2024-06-04T08:56:08.599Z

Allgemeines

"Ungewissheit bringt Handlungslähmung mit sich"

Der FuPa-Corona-Check mit Frank Lambertz, dem Trainer der Ersten Mannschaft des TSV Bayer Dormagen in der Bezirksliga, Gruppe 3

Als Tabellenfünfter der Bezirksliga, Gruppe 3 hat Trainer Frank Lambertz mit seinem TSV Bayer Dormagen mit einem recht klaren Abstand zu den Spitzenplätzen weder mit dem Auf- noch mit dem Abstieg wirklich etwas zu tun - so viel steht schon fest. Bei der ungewissen Situation bezüglich der Saison-Fortsetzung kann das ein echter Vorteil sein, wie Lambertz verrät. Auch ansonsten ist es sehr spannend, was er zur aktuellen Lage in unserem Corona-Check zu sagen hat.

Ist die Absage bis zum 19. April aus Deiner Sicht richtig?

Lambertz: Beim aktuellen Stand ist eine Absage definitiv die richtige Entscheidung. Man steht hier einem unsichtbaren, unbekannten Gegner gegenüber, von dem man nicht mal weiß, wie man ihm beikommen, geschweige ihn besiegen kann. Hier ist vor allem zu beachten, was man damit bewirkt. So lange gespielt wird, treffen viele Menschen unweigerlich aufeinander. Der Profibereich hat uns da das beste Beispiel gegeben. Geisterspiele mit tausenden Fans vor dem Stadion oder in überfüllten Kneipen. Es geht nicht mehr darum, sich nicht anzustecken, sondern keine Masseninfizierung zu riskieren, welche unser Gesundheitssystem und für die schlimmsten Fälle, unsere Krankenhäuser überfordern würde.

Was sagst Du zum Zeitpunkt der Absage? Hätte das Ganze früher erfolgen müssen?

Lambertz: Für mein Empfinden hätte diese wirklich noch früher kommen müssen. Doch selbst die Bundesregierung war hier von Beginn an zu zögerlich und hat dadurch wichtige Zeit verloren. Das ist kein Vorwurf, da eine Ungewissheit dieses Ausmaßes immer eine gewisse Handlungslähmung mit sich zieht. Zurück zum Fußball kommend, lag ein Abbruch doch spätestens mit den ersten Quarantänemaßnahmen auf der Hand. Irgendwann musste ja auch der erste Spieler, Trainer, Offizielle betroffen sein, somit dann das komplette Team und schlussendlich der Spielbetrieb.

Habt ihr schon festgelegt, wie bei Euch im Verein verfahren werden soll? Wird weiterhin trainiert?

Lambertz: Nun, auch uns trifft dies natürlich relativ unvorbereitet. Vor allem weiß man ja nicht, wann oder ob es weitergeht. Laut führenden Virologen wird mit der Höchstansteckung erst zwischen Juni und August gerechnet. Wir haben jetzt zumindest schon mal Lauf- und Kraftpläne erarbeitet, um die Fitness aufrecht zu erhalten. Die Praxis ist natürlich durch nichts zu ersetzen. Man könnte auch kontaktfreies, mannschaftliches Training durchführen wie Torschuss oder Passübungen. Zum Umziehen würde man dann einfach gleich mehrere Kabinen nutzen. Das Duschen wäre hier jedoch schon wieder im Gefahrenbereich zu sehen. Da aber aktuell alle Trainingsstätten geschlossen bleiben, muss man hier auf die Eigenverantwortlichkeit der Spieler vertrauen.

Was kann man machen, um in einer solchen Situation das Vereinsleben aufrecht zu erhalten?

Lambertz: Das ist unter diesen Umständen sicherlich nicht ganz einfach. Zum Glück leben wir in einer sehr medialen Welt. Da bleibt man zumindest gefühlt zusammen. Kommunikation verbindet.

Wie sieht es mit den konkreten Konsequenzen für Deinen Verein aus? Ist schon klar, dass es womöglich nun Probleme, etwa in der Finanzierung, geben könnte?

Lambertz: Wir befinden uns da in relativ ruhigem Gewässer. Auch sportlich gesehen haben wir zum Glück nichts zu befürchten, egal was irgendwann entschieden wird. Unwohler geht es da sicherlich Kandidaten im Auf- bzw. Abstiegskampf. Da könnte man durch das ein oder andere Szenario hart getroffen werden.

Erwartest Du für den Fall, dass die Saison nicht regulär beendet werden kann, größere Diskussionen um den Auf- und Abstieg?

Lambertz: Das wird, wie erwähnt, bei keinem regulärem Ende auf jeden Fall harte Diskussionen geben. Hier darf man dann gespannt sein wie flexibel der Verband ist. In einem derartigen Ausnahmefall würde ich für direkte Aufsteiger der Tabellenführer plädieren und Auf- wie Abstiegsrunden mit Mannschaften in den jeweiligen Schlagdistanzen. Die Folgesaison müsste dann eventuell in größeren Ligen mit mehr Absteigern als gewöhnlich gespielt werden. Jedoch bin ich, wie gesagt, froh, von all dem nicht betroffen zu sein.

Wie sollte aus Deiner Sicht mit dem „großen“ Fußball im Profibereich verfahren werden? Sollte man in der Bundesliga die Saison abbrechen? Kann die EM verschoben werden? Welche Ideen dazu sagen Dir am meisten zu?

Lambertz: Auch hier natürlich extrem schwierig. Absoluten Vorrang haben da die Wettbewerbe, welche noch nicht abgeschlossen sind. Hier hat es Priorität, diese zu beenden. Neue Wettbewerbe wie die EM dürfen da erst einmal nicht berücksichtigt werden.

Gibt es sonst zu diesem Themenkomplex noch etwas, dass Dir wichtig zu sagen wäre?

Lambertz: Ich hoffe, dass bei den Menschen einfach mal die Vernunft gegen das Vergnügen oder die Gier siegt.

Abschließend: Gibt es Neuigkeiten vom Verein, die Ihr mitteilen möchtet? Trainerwechsel? Verlängerungen? Spielerwechsel?

Lambertz: Bei uns wird es keine große Fluktuation geben. Wir haben sportlich, aber vor allem menschlich einen tollen Kader. Diese Saison sind wir deutlich unter unseren Möglichkeiten geblieben. Das ist eine Aufgabe, welche wir zur neuen Saison gemeinsam noch zu lösen haben.

Aufrufe: 017.3.2020, 10:00 Uhr
Sascha KöppenAutor