2024-05-22T11:15:19.621Z

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Werner Hülsberg (2.v.l.) und Hans Beer (r.) inmitten der Spieler Steffen Heide, Andreas Schlapak und Antonio Coppola (v.l.). Foto: N. Kleinjung
Werner Hülsberg (2.v.l.) und Hans Beer (r.) inmitten der Spieler Steffen Heide, Andreas Schlapak und Antonio Coppola (v.l.). Foto: N. Kleinjung

"Wir waren nicht mehr konkurrenzfähig"

Interview der Woche mit Werner Hülsberg und Hans Beer von den Fußballern des SV Hermesdorf

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Zu Beginn des Jahrtausends gehörte der SV Hermesdorf noch zu den Topadressen im oberbergischen Fußball. Aktuell grüßt der Club von ganz unten aus der Kreisliga D. Björn Lange sprach mit dem 2. Vorsitzenden Werner Hülsberg und Geschäftsführer Hans Beer über die aktuelle Situation und die Vergangenheit.

Sie begleiten den SV Hermesdorf seit weit mehr als 30 Jahren in unterschiedlichen Positionen. Wie ist der aktuelle Stand?

Werner Hülsberg: Ich war Spieler, Trainer, Betreuer, Obmann und bin jetzt schon länger 2. Vorsitzender. Es gab leichtere, aber auch schwerere Zeiten. Aktuell haben wir wieder eine stabile Mannschaft beisammen und sind dabei, den Jugendbereich wieder aufzubauen. Die Quantität an Spielern im direkten Umfeld ist vorhanden. Wenn ich hier rausgehe und einmal laut pfeife, müssten eigentlich genügend Jungs angerannt kommen.

Und was sagt der Geschäftsführer dazu?

Hans Beer: Wir sind finanziell gesund. Das ist schon einmal wichtig. Aktuell haben wir nur eine D-Jugendmannschaft im Spielbetrieb. Da liegt unser Hauptaugenmerk. Gemeinsam mit meinem Sohn Dominic und Jugendtrainer Steffen Heide sind wir dabei, ab der kommenden Saison wieder mehrere Jahrgänge zu besetzen. Aus unserer Jugend sind in den letzten Jahrzehnten so viele starke Fußballer hervorgegangen. Das ist fast so etwas wie das Who is Who des oberbergischen Fußballs.

Wir blicken rund 20 Jahre zurück. Damals wurde in Hermesdorf noch ein ambitionierterer Fußball gespielt.

Hülsberg: Das ist richtig. Wir hatten damals mit Stephan Koch, Volker und Jörg Schlechtriem, Zoran Rados, Oliver und Benjamin Trampenau, Thorsten Lehrke, Kai Studier, Maik Schrade und Kai Klemmer einen sehr guten Stamm an Hermesdorfer Jungs. Diesen Spielern wollten wir als Vorstand die Möglichkeit bieten, um den Aufstieg in die Bezirksliga zu spielen.

Was natürlich Geld kostete?

Hülsberg: Sicher, aber wir haben nie verrückte Dinge gemacht oder über unsere Verhältnisse gelebt. Wir haben gezielt auswärtige Akteure geholt, und diese Spieler kommen nun einmal nicht umsonst. Aber unsere eigenen Jungs wollten ja auch ambitioniert Fußball spielen. Zur Finanzierung hatten wir einen sehr solventen Förderkreis, und am Ende haben wir ja auch fünf Jahre in der Bezirksliga gespielt.

Beer: Das war eine großartige Zeit. In den Derbys gegen Waldbröl oder Bröltal hatten wir bis zu 1000 Zuschauer am Platz. Viele der besten Spieler Oberbergs haben seinerzeit im Südkreis gekickt, und der RS 19 konnte fünf Jahre lang nicht in Hermesdorf gewinnen.

Es folgten 2006 der Abstieg und der Aderlass.

Hülsberg: Nach dem Abstieg in die Kreisliga A haben uns viele der auswärtigen Spieler verlassen. Es gab aber keinen freien Fall wie bei anderen Clubs. Bis zum Jahre 2014 konnten wir uns immerhin noch in der Kreisliga B halten, aber in dieser Phase waren die grundlegenden Probleme schon deutlich sichtbar.

