2024-05-24T11:28:31.627Z

Interview
Fuchstal-Trainer Sven Kresin Foto: Dieter Metzler
Fuchstal-Trainer Sven Kresin Foto: Dieter Metzler

Sven Kresin: ,,Geld verdirbt den Charakter"

Interview mit dem neuen Trainer des SV Fuchstal

Als ehemaliger Profi von 1860 München, Wacker Burghausen und 1.FC Schweinfurt 05 bringt Sven Kresin jede Menge Erfahrung im Abstiegskampf aus Liga 2 und 3 mit. Nun will er als Trainer den SV Fuchstal aus dem Keller der Kreisklasse 4- Zugspitze führen.

Sven Kresin gilt in der Branche als "Mister Abstiegskampf". Auf seinen Profistationen in Erfurt, Burghausen, Stuttgart und Schweinfurt, spielte der Ex-Löwe vorrangig gegen den Sturz aus der Liga. Dieses zweifelhafte Vergnügen wiederholt sich nun auch in seiner Trainerlaufbahn. Nach seiner letzten Trainerstation beim SC Oberweikertshofen in der Landesliga Südwest, folgt nun mit dem Klub aus der KreisklasseSV Fuchstal erneut ein Underdog, der im Absteigssumpf steckt. Mit seinem neuen Verein SV Fuchstal, möchte Kresin als Trainer erneut durch das Stahlbad Abstiegskampf gehen. Mit lediglich 13 Punkten in der Hinrunde der Kreisklasse 4-Zugspitze und fünf Punkten Rückstand auf einen Nicht-Abstiegsplatz, beginnt für Kresin nach der Winterpause die Mission Klassenerhalt. Dann will er die Ärmel wieder hochkrempeln, wie Fussball Vorort im Gespräch mit dem Trainer-Feuerwehrmann erfahren durfte. Der ehemalige Zweitliga-Profi und aktuelle Leiter eines eigenen Fitnessstudios erklärt, warum ihn der Abstiegskampf als Trainer reizt, wie er die aktuelle Entwicklung im Fußballgeschäft sieht und wie er über Ex-Profis aus dem RTL-Dschungelcamp denkt.

Sven, als Ex-Profi hast du bereits Erfahrung im Abstiegskampf gesammelt. Was reizt dich an den Vereinen im Abstiegskampf?

Als Trainer musst du in solch einer Situation in die Hände spucken und arbeiten. Die richtigen Schlüsse müssen aus den Fehlern gezogen werden. Daran anzusetzen und Dinge zu verändern, damit sie besser laufen, ist sehr reizvoll. Ich vergleiche mich aber nicht mit anderen Feuerwehrmännern wie einst Felix Magath.

Wie sieht die Handschrift des Trainers Sven Kresin aus?

Ich versuche herauszufinden, was mit der Mannschaft passiert ist. Der Fokus liegt darauf, schlechte Dinge auszumerzen, um Dinge wieder auf die Reihe zu bekommen. Dabei muss ein Trainer ein guter Psychologe sein, da viele unterschiedliche Charaktere aufeinander prallen. Alle Spieler will ich dabei an einen Tisch bekommen.

Welcher Trainer prägte dich in deiner sportlichen Laufbahn am meisten?

Ich habe von vielen Trainern etwas mitgenommen. Ob es ein Peter Pacult, Werner Lorant, Günther Güttler oder Jürgen Press waren. Von jedem habe ich mir viele Dinge herausziehen können, die ich für meine gegenwärtigen Aufgaben gebrauchen kann.

Hast du schon mal überlegt, den Spieler und Trainer in Doppelfunktion zu geben? Immerhin bist du mit 42 Jahren ein noch vergleichsweise junger Trainer.

Das möchte ich keinem meiner Spieler zumuten. Mittlerweile bin ich zu langsam für das Spiel. Die Spieler werden schneller und ich immer langsamer. Es reicht bei mir nicht mehr für die Kreisklasse, auch wenn es als Fitnesstrainer meines eigenen Studios den Anschein hat. Als Spieler kann ich das Spiel nicht mehr positiv beeinflussen.

Was hältst du von der Diskussion über die sogenannten Laptoptrainer wie Schalkes Domenico Tedesco, die mit wenig Erfahrung im Profigeschäft an der Seitenlinie fungieren?

Das Alter des Trainers ist zweitrangig, so lange er eine Mannschaft führen kann. Lehrjahre müssen dabei in Kauf genommen werden. Domenico Tedesco macht seine Sache gut und arbeitet sehr akribisch. Mehr Druck, wie ihn Julian Nagelsmann in Leipzig kommende Saison haben wird, fördert zudem einen Trainer.

Du hast deine Karriere als Spieler mit 19 Jahren begonnen. Findest du das Spieler heutzutage zu früh in den Profi-Fußball gespült werden?

Die meisten Spieler sind schon aufgrund der Nachwuchsleistungszentren für die Bundesliga gewappnet. Hannovers Hendrik Weydandt ist da schon die Ausnahme. Nach der verkorksten EM 2000 hat sich das so entwickelt. Fortan steht man als junger Spieler schon früh unter Beobachtung. Die Berater sollten aber in der Pflicht stehen, ihren Schützlingen die Schnelllebigkeit des Geschäftes zu vermitteln. Sie müssen den Spielern verdeutlichen, wie schnell es in einer Karriere nach unten gehen kann. Den Jungs sollten schon die Augen geöffnet werden.

Gibt es Dinge, die du am Dasein als Profi-Fußballer vermisst?

