2024-05-17T14:19:24.476Z

Allgemeines
– Foto: Robert Geisler

Wolfgang Schillers Waterloo: »Das Eichelsolo von Wildenranna«

Trainer, die man kennt (17): Der 46-Jährige führte den FC Tittling als Spielertrainer von der Kreisklasse in die Bezirksliga, musste aber mit dem SV Aicha vorm Wald und dem SV Wildenranna seine bittersten Niederlagen einstecken

Die Corona-Pandemie hat den Spielbetrieb im Amateurfußball aus den Fugen gehoben. FuPa nutzt die spielfreie Zeit, um einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Nach der erfolgreichen Portrait-Serie über ehemalige Spielergrößen des niederbayerischen Fußballs nehmen wir nun bekannte Übungsleiter unter die Lupe. Im 17. Teil blickt Wolfgang Schiller (46) auf seine erfolgreiche Trainerlaufbahn zurück, die im Herbst 2006 durch einen dubiosen Vorfall aber beinahe ein frühes Ende gefunden hätte.

Schönste Saison Deiner Trainer-Laufbahn?
Auch wenn das die meisten vielleicht nicht glauben, aber das war tatsächlich meine einzige Saison als Trainer im Juniorenbereich. Aufgrund Trainermangels übernahm ich in der Saison 2014/15 beim SV Aicha vorm Wald die U15, in der auch mein Sohn spielte. Ich hatte lediglich einen Kader von elf Jungs, aber die haben in diesem Jahr alles gegeben. Es gab keine Ausreden, kein Jammern. Die waren so dankbar und lernwillig - das war wirklich eine supertolle Saison, die mir viel Freude bereitet hat.


Welcher Spieler, hat Dich in Deiner Zeit als Übungsleiter besonders beeindruckt?
Einen Spieler herauszuheben, ist echt schwer, da in jeder Mannschaft bzw. bei jedem Verein unter meiner sportlichen Leitung einige Jungs mit exzellenten Fähigkeiten waren. Aber in meiner Zeit in Aicha war Mario Köppl schon sehr gut drauf. Nicht umsonst hatte er in Aicha den Spitznamen "Magic", da sein Torriecher und seine Präsenz in der gegnerischen Box schon zauberhaft waren.


Bei welchem Verein hattest Du Deine schönste Zeit?
Das war bei all meinen Trainerstationen der Fall und ich möchte keine davon missen. Aber die schönste und erfolgreichste Zeit hatte ich in Tittling. Dort übernahm ich zusammen mit meinen Trainerpartner Rupert "Rubse" Sigl eine sehr junge Mannschaft, mit der ich in vier Jahren zwei Aufstiege feiern durfte.


Mit welchem Abteilungsleiter/Manager hast Du besonders gerne zusammengearbeitet?
Ich hatte bei meinen Trainerstationen immer gute und engagierte Abteilungsleiter, habe mich mit allen sehr gut verstanden und bin auch heute noch mit allen gut befreundet. Tatsächlich gibt es aber einen, mit dem ich hervorragend zusammengearbeitet habe. Zwar nicht als Abteilungsleiter, sondern als gleichberechtigter Trainerpartner beim FC Tittling: Rupert Sigl. Ich hätte zuvor nie geglaubt, dass es funktionieren kann, wenn zwei gleichberechtigte den Ton angeben. Aber mit Rubse war es einfach genial und wir ergänzten uns ideal.



Welcher Trainer hat Dich in Deiner aktiven Zeit besonders geprägt?
Mich prägte nicht nur ein Trainer, sondern mehrere und die jeweils in ihrer eigenen Art. Gerhard Hörl war mein Trainer in der A-Jugend beim 1. FC Passau. Ein Kumpeltyp, der mich später auch animiert hat, Trainer zu werden. Darum habe ich auch mit 23 Jahren schon meinen ersten Trainerschein gemacht. Sepp Fischl war einer, der uns vorlebte und besonders mir zeigte und überzeugen konnte, dass man mit körperlicher Fitness einiges mehr erreichen kann als mit rohem Talent. Woife Richling hat mir gezeigt, dass mit gewisser Lockerheit und guter Hierarchie ein Team sehr gut funktionieren kann. Kone Behringer legte viel Wert auf Standardsituationen und optimale Trainingssteuerung. Ich bin daher sehr froh und jedem Einzelnen dankbar, dass ich gute und doch unterschiedliche Trainertypen in meiner aktiven Spielerzeit haben durfte.


