2024-05-17T14:19:24.476Z

Interview
Roman Kassaring plant seine Trainingsinhalte auch während der Pandemie akribisch.
Roman Kassaring plant seine Trainingsinhalte auch während der Pandemie akribisch. – Foto: Patrick Albertini

"Wir wollen uns Richtung Berlin-Liga Spitze entwickeln"

Roman Kassaring gründete eine Frauen Futsal Mannschaft und entwickelte sein Interesse so weiter. Auch kommende Saison wird er die ambitionierte, engagierte Mannschaft des FC Internationale trainieren. Im Kader stehen auch sehr junge Spielerinnen - im Frauenbereich keine Seltenheit.

Roman, frühzeitig, schon Ende Januar, hast du deinen „Vertrag“ als Trainer der 1. Frauen des FC Internationale verlängert. Was waren die ausschlaggebenden Punkte?
Das hatte mehrere Gründe. Das komplette Umfeld bei Inter, mit deren Werten, Prinzipien und Einstellung, sowie die handelnden Personen, ist einmalig in der Berliner Fußball Szene.
Hinzu kommt eine charakterlich einmalige Mannschaft. Alle Spielerinnen haben einen großen Leistungs- und Lernwillen. Das rundet alles ab und damit war die Entscheidung für mich leicht, den Weg mit diesem Team weiterzugehen.

Wie hat das Team die Nachricht aufgenommen?
Es haben sich alle sehr gefreut über die Entscheidung und es gab einige Dankes-SMS, dass man weiter da ist.

War es der letzte Kontakt zum Team oder seid ihr regelmäßig im Austausch und trainiert auch online?
Wir sind regelmäßig im Kontakt. Seit Beginn des Lockdowns haben wir drei Trainingseinheiten pro Woche online. Solange es möglich ist / war, haben wir 1:1 Trainings unter Einhaltung aller Abstands und Hygienerichtlinien mit den Spielerinnen durchgeführt.
Hinzu kommen Laufpläne, welche die Spielerinnen über eine App tracken und ich die Fortschritte beobachten kann. Bei den Online-Trainings haben wir immer auch einen Taktikcall. Somit ist der regelmäßige Kontakt zum Team, seit Lockdown 1, nie abgerissen.

Wie hältst du, wie hält das Team die Motivation trotz der aussichtslosen Situation so hoch?
Gerade die regelmäßigen Treffen, auch wenn nur online helfen dabei ungemein. Dazu gab es immer schon ein großen Teamspirit. Alle wollen die Zeit bestmöglich nutzen, um fit zu bleiben. Mit Virtuell Runs und Challenges, bringen wir immer wieder mal Abwechslung rein.

Trotzdem wollen alle sicherlich zurück auf den Platz. Zweikämpfe, Passspiel, Torschüsse und auch mal ein Spiel. Wie sehr fehlt auch das Beisammensein?
Natürlich fehlt das Mannschaftstraining sehr, jede Spielerin kann es kaum erwarten, dass es am Platz wieder losgeht und man sich wiedersieht.

Wie nutzt du die „freie“ Zeit? Gibt es Fort- und Weiterbildungen oder neue Trainingsübungen, die es einzustudieren gibt?
Wir hatten vereinsintern einige Trainer-Zusammenkünfte online, wo man sich gegenseitig ausgetauscht hat, was man alles machen kann oder die anderen machen. Ich selbst habe einige Online-Webinare besucht. Für einen Restart wäre ich schon sehr gut gerüstet, da ich Trainingspläne für alle möglichen Szenarien erstellt habe. Ebenso sehr viel Taktisches, welches wir jede Woche am Sonntagabend online mit dem Team an der virtuellen Taktiktafel durchgehen und aufzeichnen. So kann sich das jede Spielerin, immer wieder mal ansehen und wieder auffrischen.

Möchte man auch versuchen, sich durch ein Zusammenspiel des leidenschaftlichen Einsatzes der Frauen, nie abreißendem Training während des Lockdown und deiner akribische Vorbereitung dauerhaft in der Spitze der Berlin-Liga festzusetzen?
Klar haben der Verein und ich Ambitionen und Ziele. Bei den ersten Frauen ist der Leistungsfußball, wie dieser, im Rahmen der Möglichkeiten. Gerade die jetzige schwierige Zeit, kann ein Riesen-Vorteil und Chance sein, wenn man sich für sein Team engagiert und Leidenschaft zeigt. Und um deine Frage konkret zu beantworten, ja wir wollen uns Richtung Berlin-Liga Spitze entwickeln.