Sagen wir mal so: die Trainingsbedingungen, die wir heute haben, hatten wir auch schon zu meiner Zeit. Extrovertiert war ich auch nicht. Ich bin als Spieler nie aus dem Trainingslager ausgebrochen oder feiern gegangen. Zu meiner Zeit bei 1860 München bin ich mal mit dem Zeugwart ein Radler trinken gegangen. Das war es auch schon. Ich vermisse nur den damaligen Ablauf bei Transfers. Damals war es aber auch so, dass es keine horrenden Summen gab oder Spieler die nicht zum Training auftauchen. Wir haben solche Vorgänge früher intern in der Kabine geklärt.

Du meinst den Trend, sich zu seinem Wunschverein weg zu streiken?

Ja genau. Ein Ousmane Dembele zum Beispiel. Das ist schon sehr fragwürdig, wie er sich von Dortmund zu Barcelona weg gestreikt hatte. Auch Aubameyang zu Arsenal. Das geht gar nicht. In der damaligen Zeit, hätte es so etwas nicht gegeben. Der Spieler hätte nach so einer Aktion, keinen neuen Verein mehr gefunden. Der wäre unten durch gewesen, mit so einer Handlung. Aber heutzutage ist da viel zu viel Geld im Spiel. Als zu meiner Zeit ein Miroslav Stevic von 1860 München nach Dortmund gewechselt ist, lief das noch sauber ab. Den Wechsel hat ihm jeder gegönnt, weil er sich anständig verhalten hat und bis zum letzten Tag seines Vertragsverhältnisses beim Verein blieb und mittrainierte. Das ist heute keine Normalität mehr.

Ousmane Dembele ging für 150 Millionen € nach Barcelona. Was hältst du von solchen Summen?

Entschuldigung, aber anstatt die Millionen einzusetzen, um das Elend und die Not auf der Welt in Krisengebieten zu beenden, wird Geld in einen 19-Jährigen gesteckt, der gerade mal drei Spielzeiten als Profi hinter sich gebracht hat. Bei den Fähigkeiten von Kylian Mbappe ist es vielleicht noch am ehesten verständlich. Aber selbst einen Drittligaspieler ohne Bundesligaeinsatz, bekommt ein Verein nicht mehr unter einem bestimmten Millionenbetrag. Das Geld sollte man lieber an Bedürftige spenden.

Du hast schon gegen viele Spieler gespielt in deiner Karriere. Welcher Spieler hat dich am meisten beeindruckt?

Am meisten beeindruckt hat mich Aliaksandr Hleb beim VFB Stuttgart. Der konnte schon einiges mit dem Ball anfangen. Ansonsten auch Matthias Scherz beim 1.FC Köln und Mehmet Scholl beim FC Bayern.

Welche Zeit war die schönste in deiner Karriere?

Als wir mit Rot-Weiß-Erfurt aufgestiegen sind in die 2.Liga, war es ein cooles Gefühl zur Mannschaft zu gehören. Rene Müller und Alois Schwarz formten damals ein richtig gutes Team. Aber 2004 als es hoch ging, merkte ich bereits, dass es dem Verein finanziell nicht gut ging. Man musste aufrüsten, um konkurrenzfähig zu bleiben. Das kostete Geld. Das hat man als Spieler schon hinter den Kulissen mitbekommen. Dass am Ende die Insolvenz stehen würde, hätte aber niemand gedacht. Es ist schon traurig was mit diesem Verein passiert ist.

Mittlerweile bist du in Landsberg angekommen und hast nach der Karriere ein eigenes Fitnessstudio eröffnet. Fühlst du dich heimisch in Landsberg?

Ja auf jeden Fall. Hier habe ich meine Frau kennen gelernt. Sie stammt aus Landsberg und unterstützt mich im Alltag, wenn ich das Fitnessstudio leite. Dabei liegt der Fokus auf Personaltraining. Als ich Trainer in Landsberg war, hatten wir eine tolle Zeit in der Bayernliga. Wir konnten den Spielern etwas geben, was sie nirgendwo anders finden konnten. Deswegen fühlte ich mich vom ersten Tag an wohl. Auch wenn die Spieler vielleicht für den selben Aufwand bei einem anderen Verein am Ende 250€ mehr bekommen hätten, wusste jeder, was er am Verein hat.

Wer gehört zu deinem Kundenstamm im Fitnessstudio? Nutzen deine aktuellen Spieler beim SV Fuchstal ebenfalls dein Studio?

Das ist durch die Bank weg verschieden. Es finden sich dort alle, die sich bewegen wollen. Mit der Mannschaft des SV Fuchstal werden wir auch die Vorbereitung im Studio absolvieren. Gerade weil die Winterpause ganze 3 Monate geht, ist es wichtig für uns, sich ein bis zweimal in der Woche vorzubereiten. Auch ehemalige Spieler aus Landsberg kommen zu mir, um sich fit zu halten.

Du hast es geschafft als ehemaliger Profi ein zweites Standbein neben dem Fußball aufzubauen. Was hältst du von ehemaligen Profis wie Ailton, die in TV-Formate wie ,,Ich bin ein Star- Holt mich hier raus“ gehen?

Das muss jeder Ex-Profi selbst wissen. Ich jedenfalls würde nicht so viel über mich Preis geben. Vielleicht hat zu viel Geld in der Karriere den Charakter verdorben oder die Berater haben falsch eingewirkt. Aus der Ferne kann ich das schlecht beurteilen, weil ich die bisherigen Kandidaten nicht kennen gelernt habe. Aber als Außenstehender ist es schon so, dass man sich fragt, was die überhaupt dort machen.

Zum Abschluss noch eine kurze Prognose zur anstehenden Rückrunde mit deinem neuen Verein SV Fuchstal. Wohin wird die Reise gehen?

Wir landen im gesicherten Mittelfeld. Davon bin ich absolut überzeugt.

Interview: Fabian Schönrock






Aufrufe: 04.1.2019, 16:30 Uhr
Fabian SchönrockAutor