2024-05-15T11:26:56.817Z

Vereinsnachrichten
Super Fußballer, schwieriger Typ: Kushtrim Lushtaku (rechts) wurde nach seiner Attacke gegen Trainer Gökce vom 1. CfR Pforzheim suspendiert. Foto:  PZ-Archiv/Becker
Super Fußballer, schwieriger Typ: Kushtrim Lushtaku (rechts) wurde nach seiner Attacke gegen Trainer Gökce vom 1. CfR Pforzheim suspendiert. Foto: PZ-Archiv/Becker

Wie arbeitet der 1. CfR Pforzheim die Attacke von Kushtrim Lushtaku auf?

Fragen und Antworten zum spektakulären Fußballskandal

Pforzheim. Die Attacke von Kushtrim Lushtaku auf CfR-Trainer Gökhan Gökce am Samstag in der Halbzeitpause des Oberligaspiels 1. CfR Pforzheim gegen den TSV Ilshofen (0:2) sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Kushtrim Lushtaku widerspricht der Aussage, seinen Coach geschlagen zu haben. Nach dem wohl einmaligen Vorfall in der Fußball-Oberliga Baden-Württemberg – wenn nicht sogar im deutschen Fußball – bleiben viele Fragen offen.

Wie konnte es zu der Spieler-Attacke kommen? Was ist Kushtrim Lushtaku für ein Typ? Was passiert nun mit dessen Bruder Kreshnik? Kehrt Gökce auf den Trainerstuhl zurück? Und welche Auswirkung hat das Ganze auf die sportliche Zukunft des CfR? Die PZ beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist am Samstag in der Halbzeitpause beim Spiel des CfR gegen Ilshofen passiert?

Diesbezüglich gibt es zwei Versionen: CfR-Trainer Gökhan Gökce behauptet von Ersatzspieler Kushtrim Lushtaku im Kabinengang zu Boden gedrückt und getreten worden zu sein. Im Krankenhaus wurde später eine starke Rippenprellung diagnostiziert. Kushtrim Lushtaku behauptete derweil gegenüber der PZ, den Trainer nur geschubst, aber nicht geschlagen zu haben. „Ich habe auf niemanden eingeprügelt“, schrieb er auch auf Facebook und kündigte rechtliche Schritte an.

Was ist nun wahr und was nicht?

Die Vereinsverantwortlichen haben keinen Zweifel an Gökces Ausführungen und haben am Sonntag Kushtrim Lushtaku suspendiert, Anzeige erstattet und ein Stadionverbot gegenüber dem 29-jährigen Kosovo-Albaner verhängt. Torsten Heinemann hat die Aktion im Kabinengang nicht gesehen. „Es gab aber viele, die was gesehen haben“, sagt der CfR-Sportvorstand. Gökhan Gökce betonte gegenüber der PZ: „Ich lüge nicht. Die Aktion haben viele gesehen.“ In einer Polizeimeldung von Montag heißt es, dass die genauen Hintergründe, aus denen sich der Streit entwickelte, noch Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen seien. Bekannt sei jedoch bereits, dass der CfR-Coach vom Spieler zu Boden gerissen und mit dem Knie attackiert worden sei.

Kann man Kushtrim Lushtaku solch eine Tat zutrauen?

Der offensive Mittelfeldspieler kam im Oktober 2017 zum CfR. „Wir waren froh, ihn zu haben. Er hat uns in der schwierigen sportlichen Lage geholfen“, verteidigt Heinemann die Verpflichtung des torgefährlichen Kreativspielers. Kushtrim Lushtaku sei eigentlich ein sehr positiver, witziger und vernünftiger Typ. Ein Siegertyp, so Heinemann, der aber auch mal übers Ziel hinausschoss, wenn ihm was nicht passte. Nach PZ-Informationen soll sich der ehemalige Kicker von 1860 München und Fortuna Köln schon in der vergangenen Saison mit einigen Mitspielern angelegt und ihnen gedroht haben, handgreiflich zu werden. Auch die Chemie zwischen dem Spieler und Trainer Gökce soll nicht gepasst haben. Nach einer Auseinandersetzung im Training wurde Kushtrim Lushtaku schon zu einer Geldstrafe verdonnert.