Da ist das Jahr 2009 zu nennen und das Konjunkturpaket II der Bundesregierung, dass die umliegenden Clubs zum Bau von Kunstrasenplätzen genutzt haben.

Hülsberg: Zweifellos. Wir haben den Zuschuss genutzt, um einen Soccerplatz zu errichten, die Decke des Ascheplatzes zu erneuern und unser Clubheim komplett zu sanieren. Wir haben uns damals bewusst gegen den Kunstrasenbau entschieden.

War das im Nachhinein ein Fehler?

Hülsberg: Ja und nein. Alles hier ist Vereinseigentum. Sprich: Wir müssen jede Rechnung selber tragen und können das auch. Die Unterhaltung eines Kunstrasenplatzes mit den zusätzlichen laufenden Kosten hätte den finanziellen Rahmen gesprengt. Auf der anderen Seite ist unser Jugendbereich auf Asche in dieser Phase komplett weggebrochen, bis wir keine einzige Mannschaft mehr hatten. Zuvor konnten wir sogar zu Kreisliga-B-Zeiten noch alle Jahrgänge durchgehend besetzen. Diese Entwicklung habe ich so gravierend nicht vorhergesehen. Wir waren plötzlich nicht mehr konkurrenzfähig.

Der Anfang vom Ende also, und im Jahre 2016 stand dann auf einmal sogar der komplette Spielbetrieb des Vereins auf der Kippe.

Hülsberg: Das ist korrekt. Nach dem Abstieg in die Kreisliga D hatten wir noch vier, fünf Spieler hier. Mit vereinten Kräften und mit Hilfe unseres Ehrenvorsitzenden Udo Eschmann konnten wir im letzten Moment das Schlimmste abwenden. Shpetim Ajdari kam als Spielertrainer, und gemeinsam mit Ex-Spielern wie Veton Ajvazi oder Paul Wall konnten wir wieder ein Team an den Start bringen, das nun – knapp zwei Jahre später – gute Chancen auf den Aufstieg in die Kreisliga C hat.

Beer: Wenn wir das schaffen und uns dann längerfristig in der C-Klasse halten können, sind wir mehr als zufrieden. Mehr ist für einen kleinen Dorfverein wie den SV Hermesdorf nicht möglich. Wir würden gegen Teams wie Homburg-Bröltal, Reichshof, Hochwald oder Wallerhausen spielen. Das wäre eine schöne Sache, aber auch dafür benötigen wir den Unterbau im Nachwuchsbereich.

Und Leute, die auch außerhalb des Platzes Verantwortung übernehmen.

Hülsberg: Genau da drückt doch der Schuh. Wenn von den zehn Namen, die ich eben genannt habe, nur die Hälfte heute im Verein in irgendeiner Funktion tätig wäre, ständen wir anders da. Das ist aber aus privaten oder beruflichen Gründen nicht möglich. Volker und Jörg Schlechtriem haben uns allerdings ganz aktuell eine sehr hochwertige Komplettausstattung für unsere Spieler gesponsert. Dafür sind wir sehr dankbar – und an dieser Aktion hatten dann auch wir Alten wieder Spaß (lacht).

Und darum geht es ja letztlich auch in so einem Vereinsleben, oder?

Hülsberg: Korrekt. Wir sind immer in der Lage, unsere Jungs zu Spießbraten und Getränken einzuladen und einen schönen Tag zu verbringen. Seit 25 Jahren binden wir die Flüchtlinge aus unserer Hermesdorfer Unterkunft in den Verein ein, helfen ihnen im privaten Bereich, ohne es an die große Glocke zu hängen. Darüber hinaus kann bei uns jeder Spieler jederzeit auf dem Platz kicken, während die Kunstrasenplätze in der Umgebung verschlossen sind. Das ist allerdings teilweise mehr Fluch als Segen, denn wir haben große Probleme mit dem stetigen Vandalismus. Das gab es in dieser Form bis vor einigen Jahren überhaupt nicht. Solche Vorfälle können einen dann ganz ehrlich zermürben und einem die Freude nehmen.

Aufrufe: 021.4.2018, 10:37 Uhr
OVZ/Björn LangeAutor