2024-05-22T11:15:19.621Z

Allgemeines
– Foto: Sascha Köppen

„Wir müssen alle immer 100 Prozent abrufen“

Vor der Partie des FC Wegberg-Beeck gegen den 1. FC Köln II spricht der Sportliche Leiter Friedel Henßen über die bisherige Saison

REGIONALLIGA WEST

Seit sieben Spielen ist der FC Wegberg-Beeck in der Fußball-Regionalliga ungeschlagen. Zuletzt sicherte sich der Aufsteiger einen Zähler beim Top-Team Fortuna Köln (2:2). Dabei überzeugte die Mannschaft nicht nur kämpferisch, sondern auch spielerisch. Über die Gründe für die bislang starken Auftritte der Kleeblätter sowie die spezielle Saison unter erschwerten Bedingungen sprach Lars Brepols mit dem Sportlichen Leiter und neuen Hygienebeauftragten des Vereins, Friedel Henßen.

Herr Henßen, wie war die Stimmung im Bus nach dem 2:2 bei Fortuna Köln?

Henßen: Die war soweit ganz gut, aber wir hatten alle irgendwie gemischte Gefühle. Aufgrund des Gegentreffers in der Nachspielzeit ist man halt nicht hocherfreut. Die Fortuna hatte nach dem 2:2 eine weitere Torchance, daher war das Ergebnis unter dem Strich schon in Ordnung. Dennoch ist die Stimmung anders, wenn du den Sieg über die Zeit bringst.

Festzuhalten bleibt aber: Der FC Wegberg-Beeck ist jetzt seit sieben Spielen ungeschlagen. Hätten Sie das vor der Saison für möglich gehalten?

Henßen: Eher nicht. Wir sind ganz zuversichtlich in die Saison gestartet und haben gesagt, dass wir eine gute Rolle spielen wollen und die Klasse so halten könnten. Dass wir aber sieben Spiele in Folge ungeschlagen bleiben, das hätte sich niemand auch nur in den kühnsten Träumen vorstellen können.

Wie würden Sie die Stimmung im Verein nach diesem beeindruckenden Auftakt beschreiben?

Henßen: Durch Corona ist natürlich alles etwas anders, die Stimmung entsprechend gedrückt. Dass wir momentan ohne Zuschauer spielen müssen, macht alles noch ein bisschen schwieriger. Sportlich sieht die Lage etwas anders aus: Wir sind zwar nicht ganz so gut in die Saison gestartet, mit der derzeitigen Serie sind wir aber sehr zufrieden.

Was zeichnet die Beecker Mannschaft aus?

Henßen: Es sind mehrere Faktoren. Zum einen ist es für uns sehr wichtig, dass alle mitziehen, also auch der Staff und das Umfeld. Wir müssen alle immer 100 Prozent abrufen, sonst bekommen wir ein Problem. Zum anderen haben wir einen guten und breiten Kader, der mit guten Fußballern und Typen bestückt ist, die einfach zusammenpassen. Wichtig ist für uns aber auch, dass wir die Leidenschaft in jedem Spiel auf den Platz bringen.

Zeit zum Durchatmen hat das Team nicht. Am Mittwoch empfängt Beeck den 1. FC Köln II, am Samstag geht’s zum Auswärtsspiel bei Preußen Münster. Was ist für den Aufsteiger drin?

Henßen: Wir bleiben bescheiden, sind ganz sicher nicht der Favorit, auch wenn wir jetzt sieben Spiele in Folge nicht verloren haben. Ungeachtet dessen haben wir gegen den FC in der Vergangenheit immer gut ausgesehen und spielen zu Hause. Angst brauchen wir ganz bestimmt nicht zu haben. Wir haben größten Respekt, aber auch das Selbstvertrauen zu sagen: Wir wollen auch am Mittwoch etwas holen. Und auf die Partie in Münster freuen wir uns einfach. Soweit ich informiert bin, ist es das erste Mal, dass Beeck in diesem traditionsreichen Stadion ein Pflichtspiel bestreiten wird. Das sind ja genau die Partien in der Regionalliga, auf die du dich als Underdog besonders freust.

Die Regionalliga West wird als Profiliga eingestuft, daher rollt der Ball weiterhin. Alle anderen Regionalligen befinden sich im Lockdown. Halten Sie die Entscheidung der Landesregierung für richtig?

Henßen: Wenn du Fußballer bist, dann willst du immer Fußball spielen. Die Gesundheit steht aber im Vordergrund. Daher begrüße ich es sehr, dass in der Regionalliga jetzt auch Corona-Tests durchgeführt werden, denn so sind wir auf der sicheren Seite. Es ist natürlich äußerst schade, dass wir ohne Zuschauer spielen müssen. Dennoch freuen wir uns als Fußballer, dass wir das Privileg haben, weiterspielen zu dürfen.

Der FC Wegberg-Beeck ist aber kein Proficlub...

