2024-05-29T12:18:09.228Z

Spielbericht
Sechzig Keeper: Marco Hiller
Sechzig Keeper: Marco Hiller – Foto: rau

TSV 1860 München: Direktvergleich mit der SpVgg Unterhaching

Münchner Derby: Unterhaching empfängt 1860 München

Am Montagabend trifft der TSV 1860 München auf die SpVgg Unterhaching. Ein spannendes Derby steht den Fans ab 19 Uhr bevor. Wer steht derzeit besser da in Sachen Jugendarbeit und Talente?

München – Es ist ein Duell der Gegensätze – nicht nur, weil Unterhaching im Landkreis München liegt und deswegen vor 1425 Zuschauern den TSV 1860 empfangen darf. Zwei Welten prallen heute Abend aufeinander: Börsenclub vs. Investorenclub, heimeliger Sportpark vs. kultiges Löwenstüberl, Kurzzeit-Bundesligist (1999 bis 2001) vs. Ex-Meister (1966), bis vor Kurzem auch Streichelzoo vs. Haifischbecken.

1860 München gegen Unterhaching: Wer hat die besten Talente?

Die letzten drei Vergleiche haben die Löwen gewonnen (3:2, 3:0 plus der Elferkrimi im Totopokal), was in der Vorstadt für eine kleine Sinnkrise gesorgt hat. Neben Vorherrschaft in der 3. Liga und Stadtmeisterschaft schwingt heute aber auch ein anderes Thema mit. Es geht um die Frage: Wer hat die besten Talente? Die Hachinger, die in der zurückliegenden Saison auf die meiste Einsatzzeit deutscher Nachwuchsspieler kamen (5361 Minuten)? Oder die Löwen, die aus dem Nachwuchsfördertopf des DFB die zweitgrößte Summe einstrichen (303 000 Euro) – hinter Duisburg, aber knapp vor der SpVgg, deren Nachwuchsleistungszentrum bis zum Sommer nicht so hoch eingestuft wurde wie das preisgekrönte Sterne-NLZ des TSV 1860.
Zur Erinnerung: Das erste Derby war Ende August noch weit entfernt, als beide Clubs mit einem amüsanten Pingpong-Zoff das Sommerloch füllten. Tagelang flogen die Giftpfeile hin und her. Michael Köllner hatte in spätsommerlicher Plauderstimmung den Anfang gemacht und getönt, 1860 habe den „angeblichen Jugendverein Haching“ überflügelt. SpVgg-Präsident Manni Schwabl grantelte zurück, Köllner habe offenkundig Defizite in Mathematik – weil 1860 in Wahrheit „auf 40 Prozent weniger“ Jugend-Einsatzzeit komme. Robert Reisinger, Präsident des TSV, mischte sich auch noch kurz ein und merkte spitzzüngig an, dass Haching davon profitiere, in Nico Mantl, 20, einen Prämienlieferanten im Tor stehen zu haben („74 Prozent gehen auf ihn zurück“) – im Gegensatz zu 1860-Keeper Marco Hiller, 23, der altersbedingt keine Wertungspunkte mehr liefere. Danach kehrte erst mal Ruhe ein. Anstatt die nächste Runde einzuläuten, sagte sich Schwabl: „Ein bisschen Säbelrasseln schadet ja bei lokalen Konkurrenten nicht, aber irgendwann muss man dann auch wieder zur Tagesordnung übergehen.“
Sechzig dagegen treibt das Thema weiterhin um – was dazu führte, dass im Hintergrund zuletzt fleißig Excel-Tabellen erstellt wurden. Das Ergebnis hat Fußball-Abteilungsleiter Roman Beer unserer Zeitung zugemailt. Beers Liste führt 105 Löwen-Talente auf, die seit den frühen 90er-Jahren den Sprung in den Profifußball geschafft haben: von A wie Nicky Adler bis Z wie Markus Ziereis. Haching dagegen komme nur auf 24 Durchstarter zu den Profis: von den Bender-Zwillingen, die er großzügig der SpVgg gutschreibt – bis zu Karim Adeyemi, 18, der Haching 2018 eine Millionensumme eintrug und jetzt bei den Profis von RB Salzburg angekommen ist. 1860 bezieht sich dabei auf die offiziellen Angaben der Haching-Homepage.

1860 München in der Jugendarbeit weit vor Haching

Eindeutig, so Beer, auch der Kadervergleich: 62 Prozent der aktuellen 1860-Profis seien im eigenen Stall ausgebildet worden. Auf Hachinger Seite dagegen würde die Eigengewächs-Quote bei 40 Prozent liegen – wobei es jeweils 16 Spieler seien, 1860 aber den kleineren Kader habe. „Ich denke, die Daten zeigen eindeutig, dass wir in Sachen Jugendarbeit immer noch klar vor Haching liegen“, bilanziert Beer: „Sinn der Nachwuchsarbeit ist es, Profis hervorzubringen. Da sind wir sehr gut unterwegs.“
Beim Derby heute Abend werden auf beiden Seiten etliche Eigengewächse in der Startelf erwartet: Mantl, Markus Schwabl, Lucas Marseiler und Patrick Hufnagel bei der SpVgg; Hiller, Dennis Dressel, Richard Neudecker, Phillipp Steinhart und Marius Willsch bei 1860. Für Schwabl steht fest, dass das Thema Jugendarbeit in Zukunft eine noch größere Rolle spielen wird – schon coronabedingt. „Wer die besseren Talente hat, ist doch jetzt gar nicht das Thema“, sagt er: „Ich denke, beide Vereine machen eine sehr gute Jugendarbeit. Mal hat der eine Verein die Nase vorn, dann wieder der andere. Von der NLZ-Bewertung her sind wir mittlerweile gleich. Die Sechzger sind eine Kategorie runtergestuft worden (zwei von drei/Red.), wir eine rauf – von dem her sind wir jetzt auf Augenhöhe.“

(Uli Kellner)
Aufrufe: 026.10.2020, 09:03 Uhr
Münchner Merkur / Uli KellnerAutor