Warum hat der Verein nicht reagiert und den Spieler schon früher rausgeworfen?

„Wir haben an ihn geglaubt, und er war auch immer einsichtig“, erklärt Torsten Heinemann. „Dass es so gipfelt, konnten wir nicht wissen. Schon gar nicht, als wir ihn verpflichtet haben.“

Wird der jüngere Bruder, Kreshnik Lushtaku, weiter für den CfR spielen?

Bis jetzt gibt es keine Anzeichen, dass der 24-jährige Stürmer den Verein verlassen wird. „Wie es mit Kreshnik weitergeht, werden wir in den nächsten Tagen sehen“, sagt Heinemann. Kreshnik und Kushtrim, die beide aus Heilbronn kommen, bildeten stets eine Fahrgemeinschaft. CfR-Chef Markus Geiser nahm sich den Spieler, der am Montagabend da war, aber nicht mittrainierte, für ein Gespräch zur Seite.

Wie reagieren die CfR-Spieler auf den Vorfall?

Sie sind geschockt. Einige haben den Vorfall im Kabinengang hautnah miterlebt. Die Spieler wollen sich dazu aber nicht äußern. „Der Verein soll dazu Stellung nehmen“, sagt Kapitän Dominik Salz. Am Montagabend war Training. Dabei gab es viel zu besprechen, der ganze Vorstand war da – und auch Gökce, auch wenn er das Training nicht leitete.

Wie geht es Gökhan Gökce? Schmeißt der Coach womöglich sogar hin?

„Die Schmerzen sind nicht mehr so stark, ich nehme aber auch Schmerztabletten“, berichtet der Trainer. „Was passiert ist, belastet mich sehr. Momentan weiß ich nicht, ob ich auf den Trainerstuhl zurückkehren werde. Ich habe ein komisches Gefühl und mache mir so meine Gedanken.“ Das erste Training nach der Attacke im Heimspiel sollte Fatih Ceylan leiten. Gökce war ebenfalls im Brötzinger Tal vor Ort, wollte sich mit den Vereinsverantwortlichen besprechen. Torsten Heinemann geht davon aus, dass der Trainer weitermacht. Seiner Meinung nach ist Gökce der richtige Mann für die Multi-Kulti-Truppe. „Er macht das ruhig und gut“, so der CfR-Sportchef.

Welche Auswirkungen hat die mutmaßliche Prügel-Attacke auf die Mannschaft?

Das wird man sehen. Der Kader ist natürlich personell geschwächt, auch wenn Kushtrim Lushtaku derzeit nur Ersatzspieler war. Vielleicht platzt ja gerade durch diesen Vorfall endlich der Knoten beim vor der Runde favorisierten CfR, der in der Oberliga derzeit nur Platz elf belegt.

Spieler attackiert Trainer – gab es solch einen brutalen Ausraster schon mal im Fußball?

Torsten Heinemann meint: „Schon öfters. Nur drang das nie an die Öffentlichkeit durch.“ Dem Badischen Fußballverband sind solche Aktionen nicht bekannt. PZ-Recherchen ergaben jedoch, dass es in der großen weiten Fußballwelt immer wieder mal knallt. So etwa im April diesen Jahres in Boliviens erster Liga: der Brasilianer Thiago dos Santos vom Verein Nacional Potosi rammte nach seiner Auswechslung erst den Trainer brutal zur Seite, den Co-Trainer verfehlte er mit einem Kung-Fu-Tritt nur knapp am Kopf.

Aufrufe: 08.10.2018, 21:47 Uhr
Pforzheimer Zeitung / Dominique JahnAutor