2024-04-16T09:15:35.043Z

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Dergah (schwarz) gegen Schwabach - hier aus dem Hinspiel - beschäftigt den Verband. F: Zink
Dergah (schwarz) gegen Schwabach - hier aus dem Hinspiel - beschäftigt den Verband. F: Zink

Wirbel um SC 04-Partie: Hat Dergah für Neuansetzung bezahlt?

Vorwürfe in anonymer Mail beschäftigen auch den Verband: Vorermittlungen aufgenommen

In einem Schreiben an den ASV Pegnitz erhebt ein anonymer Autor schwere Vorwürfe: Dergahspor soll dem SC 04 Schwabach 1000 Euro bezahlt haben, damit der zum Nachholspiel antritt. Die Vereine sehen das unterschiedlich. Auch den FSV Erlangen-Bruck beeinflusste das im Titelkampf.
Verdächtige Zahlungen oder ganz normales Geschäftsgebaren im Amateurfußball? Auch zwei Wochen nach Ende der Landesliga-Saison sorgt das zunächst ausgefallene, dann für Schwabach gewertete und letztlich doch noch ausgetragene Punktspiel zwischen dem SC 04 und Dergahspor Nürnberg für Schlagzeilen. Dergahspor soll sich, wie mehrere voneinander unabhängige Quellen behaupten, mit insgesamt 1000 Euro das Schwabacher Wohlwollen zu einer Neuansetzung des Spiels erkauft haben.

Schwabachs Fußball-Abteilungsleiter Norbert Hammer dementiert: „Gekauft wurde gar nichts.“ Der Funktionär räumt allerdings ein, dass Dergah einen Teil der Kosten, die der Spielausfall und die Neuansetzung auf Schwabacher Seite verursacht haben, übernommen hat. „Das ist dann als Spende in die Mannschaftskasse geflossen.“ Dergahspors Trainer Muarrem Demir wiederum will auf Nachfrage von Zahlungen an Schwabach überhaupt nichts wissen. „Ich habe von diesen Gerüchten auch gehört“, sagt er. „Aber sie stimmen nicht.“ Doch die Gerüchte halten sich weiter - auch zwei Schwabacher Spieler bestätigen diese unabhängig von einander. Der Großteil der SC04-Mannschaft sei gegen das Nachholspiel gewesen, Trainer Alexander Maul ebenfalls. Doch dann habe die Abteilungsleitung signalisiert, dass ein Nachholspiel auch für die Mannschaft seinen Reiz hätte: „Uns wurde gesagt, dass dann eine ordentliche Summe für den Abschlussabend zusammenkommen würde, weil Dergahspor in die Mannschaftskasse einzahlt“, sagt einer der beiden Spieler. Konkret sei von 500 Euro die Rede gewesen, den gleichen Betrag würde der Hauptverein einstreichen - macht zusammen 1000 Euro.

Dass genau diese Summe geflossen ist, haben sie auch beim ASV Pegnitz gehört, beziehungsweise gelesen. Nach Informationen der Nordbayerischen Nachrichten erhielt der Verein eine Mail von einem anonymen Verfasser. Der Absender behauptete darin, dass Dergahspor den Schwabachern 1000 Euro bezahlt hat, damit das Spiel stattfindet. Gleichzeitig bot der Verfasser an, einen Beobachter zum letzten Landesliga-Spieltag nach Nürnberg zu schicken, um zu kontrollieren, ob bei der Begegnung TSV Buch gegen Dergahspor alles mit rechten Dingen zugeht.

