein wird mit gutem Ruf und Erfolgen bestehen bleiben. Dessen bin ich mir sicher.
Wenn Sie Ihre Arbeit für die Abteilung reflektieren, fragen Sie sich nicht bisweilen, ob das alles wirklich noch Sinn macht?
Wenn sich jemand bereit erklärt, es zu machen, bin ich sofort weg. Aber diese Leute gibt es nicht.
Sie versichern mir, dass es in den vergangene Jahren null Anfragen dahingehend gab?
Einige schon. Aber dann hieß es plötzlich „zu zeitintensiv“, oder „zu viel Arbeit“ etc. Es gibt wahrlich angenehmere Themen. Unser neuer Sportlicher Leiter Luli Kuqi arbeitet aktuell im Hintergund und versucht neue Wege zu finden.
Dazu gehört sicher auch der Blick auf die Zweite Mannschaft, die nach Nichtantritten und permanentem Spielermangel in ihrer Existenz bedroht scheint?
Die Reserve war eigentlich als Unterbau gedacht, wo sich Spieler in die Erste hoch spielen können. Wir hatten viel Pech mit Langzeitverletzten, aber auch mit der Unzuverlässigkeit einiger. Diese Spieler stecken andere mit ihrer Art leider an. Eine Abmeldung ist für uns kein Tabu mehr.