2024-04-30T13:48:59.170Z

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Zurück zu den Wurzeln

Mit den Eltern kam Elvir Jugo 1994 nach Dresden, fand seine sportliche Heimat im Jägerpark. Jetzt ist er Boreas Sportchef.

Elvir Jugo übernimmt die sportliche Verantwortung bei seinem Ex-Verein im Jägerpark. Foto: Picture Point

Manchmal ist es ein einziger Satz, der für eine entscheidende Veränderung im Leben sorgt. Bei Elvir Jugo scheint das so gewesen zu sein. „Meine Frau Katrin sagte zu mir, Elvir, du bringst vielen Jungs das Fußball spielen bei, aber Zeit, bei deinen eigenen Söhnen mal zuzusehen, findest du nur selten“, erzählt der 37 Jahre alte vierfache Familienvater. Am 1. Juli trat er beim SC Borea Dresden das Amt des Sportdirektors an, wird zudem die erste Männer-Mannschaft und die U 16 im Jägerpark trainieren.

Damit schließt sich der Kreis, wenn man diese Formulierung bei einem so jungen Trainer überhaupt verwenden kann. „Aber es stimmt schon, denn 1994 kam ich mit meinen Eltern nach Deutschland und in Dresden dann zum FV Nord.“ Gehört hatte Elvir Jugo, der bis dahin eineinhalb Jahre Krieg in Jugoslawien erleben musste, von diesem Verein bis dahin nichts. „Ich kannte nur Dynamo, aber mein Sportlehrer an der Schule stellte dann den Kontakt zu Thomas Baron her und von da ab spielte ich im Dresdner Norden.“

Abschied aus freien Stücken

Bis auf zwei kurze Abstecher zu Arminia Bielefeld und dem FC Oberlausitz Neugersdorf blieb Jugo bis Ende 2008 bei Borea, ehe er zu Gelb-Weiß Görlitz wechselte und dort „zweieinhalb tolle Jahre hatte“, wie er sagt. Das Highlight in der Neißestadt dürfte dabei das Gastspiel des FC Bayern München gewesen sein, der anlässlich des einhundertjährigen Vereinsbestehens im Sommer 2009 in Görlitz zu Gast war. Vor fünf Jahren kam schließlich die Anfrage vom VfL Pirna-Copitz und Elvir Jugo stieg als Spieler-Trainer ein. „Dabei hatte ich schon Jan Seifert, damals Trainer beim Radebeuler BC, zugesagt. Aber er hat mir keine Steine in den Weg gelegt, wusste, dass das eine Chance für mich ist, ins Trainergeschäft einzusteigen. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.“

Zwei Jahre schnürte Jugo für die Copitzer noch die Töppen, „dann aber war Schluss. Es war so, dass ich manche Dinge auf dem Platz ganz anders eingeschätzt habe, als unser Co-Trainer, der draußen an der Seitenlinie einen anderen Blick hatte und von dort aus besser analysieren konnte.“ 2015 führte Elvir Jugo die Copitzer zurück in die Landesliga und schaffte mit seinen Schützlingen im ersten Jahr einen einstelligen Tabellenplatz. Die Vertragsverlängerung beim VfL wäre nur ein formeller Akt gewesen, aber Elvir Jugo gab seinen Abschied bekannt und folgte dem Ruf seines Ex-Vereins aus Dresden, wo auch zwei seiner vier Söhne spielen.

„Durch meine zwölf Jahre alten Zwillinge Malik und Kemal, die dort aktiv sind, gab es natürlich immer einen losen Kontakt zu Borea“, sagt Elvir Jugo. Vor zwei Jahren wurde der schon einmal enger, dann 2014 gab es bereits eine Anfrage der Dresdner. „Auch das waren sehr gute Gespräche“, erinnert sich Jugo. „Aber finanziell war es für den Verein damals nicht machbar. Es war nicht so, dass ich sonst etwas verlangt habe, aber eine feste Anstellung war damals nicht möglich.“

In Copitz ließ man Elvir Jugo, dessen Ältester Jamal (13) Basketball bei den Titans spielt, während sich Nesthäkchen Adel (3) noch nicht entschieden hat, schweren Herzens ziehen. „Ich bin Steffen Bohne sehr dankbar, dass er mir diese Chance gegeben hat. Die Entscheidung, zu gehen, war in erster Linie eine im Sinne meiner Familie. Ich habe jetzt einen geregelten Arbeitstag, kann zu Fuß zur Arbeit gehen, da wir in der Dresdner Neustadt wohnen. Außerdem reizt mich das Projekt gewaltig.“

Bei Borea erhofft man sich einen großen Schub, zumal die A- und B-Jugend gerade in die Regionalliga aufgestiegen sind. „Vorstand und Geschäftsführung sind überzeugt, dass mit Elvir Jugo die Weiterentwicklung des sportlichen Konzepts erfolgen wird und der Aufstieg in die Landesklasse gelingt“, sagt Präsident Peter Hering. Zusätzlichen Druck baut er mit dieser Aussage beim neuen sportlichen Leiter nicht auf. „Es ist auch mein Anspruch, die Männer schnellstmöglich nach oben zu führen.“ Auch wenn er die Nachwuchsarbeit bei Borea weiter als Schwerpunkt sieht, „bleibt die erste Mannschaft immer das Aushängeschild eines Vereins“. In den letzten Jahren verabschiedeten sich die Junioren, die in den Männerbereich aufrückten, in Scharen aus dem Jägerpark. „Es ist ja auch nicht vermittelbar, dass ein junger Spieler aus der Nachwuchs-Regionalliga kommt und dann in der 8. Liga spielen soll“, stellt Jugo klar.

Der Chef setzt auf Weggefährten

Vereinschef Peter Hering, der Borea zusammen mit seinen Vorstandsmitgliedern Jenny Linke, Frank Gaunitz und Geschäftsführer Frank Krummrey aus dem Tal der Tränen führte, hat längst bemerkt, dass Jugos Rückkehr für großes Interesse in der Stadt sorgt. „Wir wollten ja endlich auch wieder mit positiven Schlagzeilen aufwarten. Es war bis hierher ein harter Weg, der noch nicht zu Ende ist. Aber die Verpflichtung von Elvir Jugo ist ein wichtiger Meilenstein.“ Und der Sportchef sprüht vor Elan: „Wir wollen und werden das angekratzte Image des Vereins aufpolieren.“

Dabei wird er auf einstige Weggefährten setzen. Wie auf den erfahrenen Torhüter Enrico Keller, der bald seinen 38. Geburtstag feiert. „Ich habe mit ihm zusammen gespielt, kann mich auf Enrico verlassen. Er wird unser Torwarttrainer, aber vorerst auch als Aktiver bei uns zwischen den Pfosten stehen.“ Elvir Jugo hatte bereits in Pirna-Copitz aus Ex-Profis wie Axel Keller, Steffen Dörner, Frank Paulus oder Ronny Kreher und jungen, aufstrebenden Talenten eine funktionierende Einheit gebildet. Demnächst wird er auf einer Pressekonferenz im Jägerpark seinen Kader vorstellen. Man muss kein Hellseher sein, um vorauszusagen, dass der eine oder andere bekannte Spielername dort auftauchen wird.

Aufrufe: 019.7.2016, 13:57 Uhr
Jürgen SchwarzAutor