2024-06-17T07:46:28.129Z

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Oldies but Goldies: Die kickenden Routiniers (von links) Stefan Jung, Erdal Gül und Kai Wallauer sind für Gutenbergs Trainer Marco Enkler (rechts) unverzichtbar.  F: Jan Schmidt
Oldies but Goldies: Die kickenden Routiniers (von links) Stefan Jung, Erdal Gül und Kai Wallauer sind für Gutenbergs Trainer Marco Enkler (rechts) unverzichtbar. F: Jan Schmidt

Wenn Opa den Jungspunden davonläuft

Der 55-jährige Dauerbrenner Kai Wallauer führt die ehrgeizige Oldie-Riege des TuS Gutenberg in der A-Klasse an

Gutenberg. Seit einem Vierteljahr geht die kleine Liah auf große Entdeckungstour. Jeden Tag gibt es etwas Neues zu erleben. Und sollte sie demnächst mal in ihrem Kinderwagen einen Abstecher zum Sportplatz des TuS Gutenberg machen, wird sie ihren Opa von einer ganz anderen Seite kennenlernen. Tempowechsel statt Windelwechsel. Kai Wallauer mischt noch immer munter bei den Aktiven der Fußball-A-Klasse mit und führt mit seinen 55 Jahren als „Alterspräsident“ das Gutenberger Haudegen-Quartett an. Wallauer, seine Mitspieler Erdal Gül (46), Stefan Jung (48) und sein manchmal mitspielender Coach Marco Enkler (43 Jahre jung!) bringen es zusammen auf 192 Jahre geballte Erfahrung. Und die bringen sie in der aktuellen Personalnot auf dem Platz ein. „Darüber lachen wir uns immer wieder kaputt“, sagt Trainer Marco Enkler, der einfach nur froh ist, „solche zuverlässigen Leute zu haben. Das ist für uns schon ein großes Glück“.

Die Fußball-DNA und eine vorbildliche Einstellung

Zum Beispiel Kai Wallauer. „Er ist ein echtes Phänomen und Vorbild“, sagt Enkler, „und er ist unfassbar fit.“ Wenn morgens auf Enklers Smartphone eine Nachricht aufpoppt, dann ist das nicht selten der Laufnachweis seines „Dauerbrenners“. Kai Wallauer dreht vor der Arbeit seine Runden. Meistens legt er zehn Kilometer zurück und versucht, sich bei jedem Lauf selbst zu unterbieten. 52 Minuten braucht er für den „Zehner“, den Leistungsnachweis schickt er seinem Coach, „damit er sieht, dass ich an Tagen, an denen ich nicht ins Training kommen kann, trotzdem was mache“. Aber meistens ist der 55-Jährige sowieso im Training, „der spielt sogar mit dickem Fuß, beißt auf die Zähne, quält sich und beim Lauftraining läuft er allen Jungen davon“, sagt Enkler, „er trägt die Fußball-DNA in sich, geht mit einer vorbildhaften Einstellung voraus.“

Mitspieler Eike Rhein bestätigt das sofort. „Junge Spieler können sich eine dicke Scheibe von ihm abschneiden, was Disziplin, Ehrgeiz und Kampfgeist angeht. Wallauers Begeisterung, die er seit seiner Jugend auslebt, sei das Elixier dafür, „dass er sich mit den ganzen Jungspunden ins Getümmel stürzt“. Rhein vergleicht seinen Teamkollegen gerne mit dem Duracellhasen. Einmal angestellt, bleibt er in Bewegung, bis eben Schluss ist. „Es gibt keinen, der so viele Meter macht.“

Aber was heißt hier eigentlich jung und was heißt alt? „Ich fühle mich gar nicht so alt, gefühlte 35 vielleicht“, entgegnet Wallauer mit einem Schmunzeln, „wenn man so viel Zeit mit jungen Menschen verbringt, dann bleibt man irgendwann auch jünger.“

Das Miteinander, sprich das Vereinsleben spielt für den Routinier eine große Rolle. Das treibt ihn an, das macht ihm Spaß. Wallauer hilft, wo er helfen kann. Genauso Jung und Gül. „Wenn du sie brauchst, sind sofort zur Stelle“, sagt Rhein. Enkler ergänzt: „Egal, was ansteht, auf die Jungs ist immer Verlass.“ Momentan sind ihre Dienste meistens auf dem Fußballplatz gefragt und Enkler ist sich sehr wohl bewusst, dass dies das Ergebnis einer insgesamt nicht unbedingt positiven Entwicklung in den vergangenen Jahre sei. „Früher hatte noch jedes Dorf seinen Fußballverein. Man konnte sich vor dem Nachwuchs kaum retten – der dann logischerweise irgendwann seinen Platz bei den Aktiven einforderte“, erinnert sich der Gutenberger Trainer an seine Jugendzeit. Heute gäbe es im Kreis noch eine Handvoll Jugendspielgemeinschaften, das sei eine traurige Entwicklung. Hinzu komme, dass es den jüngeren an Ehrgeiz mangele.

„Beweisen, dass man gegen die Jüngeren bestehen kann“

Für seine Oldies ist das kein Thema. Der nie enden wollende Ehrgeiz verbindet die Vier. „Ich bin fast immer im Training und will auch noch etwas leisten“, bestätigt Erdal Gül. Viele seiner Gegenspieler könnten seine Söhne sein, „da will man schon beweisen, dass man auch gegen die Jüngeren bestehen kann“. Jung geht es nicht anders, gleichwohl gibt er zu denken, „dass es auch immer darauf ankommt, ob man sich mit Verletzungen herumplagen muss oder nicht“. Er selbst hätte erst im Herbst seiner Karriere mit muskulären Problemen zu kämpfen gehabt. „Und da hilft ein guter Physiotherapeut“, scherzt Jung. Eine langwierige Oberschenkelverletzung spüre er aber noch heute. Das Zwicken hier und da hindert die spielenden TuS-Legenden nicht daran, am Sonntag gegen die SG Gräfenbachtal (in Sommerloch) Vollgas zu geben. Enkler weiß: „Für die ist das auch noch ein echtes Derby – viele jüngere kennen das leider gar nicht mehr so.“ Vielleicht wird ja der Opa der kleinen Liah irgendwann einmal davon erzählen.

192 Jahre geballte Erfahrung

Kai Wallauer (55)

Stationen: TSV Hargesheim (bis 2007), TuS Gutenberg (2007-13), TSG Planig (2013-15), Gutenberg (seit 2015)
Erfolge: mehrere Aufstiege in B- und A-Klasse

Stefan Jung (48)

Stationen: SV Schweppenhausen 1989-2009, Gutenberg (seit 2009)
Erfolge: Durchmarsch mit Schweppenhausen von der C-Klasse bis in die Bezirksliga, Meister mit Gutenberg

Erdal Gül (46)

Stationen: SV Ippesheim (bis 1992), TuS Gutenberg (seit 1992)
Erfolge:
Fünf Meisterschaften mit Ippesheim und Gutenberg

Marco Enkler (43)

Stationen: TuS Waldböckelheim (1998-2009), TuS Gutenberg (seit 2009)
Erfolge: Als Trainer B-Klassen-Meister mit dem TuS Gutenberg

Aufrufe: 016.11.2018, 09:00 Uhr
Henning Kunz und Jan SchmidtAutor