2023-09-26T10:19:04.334Z

Pokal
"Wir distanzieren und von einem Einsatz von Pyrotechnik, wenn er die Verletzung von Menschen – ganz gleich ob Gäste oder NulldreierIn – billigend in Kauf nimmt,", heißt es in einer Erklärung von neun Babelsberger Fangruppen. Foto: Bock
"Wir distanzieren und von einem Einsatz von Pyrotechnik, wenn er die Verletzung von Menschen – ganz gleich ob Gäste oder NulldreierIn – billigend in Kauf nimmt,", heißt es in einer Erklärung von neun Babelsberger Fangruppen. Foto: Bock

„Was sich nach dem Pokalfinale abspielte, ist inakzeptabel"

Babelsberger Fangruppen kritisieren die Vorkommnisse in der Nordkurve beim Landespokalfinale gegen Cottbus - und kündigen an, solche Szenen in Zukunft zu verhindern.

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Der Stachel vom Pokalfinale sitzt noch immer tief in Babelsberg: Neun Fangruppen haben eine gemeinsame Erklärung zu den Vorfällen in der Nordkurve während und nach dem Landespokalfinale gegen Cottbus veröffentlicht. Sie enthält neben Kritik am Verhalten einiger Fans auch die Ankündigung solche Szenen in Zukunft zu verhindern.

Fast einen Monat ist es jetzt her, dass in Babelsberg die Sieger-Ehrung nach dem Landespokalfinale gegen Energie Cottbus aufgrund von zahlreichen Böllerwürfen und gezündeter Pyrotechnik ausfallen musste. Während beim FCE längst das Thema 3. Liga alle Pokal-Nachwehen verdrängt hat, beschäftigt man sich am Babelsberger Park noch immer mit der Aufarbeitung der Geschehnisse. Neun Fangruppen haben jetzt einen offenen Brief veröffentlicht. „Was sich nach dem Pokalfinale am Zaun von Block N und M abspielte, ist absolut inakzeptabel und hat beim SV Babelsberg 03 keinen Platz“, heißt es darin. "Der Respekt vor dem sportlichen Gegner, den Unparteiischen und der eigenen Mannschaft ist zentraler Bestandteil unseres Selbstverständnisses." Nach Ansicht der Unterzeichner ist dies am 21. Mai von den vermummten Böllerwerfern mit Füßen getreten worden.

"Das Gefährden von anderen Menschen durch brennende Wurfgeschosse, ein gewaltsuchendes Auftreten gegenüber anderen BesucherInnen und eine mackerhafte Attitüde der Selbstdarstellung gehören für uns nicht ins Karl-Liebknecht-Stadion", schreiben die Fangruppen weiter.

Unterzeichnet ist das Statement von „Stehplatz Ermäßigt“, „Vorstand des Concordia Nowawes 06“, „FC Bier Hol´n“, „LR Archiv“, „Westkurve“, „FC Munke“, „RP03“, „zujezogen 03“ und dem „Blauweissbunt*Nulldrei e.V“.

Die Gruppen und Vereine distanzieren sich allerdings nicht nur von den Geschehnissen. Die Unterzeichner kündigen auch an, künftig gegen solche Aktionen aus den eigenen Reihen vorzugehen. Offen bleibt, in welcher Form.

Der Brief in voller Länge:

"Die Aufarbeitung der Vorfälle nach dem Landespokalfinale des SV Babelsberg 03 gegen Energie Cottbus ist längst nicht abgeschlossen. Die Pyrotechnik, die nach dem Abpfiff aus der Nordkurve auf den einstmals heiligen Rasen und in Richtung des Gästeblockes und der Ordner flog und die Bilder dazu haben dem gesamten Verein einen gewaltigen Schaden zugefügt.

Wir – die hier unterzeichnenden Fangruppen des SV Babelsberg 03, darunter viele der OrganisatorInnen des Antirassistischen Stadionfestes „Der Ball Ist Bunt“ – distanzieren uns von körperlicher Gewalt und von einem Einsatz von Pyrotechnik, wenn er die Verletzung von Menschen – ganz gleich ob Gäste oder NulldreierIn – billigend in Kauf nimmt. Der Respekt vor dem sportlichen Gegner, den Unparteiischen und der eigenen Mannschaft ist zentraler Bestandteil unseres Selbstverständnisses. Was sich nach dem Pokalfinale am Zaun von Block N und M abspielte, ist hingegen absolut inakzeptabel und hat beim SV Babelsberg 03 keinen Platz.

Aus unserer Sicht besteht Nulldrei neben den Vereinsmitgliedern und -organen sowie dem sportlichen Personal auch und vor allem aus seinen Fans und UnterstützerInnen und all jenen, die aus dem SV Babelsberg 03 seit der Insolvenz 2003 etwas im ostdeutschen Fußball Einzigartiges gemacht haben. Zu diesen Errungenschaften zählen wir die Integration von Geflüchteten über Welcome United als offizielle dritte Mannschaft des Vereins. Dazu gehört zweifelsohne auch die bundesweit erfolgreiche Kampagne „Nazis raus aus den Stadien!“ für die unser Verein seit 2017 viel Anerkennung von unterschiedlichen Ebenen erfahren hat. Und dazu zählt natürlich die antirassistische Faninitiative „Der Ball Ist Bunt“, für die der SV Babelsberg 03 alljährlich das Stadion öffnet und sich aktiv im Fest einbringt.

Die Werte, die diese und andere Initiativen transportieren, sind vor allem Antirassismus, Weltoffenheit und eine Fußballfankultur ohne körperliche Gewalt oder auch nur der Angst vor ihr. Viele der Unterzeichnenden sind Väter oder Mütter und wollen auch in Zukunft mit ihren Kindern bedenkenlos ins Stadion gehen können. Um diese Werte zu leben, werden wir auch in Zukunft nicht auf Kritik an politischen und gesellschaftlichen Missständen verzichten. Im Gegenteil. Diese kritische Sicht gehört für uns zum Selbstverständnis des Vereins und seiner Fanszene dazu. Dieses gesellschaftliche Engagement darf aber nicht zur Rechtfertigung von Gewalt missbraucht werden.

Das Gefährden von anderen Menschen durch brennende Wurfgeschosse, ein gewaltsuchendes Auftreten gegenüber anderen BesucherInnen und eine mackerhafte Attitüde der Selbstdarstellung gehören für uns nicht ins Karl-Liebknecht-Stadion! Hier betraten und missbrauchten am Pfingstmontag Menschen die von uns und anderen NulldreierInnen geschaffene Bühne, denen das dargestellte Selbstverständnis gleichgültig ist. Nicht ohne Grund wurde von den beteiligten Personen noch nie auch nur eine bei der Unterstützung einer der genannten Initiativen gesehen.

Viel Positives wurde am 21.05. in Frage gestellt, viel ist kaputt gegangen. Zur Krönung musste sich Trainer Almedin Civa, der das Gespräch am Zaun suchte, Beschimpfungen anhören – konstruktive Kommunikation war nicht erwünscht. Dieser „Umgang“ tut uns besonders leid.

Die Gegengerade im Karl-Liebknecht-Stadion ist blau-weiß-bunt und gehört all jenen, die dieses Selbstverständnis mittragen bzw. akzeptieren. Wir – die Unterzeichnenden – werden uns dafür einsetzen, dass sich Szenen wie nach dem Pokalfinale im Karli nicht wiederholen."

Aufrufe: 015.6.2018, 11:19 Uhr
Marc SchützAutor