Henßen: Nein, auf keinen Fall. Bei uns ist abends um 19 Uhr Training, und für den ein oder anderen wird es dann schon eng, wenn ich ihn vorher noch testen muss, da die Jungs ja direkt von der Arbeit kommen. Bei uns muss jeder seinen Unterhalt anders verdienen, denn das, was die Spieler in Beeck bekommen, wird sicher nicht ausreichen, um davon zu leben.

Die Vereine führen die Corona-Tests in Eigenregie durch. Sie sind jetzt auch noch der Hygienebeauftragte des Clubs. Wie ist es dazu gekommen?

Henßen: Von jedem Verein waren zwei Personen bei der entsprechenden Schulung dabei. Bei uns waren das unser Physiotherapeut Baptist Polman und ich. Da ich bei den Trainings immer als Erster da bin und auch sonst eigentlich immer dabei bin, hat sich das dann einfach so ergeben. Baptist und ich führen gemeinsam die Tests durch.

Zum Start gab es dann direkt einen positiven Befund eines Beecker Spielers. In der Folge wurde der Trainingsbetrieb gestoppt, und das Spiel bei Alemannia Aachen wurde abgesetzt. Am Montag vor einer Woche wurde der Trainingsbetrieb dann wieder aufgenommen. Erklären Sie doch bitte mal kurz, wie das genau abgelaufen ist…

Henßen: Die Tests waren zunächst alle negativ. Bei der letzten Testung war dann schnell klar, dass das Ergebnis anders aussieht. Da haben wir große Augen gemacht. Das ist halt eine komische Geschichte, wenn du zum ersten Mal damit konfrontiert wirst. Um nichts falsch zu machen, haben wir direkt das laufende Training gestoppt. Der Betroffene hat im Anschluss einen PCR-Test gemacht. Als dann Montagmittag das negative Ergebnis kam, waren wir natürlich erleichtert und haben abends den Trainingsbetrieb wieder aufgenommen. Donnerstags vor dem Fortuna-Spiel haben wir dann wieder alle getestet, und alle waren negativ. Daher haben wir aus meiner Sicht die richtigen Entscheidungen getroffen.

Die Vereine müssen die Kosten für die Schnelltests selbst tragen. Über welche Summen sprechen wir da konkret?

Henßen: Grundsätzlich ist es eine einfache Rechnung. Ein Schnelltest kostet uns etwa 12 Euro pro Person. Wir testen die Spieler, den Staff und den engeren Kreis der Leute im Umfeld der Mannschaft. Insgesamt sind das etwa 35 Leute, die wir vor jedem Spiel testen.

Die Kosten belaufen sich also auf 420 Euro pro Spieltag. Zudem muss der Verein auf die Zuschauereinnahmen verzichten. Dennoch hört man kaum Klagen von den Beecker Verantwortlichen. Woran liegt das?

Henßen: Wen will man dafür verantwortlich machen? Es ist ja nicht nur für Beeck eine schwierige Zeit, sondern für alle Vereine und Menschen. Man muss halt versuchen, die beste Lösung für alles zu finden. Es bringt halt nichts, jetzt rumzujammern. Wir haben vor der Saison ein Budget festgelegt, das wir einhalten müssen. Im stillen Kämmerlein schauen wir, wie wir die fehlenden Einnahmen kompensieren können.

Der Verein würde also auch eine komplette Saison ohne Zuschauereinnahmen und mit den zusätzlichen Kosten für die Tests überstehen?

Henßen: Überstehen ja, aber jede wegfallende Einnahme tut uns natürlich weh. Wenn es bis zum Saisonende ohne Zuschauer weitergehen sollte, dann wird es auch für uns sehr schwer. Jammern bringt aber nichts, wir müssen jetzt versuchen, neue Sponsoren zu gewinnen, auch wenn das in diesen Zeiten sehr schwer ist. Aber das gilt für alle anderen Vereine ja auch.

Mit Ihnen als Trainer ist Beeck zweimal direkt wieder aus der Regionalliga abgestiegen. Was glauben Sie, wird der Verein in dieser Saison die Klasse halten?

Henßen: Ich bin guter Dinge, die Mannschaft hat das Potenzial dafür. Wir haben die Erfahrung aus den ersten beiden Jahren, wissen wie die Liga funktioniert. Im Moment sieht es jedenfalls ganz gut aus.

Sollte es am Ende klappen: Ist Michael Burlet dann der bessere Trainer? Oder hat der Sportliche Leiter Friedel Henßen einfach eine schlagkräftigere Mannschaft zusammengestellt?

Henßen: Ach, das ist ganz unkompliziert bei uns. Da stellt sich keiner in den Vordergrund, wir machen das alles zusammen. Das ist viel Arbeit und da brauchst du viele Hände. Und das funktioniert derzeit ganz ordentlich bei uns.

Aufrufe: 025.11.2020, 16:00 Uhr
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