Das sah ja in den ersten beiden Spielen von den Ergebnissen her, im Gegensatz zu deiner Debütsaison, recht ordentlich aus. Hattet ihr auch damals schon fleißig gearbeitet oder gab es auch qualitative Neuzugänge?
Gerade zu Beginn der ersten Saison, mussten wir viele Ausfälle (Verletzte, Auslandsstudium, etc.) verkraften und mit vielen frisch zu den Frauen hochgekommen B-Juniorinnen an den Start gehen. In dieser Zeit haben genau diese Spielerinnen viel gelernt und sich mit harter Arbeit entwickelt, wie z. B. eine Lucy Freiin-Grote, die mittlerweile zu einer sehr wichtigen Spielerin erwachsen ist. Hinzu kamen Neuzugänge wie unsere Torhüterin Charlotte und offensiv Kelly, beide wurden zu wichtigen Faktoren in unserem Spiel. Im damaligen Winter kamen auch Sally Schwedler und Vanessa Fiedler zu uns, die sich beide aber leider kurz hintereinander einen Kreuzbandriss zuzogen. Beide können den Unterschied ausmachen. Dennoch funktioniert die Mannschaft aber über deren Kern, Spielerinnen die schon lange bei Inter sind und mit deren blau Schwarzen Blut, Herz und Leidenschaft alle mitreißen.

Wie kann es sein, dass im Frauenfußball B-Juniorinnen direkt in den Frauenbereich aufsteigen?
Das liegt daran, dass es in Berlin keinen Spielbetrieb für A-Juniorinnen gibt. Somit „müssen“ die älteren B-Juniorinnen, direkt in den Frauenbereich. Dass es diesen A-Juniorinnen Spielbetrieb nicht gibt, hat meiner Meinung nach viele Gründe. Der essentiellste liegt aber wohl daran, dass viele Vereine aufgrund des überschaubaren Interesse an Spielerinnen im Juniorinnen bereich, diese Spielerinnen gleich direkt bei den Erwachsenen benötigt werden für deren Kaderplanung. Aber es gibt eine A-Juniorinnen BFV-Auswahl – zumindest etwas.

Schafft man es so Spielerin besser an den Sport zu binden, oder sind die Mädchen generell noch zu jung? Also ist es eher ein Vor- oder Nachteil?
Analog bei den Junioren ist der Absprung von Juniorinnen ab der B sehr hoch. Viele orientieren sich neu oder wollen sich auf Schule oder andere Interessen konzentrieren. Generell wäre für deren fußballerische Ausbildung natürlich ein weiteres Jahr im Juniorinnen Bereich förderlich, aber die Integration direkt in den Erwachsenen Bereich funktioniert mit dem richtigen Team richtig gut. Bei uns sind das richtig wissbegierige und motivierte Spielerinnen. Trainerherz was willst du mehr.

Wie kann man es schaffen, mehr Mädchen für den Fußball zu begeistern und generell wieder einen Spielbetrieb für A-Juniorinnen einführen?
Da muss man generell bei der Base anfangen, heißt aktive Arbeit in den Schulen um Mädchen für den Fußball zu begeistern. Es gibt hierzu Projekte, die sich dafür unheimlich engagieren, wie "Alle kicken mit". Ebenso ist das Thema Integration hier ein wesentlicher Faktor. Auch Inter ist hier aktiv, wie z. B. mit dem Schülerclub Oase werden Fußballcamps und Fußballschulen als Kooperationspartner veranstaltet, um allen interessierten Spieler:Innen, unabhängig deren kulturellen Herkunft den Zugang zum Fußball zu ermöglichen. Ebenso haben wir bei Inter Partnerschaften mit Grundschulen.
Traurig aber war, hat auch 2021 der Frauenfußball immer noch nicht das Standing wie dieser es sich verdienen würde. Hier wäre mehr PR durch den DFB sicherlich förderlich sein. Auch das ein oder andere Spiel der Frauen Bundesliga im öffentlich rechtlichen oder privaten Fernsehen würde hier sicher auch helfen, um mehr Mädchen für diesen tollen Sport zu begeistern.

Bist du auch Trainer bei den Frauen, um dem Sport einen höheren Stellenwert zu verschaffen, oder ist eigentlich nur das Trainerdasein dein Hauptaugenmerk?
Ich will mit meinem Wissen und Erfahrung, mein Team unterstützen und entwickeln. Dafür gibt es soviel Dankbarkeit aus dem Team, dass es riesig Spaß macht mit den Spielerinnen zu arbeiten. Wenn ich es mit meiner Arbeit damit noch schaffe, dem regionalen Frauenfußball zu mehr Stellenwert verhelfen, dann ist mein vollumfängliches Engagement, für diese jede Woche hart arbeitenden Spielerinnen genau richtig eingesetzt.

Was hat dich generell zum Frauenfußball gezogen? Vorher warst du ja in Futsal-Bereich ziemlich aktiv – warum wieder Feldfußball?
Im Futsal habe ich in kurzer Zeit dank einer überragender Mannschaft alles erreicht, dass man erreichen kann in dieser Stadt (Berliner Meister und Pokalsieger, Aufstieg in die Regionalliga).
Mit BLN CTY Futsal, habe ich mit Steffen Behlke damals eine erste Frauen-Futsal Mannschaft mit spezifischen Futsal Training ins Leben gerufen. Da begann es mit meinem großen Interesse im Frauenbereich weiterzuarbeiten. Der 11er Fußball hat mich generell als „neue“ Herausforderung wieder gereizt. Das alles zusammen, neue Wege gehen zu wollen, auszubilden und zu unterstützen, brachte mich zur Entscheidung, zurück aufs Feld und das im Frauenbereich.

Aufrufe: 03.4.2021, 16:03 Uhr
Marcel PetersAutor