2024-05-02T16:12:49.858Z

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Milan Lapuh (o. li.), Joe Albersinger (o. Mitte), Michael Steidle (o. r.), Thomas Meggle (u. li.) und Florian Hinterberger (u. re.) bedauern den Niedergang der Starnberger. (Foto: David Gasser, Axel Kammerer, mis, dpa)
Milan Lapuh (o. li.), Joe Albersinger (o. Mitte), Michael Steidle (o. r.), Thomas Meggle (u. li.) und Florian Hinterberger (u. re.) bedauern den Niedergang der Starnberger. (Foto: David Gasser, Axel Kammerer, mis, dpa)

Starnberger Legenden sprechen bei Vorort über das Aus

Stimmen zum Rückzug der FT

Nun ist es geschehen. Die FT Starnberg meldet ihre Herrenmannschaft aus dem Spielbetrieb in der C-Klasse ab. Für den traditionsreichen Klub vom Starnberger See ist es der Schlussstrich eines unvergleichlichen Abstiegs.

Fußball und Starnberg passten einst zusammen wie die Faust aufs Auge. Über viele Jahre hinweg war die SpVgg Starnberg (später FC Starnberg) und die FT Starnberg das Aushängeschild des Landkreises und beheimatet in den höchsten Amateurligen Bayerns. Unvergessen sind Spiele in der Bayernliga gegen Mannschaften wie Ingolstadt, Augsburg oder den TSV 1860 München. Starnberg stand auch für überragenden Jugendfußball, der in ganz Bayern für Schlagzeilen sorgte und regelmäßig Topspieler hervorbrachte. Geprägt wurde der Verein lange von Ikonen wie Rudi Hack, der immer für den Erfolg eines stolzen Vereins stand. Gut, dass er diesen Niedergang nicht mehr miterleben musste.

Der Abstieg, den die FT Starnberg hingelegt hat ist traurig und für alle Beteiligten eine bittere Pille. Innerhalb von vier Jahren wurde die Mannschaft aus der Landesliga in die C-Klasse durchgereicht. Immer wieder sorgte der Verein für negative Schlagzeilen mit Spielabsagen oder Unstimmigkeiten in der Vorstandschaft. In keinem Jahr konnte das Team von der Ottostraße eine konkurrenzfähige Mannschaft stellen. Der vielleicht traurigste Höhepunkt war die 0:16-Niederlage gegen den SV Inning, bei der der damals 63-jährige Ingolf Junietz für seine FT die Knochen hinhalten musste. Gebracht hatte das alles nichts. Nach drei Spielabsagen in der Kreisklasse wurden die Freien Turner in die C-Klasse strafversetzt.

Dort wollten die Starnberger einen Neustart wagen und das Feld von hinten aufrollen. Von Erfolg war dieser Versuch nicht gekrönt. Teams wie Traubing oder Feldafing, die früher einen Punkt gegen Starnberg wie ein Wunder gefeiert hätten, waren zu stark. In der laufenden Saison musste die FT Starnberg bereits zwei von drei Spielen absagen. Und so wunderte es wohl kaum noch jemanden, als die Freien Turner Mitte September ihren Rücktritt aus dem Spielbetrieb verkünden mussten. Wohlgemerkt, das erste Mal in der Starnberger Vereinsgeschichte.

Bergab geht es aber nicht nur im Seniorenbereich. Auch die einst hoch dekorierte Jugend hat stark abgebaut. Die A-Jugend, die zu goldenen Zeiten noch in der Bayernliga spielte, musste sich in der vergangenen Saison aus dem Spielbetrieb zurückziehen. In der neuen Saison kann man nur zusammen mit der SG Söcking/Perchting eine Mannschaft stellen. Die B-Junioren stiegen mit nur einem Punkt sang und klanglos aus der Kreisliga ab und spielen nur noch in der Kreisklasse. Vom einstigen Leistungs-Jugendfußball ist nur noch im Kleinfeldbereich etwas zu merken. Die U13 spielt immerhin in der höchsten bayerischen Spielklasse.

Doch was sagen die einstigen Spieler und Funktionäre der FT dazu? Wie kommentieren sie den Verfall der Starnberger? Wir haben nachgefrafgt.

Thomas Meggle war Fußballprofi beim 1860 München, St. Pauli und Hansa Rostock. Zu Beginn seiner Karriere spielte der 42-Jährige aber auch für den FC Starnberg. Dort verbrachte der ehemalige Sportliche Leiter von St. Pauli eine "richtig schöne Zeit". Über den Verfall ist Meggle "traurig", wie er im Vorort-Interview erzählt. Er bemängelt, dass schon damals "Fußball in Starnberg keine Rolle spielte". "Es gab wenig Akzeptanz und wenig Zuschauer", so der Ex-Profi weiter. Den Verfall hat Thomas Meggle nur noch von fern beobachtet. Aufgefallen ist ihm aber schon, dass "immer mehr handelnde Personen weggegangen" seien. Was Starnberg lange starkgemacht hatte, war das "Konzept jungen Spielern eine Plattform zu bieten", findet Meggle. Für die Zukunft wünscht er Starnberg nur das Beste.

