2024-06-14T14:12:32.331Z

Interview
FC Gießen-Keeper Frederic Löhe (Mitte) hat zum Auftakt gegen den SV Elversberg jede Menge zu tun.	Archivfoto: Hübner
FC Gießen-Keeper Frederic Löhe (Mitte) hat zum Auftakt gegen den SV Elversberg jede Menge zu tun. Archivfoto: Hübner

»Vor allem die erfahrenen Spieler sind jetzt gefragt«

RL SÜDWEST: +++ FC Gießen-Torwart Frederic Löhe über die Verarbeitung der Auftaktpleite und den Heimspiel-Bonus +++

GIESSEN. Mit seinen 286 Spielen steht Keeper Frederic Löhe beim FC Gießen einsam an der Spitze, was die Anzahl der Einsätze in der dritten und vierten Liga anbelangt.

Nach der herben 1:7-Klatsche des Neulings zum Auftakt der Fußball-Regionalliga Südwest bei Aufstiegskandidat SV Elversberg ordnet der 30-Jährige im Interview die Auftaktniederlage des FC Gießen ein und blickt voraus auf das Heimspiel-Debüt am kommenden Samstag (14 Uhr) gegen den FC Homburg, der wie Elversberg zu den heißen Kandidaten für eine Spitzenplatzierung in der Liga zählt.

Herr Löhe, Elversberg hatte früh viele Chancen, führte mit 2:0. Haben Sie da bereits gemerkt, dass es richtig unangenehm werden könnte?

Als erfahrener Spieler merkt man bereits nach zwei, drei Minuten, wie so ein Spiel laufen kann. Nach zehn Minuten hatte Elversberg sechs, sieben Ecken, da war bei einigen bei uns eine gewisse Nervosität und Ängstlichkeit zu spüren. Ich dachte, wenn wir die erste Viertelstunde überstehen, kann es vielleicht doch etwas werden. Aber dann sind die Bälle nur so reingeflogen und ich hatte keine Zeit mehr zu überlegen.

Jetzt werden Gründe für die deutliche Auftaktniederlage gesucht: War die Mannschaft durch die schleppend verlaufene Vorbereitung angesichts der peu a peu dazugekommenen Neuzugänge noch nicht richtig eingespielt? Fiel es schwer, von der großen Hessenliga-Dominanz auf Regionalliga-Fußball umzuschalten? Welche Erklärung haben Sie?

Aus Spieler-Sicht ist das für mich ein Alibi. In der Anfangself standen mit Ausnahme von Jure Colak auch nur Spieler, die ziemlich vom Beginn der Vorbereitung an da waren. Spätestens ab dem 4:1 muss auch jeder erfahren oder zumindest alt genug sein, um zu sagen: Bis hier hin und nicht weiter! Wir haben die Elversberger eingeladen, die Tore hergeschenkt – das müssen wir schnellstmöglich abstellen. Ich bin auch selten von einem Trainer so gut vorbereitet worden wie für dieses Spiel.

Wir haben eine ausführliche Videoanalyse gemacht und wussten, wo wir Elversberg hätten knacken können. Aber wir haben genau das Gegenteil von dem getan, was vorgesehen war. Sicherlich haben wir einige Spieler dabei ohne oder mit wenig Regionalliga-Erfahrung. Da hat man gemerkt, dass da zu viel Respekt und auch Angst war. Daran müssen wir arbeiten, insbesondere die erfahrenen Jungs, ihnen diesen Respekt zu nehmen.

Sie gelten als in der Mannschaft als Führungsspieler. Was ist wichtig in dieser Trainingswoche?

Ich hatte daran auch zwei Tage zu knabbern, aber das Gute ist: Es war der erste Spieltag, nicht etwa der 32. Wir sind nicht abgestiegen oder dergleichen. Wir haben 33 Spiele und wollen das schnell wieder gutmachen - für uns, die Fans, den Verein. Logischerweise war das ein katastrophales Spiel von uns, aber man sollte es jetzt auch nicht so hoch hängen, dass man jetzt beispielsweise jeden Tag drei Einzelgespräche führt.

Ich werde nicht viel anders machen als in den Wochen und Monaten davor. Wenn etwa die jüngeren Spieler Fragen haben, werde ich sie natürlich beantworten. Und ich werde weiter Vollgas geben, wir werden insgesamt das Trainingsniveau hoch halten. Natürlich werden wir die Fehler ansprechen – die dürfen wir nicht mehr machen, wobei unsere Qualität dafür zu hoch ist. Da sind dann vor allem die erfahrenen Spieler gefragt.

Haben Sie die Sorge, dass sich diese Niederlage bereits negativ auf die Euphorie bei den Zuschauern und die Resonanz im Waldstadion gegen den FC Homburg auswirken könnte?

Wenn das so sein sollte, wären wir selbst schuld. Allerdings glaube ich nicht daran. Zunächst einmal war es richtig geil, wie die „Supporters“ uns in Elversberg unterstützt haben, wie sie lautstark Stimmung hinterm Tor gemacht haben. Bei meinen vorherigen Stationen wären nach dem Schlusspfiff schon Worte unter der Gürtellinie geflogen. Wir sind dagegen von den „Supporters“ freundlich empfangen worden, sie haben uns aufgemuntert. Das tat natürlich gut. Wir sind noch begeistert vom Zuschauerzuspruch vom letzten Jahr. Idealerweise bringt jeder am Samstag noch drei, vier Leute mit. Ich weiß es von meinen Erfahrungen aus Aachen und Gladbach, dass es leichter ist, ein Spiel zu drehen, wenn die Zuschauer und Fans da sind und hinter der Mannschaft stehen.

Nach der Einwechslung von Nico Rinderknecht und der Umstellung auf die Fünferkette lief es in Elversberg zumindest kurzzeitig etwas besser. Ist die das Konzept mit drei Innenverteidigern aus Ihrer Sicht künftig eine Option, gerade gegen die Spitzenteams?

Darüber entscheidet der Trainer. Wir sind vor dieser Partie mit dem alten System gut gefahren. Ich denke, in dieser Begegnung war es richtig, weil er gesehen hat, wo die Lücken sind, wo wir anfällig sind. Nico Rinderknecht hat uns zunächst einmal Stabilität gebracht. Zum Glück ist ihm mit der Schienbeinprellung nicht viel passiert, er wird uns in jedem Fall weiterhelfen.

Die Homburger gehören, auch wenn sie mit einer überraschenden 1:2-Niederlage gegen Aufsteiger Alzenau gestartet sind, wie Elversberg zu den Aufstiegskandidaten der Regionalliga Südwest. Was muss am Samstag passieren, damit kein Negativstrudel droht? Zwingend Zählbares?

Generell ist das Auftreten sehr wichtig. Wir müssen insgesamt selbstbewusster auftreten und ich hoffe, dass einige Jungs die Nervosität ablegen können. Außerdem spielen wir zu Hause. Wir sollten versuchen, im Waldstadion eine Macht zu werden, auch mit der Statistik aus der Hessenliga im Hintergrund. Natürlich ist Homburg ein Spitzenteam. Aber wenn Alzenau gegen Homburg gewinnt, warum sollten wir das nicht auch schaffen können? Zumal wir meines Erachtens besser als Alzenau sind.

Foto: PeB



Aufrufe: 030.7.2019, 08:00 Uhr
Gießener AnzeigerAutor