Der ASV lehnte ab, gab die Mail aber an das Sportgericht des Bayerischen Fußballverbandes (BFV) weiter und bat um Prüfung der erhobenen Vorwürfe. Steffen Weihrich, Sportlicher Leiter der Pegnitzer, möchte weder den Erhalt der Mail noch deren Weitergabe kommentieren: „Für uns zählt, dass wir über die Relegation noch den Klassenerhalt schaffen. Alles andere interessiert uns momentan nicht, wir äußern uns auch nicht dazu.“ Wer auch immer der Verfasser der Mail war: Er hat auch beim BFV in München für Bewegung gesorgt. Ein Anwalt des Verbands hat sich bereits bei Dergahspors Trainer Muarrem Demir (und beim SC 04 Schwabach) gemeldet und, wie es am Dienstag vom Verband bestätigt wurde, Vorermittlungen aufgenommen. Doch auch ihm gegenüber versicherte Demir in einer schriftlichen Antwort, dass es keinen Versuch, sich das Wohlwollen der Schwabacher zu erkaufen, und auch keine Zahlungen an den SC 04 Schwabach gab.

Demir will nun denjenigen ausfindig machen, der die Gerüchte verbreitet hat. „Weitere Maßnahmen“ wie eine Anzeige behält er sich vor, „es gibt scheinbar Leute, die mich immer wieder schikanieren wollen“.

Warum das Sportgericht die Partie überhaupt nachholen ließ, haben die Richter immer noch nicht begründet. Auf Anfrage der Erlanger Nachrichten teilt ein Pressesprecher des BFV mit: „Voraussichtlich wird sich das Verbands-Sportgericht (VSG) dem Fall diese Woche annehmen.“ Ursprünglich sollte die Urteilsbegründung bereits am Mittwoch vor zwei Wochen den Vereinen der Landesliga Nordost zugestellt werden. Die Öffentlichkeit wird der Verband dagegen nicht informieren: Aus Sicht des BFV liegt kein besonderes öffentliches Interesse vor - an einem Fall, der vor über einem Monat begann.

Das für den Abend des 5. Mai angesetzte Spiel war vom Fußballverband kurzfristig am Nachmittag abgesetzt worden. Grund: Dergahspor hatte die jährliche Bestandsmeldung an den Bayerischen Landessportverband (BLSV) nicht abgegeben und offenbar auch diverse Mahnungen ignoriert. Die Meldung hatten sie zwar dann doch noch nachgeholt, allerdings kam die Wiederaufnahmegebühr von 200 Euro zu spät beim Landessportverband an. Ohne Geld keine Wiederaufnahme, ohne Wiederaufnahme kein Versicherungsschutz, ohne Versicherungsschutz kein Spiel. Der SC 04 hatte sich wenig später dazu bereit erklärt, die Partie kurzfristig nachzuholen.

Gegenüber dem Schwabacher Tagblatt zeichnet der SC 04 dieses Bild: Trainer Alexander Maul war eher dagegen, die Mannschaft war gespalten, aber die Abteilungsleitung eher dafür. Doch die signalisierte Bereitschaft war ab dem Zeitpunkt wertlos, als das Sportgericht den SC 04 am grünen Tisch zum Sieger erklärte – in solchen Fällen eine übliche Vorgehensweise. Dergahspor - aus Sicht der gegen den Abstieg kämpfenden Nürnberger verständlich – legte gegen die Entscheidung Protest ein und hatte auch einige plausible Gründe für die vergessene Meldung und die verspätete Zahlung der Wiederanmeldung parat: Beim Umzug der Geschäftsstelle sei wohl einiges durcheinandergeraten. Und die 200 Euro hätten am Tag des Spiels ja eine abenteuerliche Reise hingelegt. Es soll sich ungefähr so zugetragen haben: Weil die Dergah-Verantwortlichen wohl schon geahnt hatten, dass es mit einer Überweisung knapp werden könnte, schickten sie einen Boten mit 200 Euro Bargeld nach München. In der BLSV-Geschäftsstelle wollte man das Geld aber mangels einer Bargeld- Kasse nicht annehmen. Stattdessen wurde der Bote zu einer nahen Bank beordert. Dort wiederum wollte man das Geld nicht via Blitzüberweisung dem BLSV gutschreiben, weil Dergahspor in München logischerweise kein Konto hatte. Als man daraufhin von Nürnberg aus versuchte, den Betrag nach München zu transferieren, war es zu spät. Ein Kabinettstück mit Slapstick-Charakter.