Hast Du irgendetwas in Deiner Laufbahn bereut?
Grundsätzlich bin ich ein Typ, der seine Entscheidungen gut überlegt und dann auch nicht mehr zurückschaut und bereut. Aber der Abstieg mit dem SVA aus der Bezirksliga im Jahr 2012 nagte schon ein Weilchen an mir. Ich war zum Zeitpunkt der Relegation im lange vorher geplanten Urlaub und mir wurde in der Folgezeit doch das ein oder andere Mal gesagt, dass ich durch meine Anwesenheit und Emotionen das Spiel möglicherweise beeinflussen hätte können.


Gibt es ein Spiel, das Du nie vergessen wirst?
Es gab bei all meinen Vereinen mindestens ein Relegations- oder Endspiel, das man nicht vergisst und an das man sich gut und gerne erinnert. Als ehemaliger Hallencrack möchte ich aber zu dieser Frage kein Spiel nennen, sondern ein Turnier, nämlich den Gewinn der niederbayerischen Hallenmeisterschaft mit dem FC Salzweg im Januar 2017.

2017 setzte sich Wolfgang Schiller (rechts) mit dem FC Salzweg die Niederbayerische Hallenkrone auf.
2017 setzte sich Wolfgang Schiller (rechts) mit dem FC Salzweg die Niederbayerische Hallenkrone auf. – Foto: Karin Steinert


Früher war im Fußball alles besser - wie denkst Du über diese heutzutage gerne aufgestellte Behauptung?
Von dieser Behauptung halte ich gar nichts. Das hat man in meiner damaligen Zeit als junger Aktiver auch schon gesagt und ich habe mich immer dagegen gewehrt. Ich würde sagen, heutzutage ist alles bzw. vieles "anders", aber ich finde nicht alles schlecht.


Welche Art der Mannschaftsführung favorisiert Du?
Über den Großteil meiner Trainerjahre war ich Spielertrainer und somit ein Bestandteil der Mannschaft und einer von ihnen. Mein Lebensmotto heißt aus Überzeugung: "wie du mir - so ich dir" und das konnte ich auch als Trainer nicht wegleugnen. Ich denke, in meiner Zeit als Trainer gab es nicht die eine gewisse Art von Führung, sondern es ergab sich alles aus den jeweiligen Situationen und Phasen.


Wie kann Dich ein Spieler auf die Palme bringen können?

Die fehlende Selbstkritik und wenn man sich Fehler nicht eingesteht oder nicht bereit ist, aus Fehlern zu lernen, weil man ständig die Schuld bei anderen sucht.


Gibt es im Profibereich einen Trainer, den Du richtig gut findest?
Markus Weinzierl, da ich ihn aus der Jugend- und Seniorenzeit beim 1. FC Passau persönlich kenne und mich es riesig freut, was er als Trainer erreicht hat - auch wenn er momentan vereinslos ist.


Mit dem SV Aicha vorm Wald musste Schiller zum bislang einzigen Mal einen Abstieg verkraften.
Mit dem SV Aicha vorm Wald musste Schiller zum bislang einzigen Mal einen Abstieg verkraften. – Foto: Michael Wagner

