2024-04-25T14:35:39.956Z

Vereinsnachrichten
Sebastian Mielitz trainiert derzeit weiter, aber in kleinen Gruppen.
Sebastian Mielitz trainiert derzeit weiter, aber in kleinen Gruppen. – Foto: Sven Leifer

"Sport spielt jetzt eine untergeordnete Rolle"

Profi und Torwart Sebastian Mielitz über die angespannte Situation in Dänemark.

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Profi Sebastian Mielitz, der in Oberhavel aufwuchs, lebt in Schleswig-Holstein und spielt in Dänemark. Der Torwart berichtet von den Coronavirus-Auswirkungen auf den Grenzverkehr, die Trainingseinheiten und die Zukunftsplanung.

Im Leben von Sebastian Mielitz herrscht seit Dienstag wieder etwas wie Alltag. "Wir haben zum ersten Mal wieder trainiert", berichtet der der 30-jährige Profi, der in Löwenberg aufwuchs und nun in der dritten Saison als Torwart in Diensten des dänischen Erstligisten SönderjyskE steht.

Auch im Nachbarland überschlugen sich zuletzt aufgrund der Coronavirus-Pandemie die Ereignisse. Schulen und Kitas sind geschlossen, der Betrieb in Sportvereinen wurde eingestellt. Die für das zurückliegende Wochenende geplanten Spiele wurden abgesagt. "Davor hatten wir schon ein Geisterspiel. Nun wurde der komplette Fußball lahmgelegt." An Training war zunächst nicht zu denken. Mittlerweile wurde diese Regelung gelockert. "Wir haben in kleinen Gruppen trainiert, die sich auch nicht verändern werden. Das ist im Moment möglich. Mal sehen, wie es sich entwickelt."

Mielitz, der 62 Spiele in der Bundesliga absolvierte, gehört einer vierköpfigen Torwart-Gruppe an. Mit normalem Training sei das nicht zu vergleichen. "Wir versuchen, während der Übungen die Distanz zu wahren, halten zueinander zwei Meter Abstand. Das ist nicht normal. Aber wir versuchen, mit den gegebenen Umständen klarzukommen." Das Duschen nach dem Sport ist nicht gestattet.

Für derartige Einschränkungen hat der frühere Spieler von Werder Bremen absolutes Verständnis. "Es ist ein sehr spezieller Umstand. Die Maßnahmen haben ja einen Grund. Das passiert nicht aus Spaß." Er denke, dass die Lage wirklich ernst ist. "Sport spielt da eine untergeordnete Rolle. Das Wichtigste ist, dass man gesund bleibt und sich der Virus nicht weiter verbreitet."

Auch für die Familie würde es riesige Einschnitte geben. "Wir versuchen, jegliche soziale Kontakte zu vermeiden"“ Schwierig sei das für die Kinder (ein und vier Jahre), die es gewohnt seien, draußen mit ihren Freunden zu spielen. "Wir versuchen, das zu verhindern. So schade, wie es für die Kinder ist. Zum Glück haben wir einen großen Garten."

Der Torwart lebt seit drei Jahren in Schleswig-Holstein. Von dort pendelt er. "Es sind knapp 60 Kilometer bis Haderslev. Ich brauche gut eine Stunde." An der Grenze würde es keine Probleme geben. "Ich muss mich ausweisen. Auch die dänische Krankenkarte muss ich vorzeigen. Auch meinen Vertrag und den Lohnzettel musste ich vorlegen. Dann haben sie mich durchgelassen." Wartezeiten habe es nicht gegeben. "Ich fahre aber auch nicht auf der großen Grenze rüber, wo es keine Lkw gibt."

Da er der einzige Spieler von SönderjyskE ist, der in Deutschland wohnt, ist die Trainingsbeteiligung hoch. Überlegungen, in Anbetracht der Lage nicht am Training teilzunehmen, stellte Mielitz nicht an. "Ich bin angestellt und werde vom Verein bezahlt. Da kann ich schlecht sagen, dass ich nicht komme." Er versuche, sich so gut wie möglich zu schützen. "Das ist das Einzige, was man machen kann." So eine Situation habe es noch nie gegeben. "Darum weiß auch keiner, wo die Reise hingeht."

Der Spielbetrieb in Dänemark wurde zunächst bis zum 26. März ausgesetzt. "Stand jetzt. Ich glaube aber nicht, dass das realistisch ist." Was dann passiert, ist unklar.

"Wir werden von unserem Manager auf dem Laufenden gehalten. Aber im Moment ist es ganz ruhig." In der 14 Mannschaften umfassenden Alka-Superliga steht der Mielitz-Club, der an der Haderslebener Förde beheimatet ist, auf dem elften Tabellenplatz. Zwei Spieltage stehen in der Hauptrunde noch aus. Die Abstiegsrunde droht. Könnten seine Teamkollegen demzufolge mit einer Annullierung der Saison leben? "Gute Frage. Damit habe ich mich noch nicht befasst. Ich denke, es wird sowieso viele Veränderungen geben."

Keiner könne die Ausmaße einschätzen. So würden zum Beispiel viele Verträge zum 30. Juni auslaufen. "Meiner ja ebenso. Wenn die Liga dann zu Ende gespielt werden sollte, würde es bestimmt bis über den 30. Juni hinausgehen. Es ist noch viel im Ungewissen." Da müssten die Verbände eine Antwort drauf haben, wenn es so weit ist. Bis dahin gehe es um das Wohl der Bevölkerung. "Das ist im Vordergrund." Mielitz berichtet von einem Nachbarn, der ein Restaurant betreibt und dieses wohl schließen müsse. "Für viele ist das ein Existenzkampf. Da geht es uns Fußballern noch gut."

Durch die Wiederaufnahme der Teameinheiten habe der Verein versucht, nach vielen Tagen des individuellen Trainings etwas Normalität in die Situation zu bringen. "Da ist natürlich viel Eigenmotivation gefragt. Für einen Sportler ist das Schwerste, nicht zu wissen, wann es weitergeht. Man arbeitet auf ein Ziel hin, ohne die Ziellinie zu sehen."


Zum Profil: Sebastian Mielitz

Aufrufe: 018.3.2020, 08:09 Uhr
MOZ.de / Stefan ZwahrAutor