Wie dem auch sei: Die Sportrichter des Bayerischen Fußballverbandes gaben dem Einspruch von Dergahspor statt und setzten das Spiel in Schwabach neu für den Donnerstag, 18. Mai, 19 Uhr, an. Zwei Tage vor dem Saisonfinale, in dem Schwabach durchaus eine Nebenrolle spielte als Gastgeber von Tabellenführer TSV Kornburg, dem noch der FSV Erlangen-Bruck im Nacken saß.

„Natürlich fanden wir das nicht fair, dass eine Mannschaft in dieser Phase drei Spiele an zwei Tagen absolviert“, sagt Normann Wagner, der Trainer der Brucker, den Erlanger Nachrichten. So erwartete ein direkter Konkurrent im Aufstiegskampf ja eine Schwabacher Mannschaft, der eine Partie vom Donnerstag in den Knochen steckte. „Der Verband hätte dieses Spiel wenigstens auf den Dienstag legen können“, findet Wagner. Die Brucker sahen aber von einem offiziellen Einspruch ab – Wagner schickte aber ein persönliches Schreiben an den Landesliga-Spielleiter des BFV, in dem er seinen Unmut kund tat. „Jetzt kann es uns egal sein, wir sind über die Relegation aufgestiegen.“ In dieser recht turbulenten Zeit aber, so bestätigten es die beiden Spieler des SC 04 Schwabach, soll sich Dergahspor mit insgesamt 1000 Euro für die Schwabacher Bereitschaft erkenntlich gezeigt haben, das Spiel auf sportlichem Weg auszutragen. Schwabachs Abteilungsleiter Norbert Hammer räumt ein, dass Geld geflossen ist. Aber es sei darum gegangen, einen Teil der Schwabacher Ausgaben des ausgefallenen Spiels zu begleichen. „Wir mussten das bereits gedruckte Stadionheft einstampfen, wir mussten eingekaufte Nahrungsmittel vernichten, wir mussten doppelt Kilometergeld zahlen.“ Allerdings: Dergahspors ungewöhnliche Sonderausgabe, die deren Trainer gegenüber den Nürnberger Nachrichten dementiert, war doppelt für die Katz. Erstens hätte (und hat ja dann auch) das Spiel nach der Entscheidung der Sportrichter ohnehin stattgefunden. „Das lag doch gar nicht mehr in unserem Ermessen“, sagt Schwabachs Norbert Hammer. Und zweitens ließ sich der SC 04 auf dem Platz nicht lumpen, schlug den angeblich finanziell freigiebigen Gast aus Nürnberg 2:1 und ließ damit den Gegner einen weiteren Schritt in Richtung Direktabstieg machen, der dann am letzten Spieltag beim Auswärtsspiel in Buch auch Realität wurde. „Wäre vor dem Spiel in Schwabach Geld geflossen, hätten wir das Spiel bestimmt nicht verloren“, sagt Demir.

Bleibt noch zu klären, wer den Stein überhaupt erst ins Rollen gebracht hat. Wer hat ein Interesse daran, dass Dergahspors Image so kurz vor der Namensänderung hin zu „Türkspor Nürnberg“ noch einen Kratzer bekommt? Wer hat zwei Tage vor dem letzten Landesliga-Spieltag dem ASV Pegnitz die E-Mail geschickt? Die Nachfrage bei einem üblichen Verdächtigen führt ins Leere. „Ich habe keine Mails in dieser Sache verschickt“, sagt Dieter Rebel, ehemaliger Funktionär Dergahspors und aufgrund seines finanziellen Engagements bestens bekannt im Amateurfußball der Region.

Aufrufe: 07.6.2017, 08:01 Uhr
Marcel Staudt / Roland Jainta / Michael FischerAutor