"Traurig", findet auch der ehemalige Trainer, Joe Albersinger, den Verfall bei der FT. Der 51-Jährige trainierte die Starnberger noch in der Landesliga und war später unter anderem für die Regionalligavertretung des FC Ingolstadt aktiv. "Als ich gegangen bin, war für mich klar, dass man sich in der Landesliga etablieren kann", meint Albersinger. Die Situation momentan sei aber "extrem schwierig". Die FT habe "zu viel an Niveau verloren". Seine Tätigkeit am Starnberger See bewertet er "als super Zeit". Damals wurde vor allem noch "mit einem guten Konzept, Jugend- und Herrenbereich miteinander verknüpft und junge Spieler gut ausgebildet".

Michael Steidle gehört zu den Ikonen der Starnberger Bayernligazeit. Der 45-Jährige wurde an der Ottostraße ausgebildet und spielte viele Jahre für die FT. Heute ist Steidle als Co-Trainer der U13 immer noch für Starnberg aktiv. Er bedauert die Abmeldung der Ersten Mannschaft, sagt aber auch: "Das war absehbar". Er findet, dass es nun "schwierig ist, den richtigen Weg zu finden". "Alleine schafft es Starnberg aber nicht", so Steidle weiter. Er glaubt, dass die FT, wie bereits die A-Jugend, mit dem TSV Perchting und dem SV Söcking zusammengehen sollte. Nur dadurch könnte man wieder Strukturen einer leistungsorientierten Jugendarbeit aufbauen, die später auch die Herrenmannschaften tragen würde. Steidle betont aber auch, dass in der Starnberger Jugend, trotz der Misserfolge und im Rahmen ihrer Möglichkeiten, "eine gute Arbeit geleistet wird".

Genauso wie Steidle findet auch Milan Lapuh, das der Abstieg "sich angebahnt" hatte. Der 48-Jährige, der in der Saison 12/13 Trainer der FT war, sieht als Knackpunkt den Tod der Starnberger Legende Rudi Hack. Lapuh hat als Spieler lange Zeit für die Starnberger auf höchstem Niveau gespielt und kritisiert, dass die Gefahr des Abstiegs zu spät erkannt wurde. Es wurde verpasst, "Leute mit ins Boot zu holen", die für Starnberg aktiv waren und sich mit dem Fußball auskannten, kritisiert der heutige Trainer vom TSV Oberalting. Als weiteren Grund für den Niedergang sieht Lapuh die fehlenden "finanziellen Mittel", die sich nach den ersten Abstiegen ergeben hätten. "Deswegen sind die Spieler weggegangen", glaubt Lapuh. Der Rückzug aus dem Spielbetrieb habe Lapuh "schockiert". "Vielleicht ist es aber auch eine Chance", sagt der ehemalige Mittelfeldspieler. Er wünscht sich, dass, die Situation ein "Signal an alle von früher" ist. Auch mit Hilfe der früheren Gönner könnte man dann "vielleicht etwas starten".

Florian Hinterberger war mehere Jahre Sportdirektor beim TSV 1860 München. Doch auch er hat eine Starnberger Vergangenheit. Als Trainer stand er lange stellvertretend für Erfolge in der Bayernliga. "Es tut mir leid für Starnberg", meint der 58-Jährige im Vorort-Interview. "Der Verein hatte eine gute Jugendarbeit", sagt Hinterberger, der seine Arbeit am Starnberger See als "tolle Zeit" in Erinnerung behält. Obwohl er den Abstieg der Starnberger nicht im Detail verfolgte, sagt der Ex-Profi: "Es ging immer weiter runter". Hinterberger hofft, dass sich die FT wieder berappeln kann. "Starnberg braucht einen gescheiten Verein", findet der Ex-Löwe.

Die Freien Turner sind tatsächlich ganz unten angelangt. Vom einstigen Vorzeigeverein ist nicht mehr viel übrig. Die aktuellen Verantwortlichen können nichts für den Rückzug vom Spielbetrieb. Die Fehler wurden in der Vergangenheit gemacht. Und so bleibt Abteilungsleiter Dieter Glavanich, der sich bei Fussball-Vorort nicht äußern wollte, nichts anderes übrig als einen Scherbenhaufen zu verwalten. Ob die FT jemals wieder eine Rolle im bayerischen Amateurfußball spielt, ist fraglich. Zu wünschen wäre es dem Team vom Starnberger See aber schon.

Aufrufe: 026.9.2017, 10:33 Uhr
Jonathan Balzer - Fussball Vorort Autor