2024-05-17T14:19:24.476Z

FuPa Portrait
Mit 23 Jahren wurde Nicolas Warz Kapitän der Reserve von Rot-Weiß Erfurt in der Oberliga.
Mit 23 Jahren wurde Nicolas Warz Kapitän der Reserve von Rot-Weiß Erfurt in der Oberliga. – Foto: Michael Kölbel

Viele richtige und eine falsche Entscheidung

Einst bestritt er DFB-Lehrgänge mit Toni Kroos, Tony Jantschke und Kevin Trapp, drückte in Berlin die Schulbank mit Jerome Boateng. Doch der Sprung in den Profifußball blieb Nicolas Warz verwehrt.

Zurückblickend waren es viele Verletzungen und eine falsche Entscheidung, die den Bundesliga-Traum des Verteidigers platzen ließen. Im Winter 2015 münzte Nicolas den sportlichen Ehrgeiz in die berufliche Laufbahn um und kehrte dem Fußball mit einem kurzen Comeback in der Landesklasse den Rücken.

Nicolas Warz machte in seinem Heimatort beim FC Weißensee seine ersten fußballerischen Schritte. Sein Talent war unverkennbar und so ging es bereits mit 13 Jahren in das Nachwuchsleistungszentrum des FC Carl Zeiss Jena. „Ich bin früh ausgezogen, habe dann zwei Jahre im Internat in Jena gespielt und bekam zahlreiche Angebote von Bundesligavereinen“, erzählt der heute 30-Jährige. Auch der DFB wurde auf das Thüringer Talent aufmerksam und so war er bei Lehrgängen der U15-Nationalmannschaft dabei. „Ich habe da mit Toni Kroos, Tony Jantschke und Kevin Trapp zusammen gespielt und trainiert“, plaudert der Vater einer 2-jährigen Tochter aus dem Nähkästchen. Mit 15 Jahren entschied er sich für den Sprung in die Bundeshauptstadt zu Hertha BSC. „Es war im Nachhinein genau die richtige Entscheidung. Wenn man in jungen Jahren schon aus seiner Komfortzone raus muss, ist das gut. Ich konnte so schnell eine eigene Persönlichkeit entwickeln und einen großen Sprung zur Selbständigkeit machen. Da geht es nicht um den Fußball, sondern um den Menschen an sich“, stellt er 15 Jahre später fest.

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Die Zeit in Berlin will Nicolas nicht missen. „Ich habe bei Hertha in der Junioren-Bundesliga gespielt und dann auch erste Schritte bei der U23 gemacht. Ich war mit Spielern wie Patrick Ebert und Ibrahim Traoré im Internat. Lucien Favre war damals Trainer der Bundesliga-Mannschaft und wir hatten gemeinsam mit der U19 und U23 schon Trainingseinheiten mit den Profis“, beschreibt er seine Berliner Zeit. Nicolas war auf den Sprung in die Bundesliga, wenn alles nach Plan weiter laufen sollte. Doch das tat es nicht! „In meiner Hochzeit bei den A-Junioren hatte ich einen doppelten Kieferbruch. Doch die Verletzung hat mich ein halbes Jahr zurückgeworfen“, erinnert er sich an die erste längere Verletzungspause seiner Laufbahn.

Das junge Thüringer Talent weckte dennoch Begehrlichkeiten anderer Klubs. „Ich hatte damals ein Angebot von RB Leipzig, die schon den Weg aus der Oberliga in die Champions League als Vision vorgegeben hatten. Ich habe das enorme Potential des Klubs erkannt. Ich habe mit 19 Jahren also meine Lehre bei der Volksbank Berlin abgebrochen und einen Profivertrag in Leipzig unterschrieben. So ein Projekt zu begleiten, empfange ich als etwas besonderes. Im Nachhinein war es die falsche Entscheidung. Das bedeutet nicht, dass ich bei der Hertha sicher in den Profikader gekommen wäre. Aber ich habe mich damals von Beraterempfehlungen leiten lassen, statt auf mein Gefühl zu hören“, blickt er auf einen weiteren Rückschlag in seiner Laufbahn. Denn für RB Leipzig sollte er nicht in der Oberliga auflaufen. „Trainingsleistungen waren nicht immer entscheidend, denn einige Spieler wurden entsprechend ihrer Hierarchie aufgestellt. Ich hatte damals mit Lars Müller einen sehr erfahrenen Kontrahenten auf meiner Position, der vom FC Augsburg kam und ein gestandener Bundesliga-Spieler war. Der Trainer in Leipzig war damals Tino Vogel, der mich absolut nicht kannte und auch nicht auf mich baute. Ich wurde vom Sportdirektor verpflichtet, habe aber nie wirklich Fuß fassen können“, sagt er heute zu einer schwierigen Zeit seiner fußballerischen Laufbahn.

Der Traum vom Bundesliga-Fußball schien geplatzt zu sein. „Manchmal hadere ich schon mit mir, warum ich damals von Berlin nach Leipzig gegangen bin. Es war die falsche Entscheidung und ich habe das mittlerweile akzeptiert. Ich habe aber auch gesehen, dass nicht zwingend das größte Talent immer oben ankommt. Fleiß und Einstellung sind wichtig und das Glück zur rechten Zeit, am rechten Ort von den richtigen Leuten entdeckt zu werden. Ich habe mit Spielern zusammengespielt, die ich perspektivisch in der Bundesliga gesehen habe. Vielleicht war es bei mir ähnlich. Aber ich habe einen anderen Weg erkannt und suche immer nach Lösungen“, fasst er seine Entwicklung heute auf den Punkt zusammen.

