2024-06-14T14:12:32.331Z

Interview
Anil Öztürk auf dem Vereinsgelände des Tura Untermünkheim.  Ufuk Arslan
Anil Öztürk auf dem Vereinsgelände des Tura Untermünkheim. Ufuk Arslan
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Tura Untermünkheim: Anil Öztürk im Interview

„Auf einem guten Weg“

Den 27-jährigen Anil Öztürk darf man als erfahrenen Fußballer bezeichnen. In der Jugend wäre er fast beim Karlsruher SC gelandet, mittlerweile spielt er beim Tura Untermünkheim.

Dass er kein Profifußballer wurde, stört ihn nicht. Er ist mit sich im Reinen und will mithelfen, dass der Tura aus dem Tabellenkeller der Bezirksliga kommt. Untermünkheim muss an diesem Samstag zum TSV Michelfeld.

Herr Öztürk, nach vier sieglosen Spielen gewann Untermünkheim am vergangenen Wochenende 2:1 gegen den VfR Altenmünster. Sie verwandelten einen Elfmeter wie 1976 Antonin Panenka im EM-Finale gegen Deutschkland, indem sie den Ball in die Tormitte lupften. Hatten Sie sich spontan dazu entschieden?

Anil Öztürk: Nein. In der Pause stand es noch 0:0. Ich sagte zu Erhan Ilmekli. Wenn du das nächste Mal in den Strafraum gehst und gefoult wirst, hau ich den Elfer rein. So kam es dann auch. Gegen Obersontheim habe ich ihn auch schon in die Mitte gelupft. Mir ist schon bewusst, dass ich der Depp bin, wenn der Torwart stehen bleibt. Aber normalerweise springt er immer. Gut, wenn es jetzt gegen Michelfeld einen Elfmeter für uns gibt, werde ich mir wohl nach diesem Interview etwas anderes überlegen müssen (lacht).

Normalerweise ist so eine Elfmeter-Ausführung Zeichen eines besonderen Selbstbewusstseins. Aber das ist beim Tura derzeit nicht so vorhanden, oder?

Ja, und genau deshalb war der Sieg so wichtig. In der vergangenen Saison haben wir gut gespielt, wurden Fünfter. Jetzt fehlt uns Edwin Wilhelm nach seiner roten Karte, Courage ist auch nicht mehr da. Onur Vural ist noch nicht fit und ich bin gerade auch geschäftlich sehr eingespannt. Es fehlen uns schlicht die Tore, denn Chancen spielen wir uns heraus, verwerten sie aber nicht. Und dann kriegen wir eins und die jungen Spieler lassen die Köpfe hängen. Es fehlt das Selbstvertrauen, dann noch ein Dribbling zu starten – obwohl sie es eigentlich draufhaben.

Hilft den jungen Spielern die Ansprache von Ihnen und von Trainer Viorel Ratoi?

Auf jeden Fall. Wenn ich mich an meine Zeit bei den Sportfreunden erinnere, dann hatten wir da ziemlich viel Druck. Wenn dann ein Erfahrener mich beiseite genommen hat und mir gesagt hat, dass ich mich etwas trauen soll, dann hat das mir geholfen.

Vor sechs Jahren noch spielte der Tura in der Verbandsliga, nun in der Bezirksliga. Nach der guten Vorsaison hatte man den Eindruck, dass er sich stabilisiert.

Das hat er sich auch! Ich glaube, dass wir beim Tura auf einem guten Weg sind. Jetzt kommen alle Spieler aus der Region, keiner ist von außerhalb des Landkreises. Wenn es keine großen Sponsoren gibt, ist das der einzig richtige Weg. Und es führt auch zur Identifikation mit den Zuschauern. Als ich mit dem TSV Crailsheim beim Tura zu Gast war, saßen wir Crailsheimer nach dem Spiel im Vereinsheim und haben uns gewundert, wo denn die ganzen Turaner sind. Die waren unterwegs Richtung Ansbach zu ihren Familien Jetzt ist das ganz anders. Wir sitzen zusammen, unternehmen etwas gemeinsam. Und die Zuschauer spüren, dass es wieder eine Identifikation mit dem Verein gibt. Aber klar ist: Der neue Weg braucht Zeit.

Sie sprechen mit Hingabe vom Tura. Dabei haben Sie die Abstiegssaison aus der Landesliga miterlebt, als das Team auseinanderfiel. Warum sind Sie nach dem Abstieg geblieben?

Ich bin keiner, der ein sinkendes Schiff verlässt. Zudem liebe ich Vio über alles (lacht). Er und Abteilungsleiter Mutlu Metin waren die Hauptgründe, warum ich geblieben bin. Und ich war neugierig. Ich wollte wissen, wer zu uns kommt.

Ab wann haben Sie gewusst, dass es beim Tura Untermünkheim in die richtige Richtung geht, schließlich ging der Saisonauftakt 2017/18 komplett daneben?

Der Knackpunkt war das Spiel gegen Bühlerzell. Das war ein richtig dreckiger Sieg. Vio ist vorangegangen und hat gekämpft. Wenn ein 40-Jähriger so vorangeht, macht das Eindruck auf die Jungen. So ähnlich war es auch in dieser Saison. Deshalb bin ich sehr gespannt auf unser Spiel jetzt in Michelfeld.

Sind Sie vom Klassenerhalt überzeugt?

Absolut! Von der spielerischen Klasse gehören wir zu den ersten fünf, sechs Teams der Liga. Was fehlte, war ein Erfolgserlebnis. Das haben wir jetzt.

Kommt die lange Winterpause da nicht zu einem schlechten Zeitpunkt?

Vielleicht, vielleicht auch nicht. Fakt ist, dass sie sehr lang ist. Hallenfußball ist spätestens seit meinem Leistenbruch für mich nicht mehr sehr angenehm. Selbst ein Kunstrasen kann mitunter zu hart sein.

In der B-Jugend wären Sie beinahe beim Karlsruher SC gelandet, hatten danach auch das Angebot, in der türkischen ersten Liga, der Süperlig, zu spielen. Antalyaspor und Balikesirspor waren interessiert. Trauern Sie diesen Chancen hinterher?

Nein. Wenn ich in die Türkei gegangen wäre, wäre ich von meiner Familie getrennt gewesen. Wenn ich die letzten Jahre Revue passieren lasse, dann ist es gut, dass ich weiterhin bei meiner Familie und hier in meiner Heimat bin.

Aufrufe: 024.11.2018, 08:37 Uhr
HT / Hartmut RufferAutor