Größte Enttäuschung Deiner Karriere?
Da gab es zwei Sachen, die mich sehr enttäuscht haben. Zum einen in meiner Zeit als Spielertrainer beim SVW im Herbst 2006 das sogenannte "Eichelsolo von Wildenranna", das am grünen Tisch für verloren gewertet wurde. Das Heimspiel gegen Oberdiendorf wurde beim Stand von 2:2 in der 86. Minute ohne nachvollziehbaren Grund für uns Spieler plötzlich abgebrochen, da der Linienrichter anscheinend durch Eicheln beworfen wurde und sich dadurch bedroht gefühlt hatte. Nach diesem komischen Urteil fanden wir im Frühjahr nicht mehr in die Spur und mussten so mit Freyung und Oberdiendorf um einen Abstiegs- sowie den Relegationsplatz rittern. Letztlich haben wir den Klassenerhalt über die Relegation geschafft und alles war gut. Trotzdem hat mich das damals dermaßen geärgert und ich kam mir so verarscht vor, dass ich sogar kurz überlegte, mit dem Fußball aufzuhören. Sehr enttäuschend war auch der Abstieg mit Aicha im Jahr 2012 aus der Bezirksliga. Ich habe meinen Heimatverein am zehnten Spieltag mit sieben Punkten übernommen, aber die Truppe hat in der Folge einen total beeindruckenden Charakter gezeigt und wir erreichten bis zum Saisonende tolle 39 Punkte. Dennoch reichte es am Ende "nur" zu Tabellenplatz elf und wir mussten in die Relegation. Ein 3:1-Sieg gegen Untermitterdorf reichte nicht und im zweiten Spiel haben wir dann gegen den SV Landshut-Müncherau 0:3 verloren, was den einzigen Abstieg meiner Karriere bedeutete.


Was hältst Du von dem Trend, dass immer mehr Vereine auf sehr junge Spielertrainer setzen?
Da weiß ich ehrlich gesagt nicht, was ich davon halten soll. Zum einen ist es nicht wichtig, wie alt ein Trainer ist, sondern ob er in ganzen jungen Jahren schon ein Trainer bzw. Spielertrainer sein kann. Zum anderen bin ich aber auch der Meinung, dass jeder, der Trainer sein möchte - vor allem junge Übungsleiter - zuerst mal eine Ausbildung machen sollten. Denn wenn man schon als junger Trainer nicht auf Erfahrung aus der aktiven Zeit zurückblicken kann, sollte man zumindest theoretisch Bescheid wissen.



Zur Person:
Wolfgang Schiller hatte seine erste Station als Spielertrainer beim DJK-SV Kirchberg vorm Wald, den er 2003 übernahm und im zweiten Jahr über die Relegation in die Kreisliga führte. Mit diesem Erfolg verabschiedete er sich allerdings und coachte in den beiden Folgejahren den SV Wildenranna in der Bezirksliga Ost. 2007 zog der Aichaer dann weiter zum Kreisklassisten FC Tittling, mit dem er auf Anhieb über die Relegation in die Kreisliga aufstieg und zwei Jahre später dort sogar die Meisterschaft und den Bezirksligaaufstieg feierte. Nach vier überaus erfolgreichen Spielzeiten verabschiedete sich Schiller mit dem Klassenerhalt aus dem Dreiburgenland und beendete seine aktive Karriere.

Im September 2011 half er dann seinem kriselnden Heimatverein SV Aicha vorm Wald in einer schwierigen Situation als Trainer aus, konnte jedoch trotz eines starken Aufschwungs den Abstieg in die Kreisliga über die Relegation nicht mehr vermeiden. Schiller blieb noch eine weitere Saison als Übungsleiter und betreute danach ein Jahr lang die U15 des SVA. 2015 übernahm er den Bezirksligisten FC Salzweg, mit dem er 2017 mit dem Totopokalsieg im Kreis Passau und dem Gewinn der Niederbayerischen Hallenmeisterschaft zwei großartige Erfolge feierte.

Bei der Bayerischen Hallenmeisterschaft 2017 schaffte es Schiller mit dem FC Salzweg bis ins Halbfinale.
Bei der Bayerischen Hallenmeisterschaft 2017 schaffte es Schiller mit dem FC Salzweg bis ins Halbfinale. – Foto: Wolfgang Zink

Aufrufe: 019.6.2020, 12:30 Uhr
Tobias WittenzellnerAutor