Aber Nicolas ist kein Typ, der den Kopf in den Sand steckt. „Über Nils Petersen mit dem ich in Jena schon zusammen war, kam die Anfrage seines Vaters aus Halberstadt. Ich bin nach einem halben Jahr in Leipzig dann zu Germania Halberstadt gegangen. Und ich habe wieder eine Lehre aufgenommen. Bei der Harz-Sparkasse konnte ich sogar das eine Ausbildungsjahr aus Berlin mit anrechnen“, so Nicolas zum Wechsel nach Sachsen-Anhalt. Doch das Verletzungspech klebte den damals 20-Jährigen weiter an den Leisten. In der Aufstiegssaison 2010/11 riss er sich das Kreuzband und nach Genesung direkt den Meniskus. „Ich brauchte damals Zeit um zurückzukommen. Ausbildung und Regionalliga-Fußball unter einen Hut zu bekommen, war nicht so einfach. Ich wollte beide Sachen zu 100 Prozent machen und das ist ab einem bestimmten Level schwer umsetzbar. Meine Kurve im Sport ging nach unten, weil ich mich auf meine Ausbildung konzentrierte“, erinnert sich Nicolas. Damals reifte in ihm endgültig die Erkenntnis, dass die Karriere neben dem Sportplatz der richtige Weg ist.

„Ich habe meinen Vertrag in Halberstadt dann nicht verlängert. Nach abgeschlossener Ausbildung wollte ich zurück in die vertraute Heimat und in mein familiäres Umfeld. Ich kam dann zur Reserve des FC Rot-Weiß Erfurt in die Oberliga und habe bei der Mittelthüringer Sparkasse gearbeitet“, spricht er über die Rückkehr nach Thüringen. „Es war zurückblickend die richtige Entscheidung“, sagt er heute. Mit nur 23 Jahren wurde Warz Kapitän der Erfurter Drittliga-Reserve und war der Kopf der Mannschaft. Erstmals nach Jahren konnte er wieder regelmäßig - weil verletzungsfrei - längere Zeit auf dem Platz stehen. 80 Oberliga-Partien und vier Toren machte er in dreieinhalb Jahre beim „kleinen“ RWE. „Mit Blick auf die erste Mannschaft in der 3. Liga bestand damals kaum Bedarf, weil dort beispielsweise mit Czichos, Laurito und Möckel gestandene Verteidiger spielten. Ich habe das realistisch gesehen und wusste, dass es für mich keine Perspektive im Profifußball gibt. Mein Anspruch war es höchstmöglich zu spielen, soweit es neben dem Beruf noch vereinbar war. Im Winter 2015 begann ich dann ein Bankbetriebswirtschaftsstudium bei der Sparkasse Mittelthüringen. Ich habe aus diesem Grund meinen Vertrag bei RWE aufgelöst“, blickt er auf das vorzeitige Ende seiner Fußballer-Laufbahn mit gerade einmal 25 Jahren zurück.

Nicolas Warz hatte den Erfolg gefunden - nicht wie ursprünglich geplant auf dem Fußballfeld, sondern in Beruf und Familie. Mit Stolz erfüllt ihn seine zweijährige Tochter, die dem 30-Jährigen den Arbeitsabend täglich versüßt. Zudem hat Nicolas in der Sparkasse eine Leitungsfunktion inne und sein berufliches Glück gefunden. Dabei haben ihn immer seine Erfahrungen aus der Fußballzeit, die einer Achterbahnfahrt glich, geholfen. „Ich habe meinen sportlichen Ehrgeiz in die berufliche Laufbahn umgemünzt. Das was ich jetzt beruflich mache, macht mir Spaß und füllt mich aus. Durch meine Persönlichkeit - die auch vom Fußball geprägt wurde - habe ich viel gelernt, was ich meinen Mitarbeitern so weitergeben kann. Es geht auch im Beruf um Teamgeist und die Leute besser zu machen“, zieht Nicolas Parallelen zwischen dem runden Leder und der Arbeit.

In der Saison 2018/19 kehrte Nicolas Warz für den FSV Sömmerda auf den Platz zurück.
In der Saison 2018/19 kehrte Nicolas Warz für den FSV Sömmerda auf den Platz zurück. – Foto: Thomas Pankratz

Als Freundschaftsdienst für seinen Kumpel Martin Fritzsche und Maik Schmidt, der damals Präsident beim FSV Sömmerda war, gab er in der Saison 2018/19 ein sportliches Intermezzo in der Landesklasse 2. 20 Partien absolvierte der Verteidiger für den Verein nahe seines Heimatortes Weißensee und schaffte dabei 13 Mal den Sprung in die FuPa-Elf der Woche. Mit einem guten siebten Rang am Saisonende stand das beste Landesklasse-Ergebnis für den FSV Sömmerda seit Jahren zu Buche. „Wir hatten eine gute Mannschaft aus jungen und etablierten Spielern. Es ist sportlich immer mein Anspruch das Bestmögliche zu erreichen. Der Anspruch des Vereines und die Perspektive hat nicht gepasst, um noch eine weitere Saison beim FSV Sömmerda zu bleiben“, so der ehrgeizige Abwehrspieler. Aktuell kommt Nicolas wieder ganz gut ohne den Fußball zurecht - Beruf und Familie nehmen ihn voll und ganz ein. „Natürlich kann man nicht ganz ohne, wenn man schon einiges erlebt hat wie ich. Man wird sehen, was die Zeit bringt“, schließt er eine Rückkehr auf den grünen Rasen aber nicht aus und ergänzt abschließend: „Natürlich juckt es hin und wieder in den Füßen…“.

Aufrufe: 014.12.2020, 16:00 Uhr
André HofmannAutor