"Als ich zum Sportgelände kam, wurde ich sofort gefragt, ob nicht pfeifen könne", erinnert sich Fink. Der eigentlich eingeteilte Schiedsrichter konnte wegen eines Unfalls nicht im Eckentaler Ortsteil erscheinen, eine Vertretung war nicht verfügbar. "Wir hatten am vergangenen Wochenende, als erstmals auch alle Jugendligen im Einsatz waren, extreme Schiri-Knappheit und konnten auch sieben weitere B-Klassenpartien nicht besetzen", erläutert der Erlangen-Pegnitzgrunder Schiri-Obmann Stefan Stadelmann.
In Büg, wo sich mit dem heimischen SF-FC und den Achteltalern die einzigen beiden Erstvertretungen in der mit Reserven gespickten B-Klasse 5 gegenüberstehen sollten, stand die Partie deshalb kurz vor der Absage. "Unter den wenigen frühzeitig Anwesenden war keiner dabei, der das Spiel hätte pfeifen können. Und auch telefonisch konnten wir keinen erreichen", erinnert sich der Büger Spielleiter Michael Fürsattel. Da jedoch bereits einige Zuschauer da und die Mannschaften spielbereit waren, zögerte man die Absage noch hinaus. "Und dann kam Siegfried Fink. Da war klar, dass wir ihn fragen mussten."
Der Vater eines diesmal nicht mitwirkenden Büger Spielers kennt sich nämlich aus im Umgang mit der Pfeife. Fast 20 Jahre hat er früher für die SR-Gruppe Fränkische Schweiz Spiele bis hinauf zur Bezirksliga geleitet, dann jedoch aufgrund der beruflichen und privaten Belastung (zwei Kinder) die schwarzen Klamotten an den Nagel gehängt. Am Sonntag aber, da erklärte er sich bereit, ein gleichsam unerwartetes wie kurzfristiges Comeback zu feiern. Umgehend fuhr er in seinen Wohnort Frohnhof, um sich einzukleiden. "Die Schiedsrichter-Klamotten von einst passten nicht mehr, aber heutzutage kann man ja in jeder Farbe pfeifen", schwerzt Fink. In der Champions League wurden die in Grautönen gehaltenen Outfits der Referees ja jüngst mit Schlafanzügen verglichen, dagegen war es dann fast nichts Besonderes mehr, dass der Büger Aushilfsschiri spontan zu weißer Hose und Regenjacke griff.
"Wir sind sehr froh, dass er das gemacht hat", sagt Spielleiter Fürsattel trotz der 2:4-Niederlage seiner Mannschaft. Die Alternative wäre nicht besser gewesen: Bei einer Absage hätten die Büger, die einige Schichtarbeiter in ihren Reihen haben, wahrscheinlich unter der Woche mit einer personellen Notelf antreten müssen.
Das generelle Problem der Schiri-Knappheit freilich kann auch ein kurzfristig einspringender Ex-Schiri nicht lösen. "Die bereits seit Jahren vorherrschenden Probleme haben sich in letzter Zeit noch erhöht", berichtet SR-Einteiler Stadelmann. Einige ältere Kollegen hätten gesundheitsbedingt aufgehört, andere aufgrund der Mehrarbeit durch den Elektronischen Spielberichtsbogen (ESB). "Viele Schiedsrichter müssten zurzeit drei bis viermal pro Woche und manche sogar zweimal am gleichen Tag ran."
Beim jüngst begonnen Neulingslehrgang gebe es zwar rund zehn Teilnehmer, allerdings seien viele noch jugendlich und könnten nicht sofort zu Erwachsenenspielen geschickt werden. "Uns fehlt es an 25- bis 50-Jährigen", skizziert Stadelmann eine Lücke im mittleren Alterssegment. "Wer Interesse hat in den eben erst begonnenen Online-Lehrgang einzusteigen oder allgemeine Informationen möchte, kann sich gerne bei mir melden" (Mail: sta@s-m-k-s.de).
Auch in den kommenden Wochen - so Stadelmann - können wohl einige B-Klassenpartien nicht besetzt werden. "Ich versuche, alle Spiele mit ersten Mannschaften zu besetzen und nicht immer die gleichen Vereine zu treffen. Immer geht das aber nicht." Im Internet-Portal des Verbandes stelle er die Spiele dann auf "Vereinsansetzung" - und hofft das alles glatt geht.
"Ausschließen, dass ein Heimverein seine Position ausnutzt und mal einen Gästeakteur bewusst leichtfertig vom Platz stellt, kann man natürlich nicht." Ein Fall, der auch Folgen hätte. Der Spieler wäre natürlich gesperrt, der Schiedsrichter müsste einen Bericht schreiben. Eigentlich. "Wenn er das nicht tut, muss der Gastverein eine Selbstanzeige machen, um zu erfahren, wie lange sein Spieler nicht mitwirken darf", sagt Stadelmann und hofft, dass das nie eintritt.
In Büg verlief alles recht professionell. "Ein Handspiel habe ich" - so gibt Siegfried Fink unumwunden zu - "falsch gesehen. Das hätte Elfmeter für Achteltal geben müssen." Einen großen Vorwurf macht er sich deshalb jedoch nicht: "Wenn man sieht, welche Fehler vier Schiedsricher in der Bundesliga machen, da habe ich das alleine schon ganz gut hinbekommen." Beschwerden - so bestätigen auch Stadelmann und Fürsattel - habe es jedenfalls keine gegeben. Bei Not am Mann würde er auch nochmal pfeifen - und damit eine Spielabsage abwenden
"Meistens klappt es", sagt Obmann Stadelmann über die Aushilfsreferees. "Am besten wäre es aber, wenn genügend aktive oder ehemalige Fußballer ihrem Sport einen Dienst erweisen würden und zur Pfeife greifen." Siegfried Fink könnte dann wieder entspannter Zuschauer sein.