2024-06-14T14:12:32.331Z

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Rote Karte für die Gewalt im Amateurfußball. Die Wiesbadener Fußball-Funktionäre sind entsetzt über die Häufigkeit der Vorfälle in jüngster Zeit.
Rote Karte für die Gewalt im Amateurfußball. Die Wiesbadener Fußball-Funktionäre sind entsetzt über die Häufigkeit der Vorfälle in jüngster Zeit. – Foto: Archivfoto: dpa

Spielabbrüche in Wiesbaden: "So geht der Fußball kaputt"

B-Liga 1 ist zum Hotspot für Vorfälle geworden, bis hin zu Faustschlägen ins Gesicht +++ Elsenbast und Brose äußern sich

Wiesbaden/Rheingau-Taunus. Die Hemmschwellen sind im Amateurfußball zum Start nach der langen Corona-Pause ganz offenkundig merklich gesunken, die Nerven scheinen vielerorts blank zu liegen. Frust, Aggressionen und überbordende Härten prägen bei manchen Spielen das Bild. Erstaunlich, wo doch alle das Comeback des Fußballs nach pandemiebedingter Auszeit so sehr herbeigesehnt hatten. In Wiesbaden bildet die zwölf Teams umfassende B-Liga 1 einen Konfliktschwerpunkt. Früher salopp als „Wild-West-Liga“ tituliert, heute ein Hotspot für Vorfälle. Es würde wohl noch mehr ausarten, wenn nicht die Vernünftigen eingreifen würden.

Am Sonntag soll ein Spieler des SC Gräselberg in der Partie bei CD Espanol beim Stand von 3:0 für die Gastgeber ausgetickt sein. „Einem unserer Spieler wurde mit der Faust direkt ins Gesicht geschlagen. Anschließend gab es Rot für den Gräselberger. Außerdem wurde einem weiteren Spieler von uns mit der flachen Hand aufs Ohr gehauen. Der Spieler hat einen Trommelfellriss erlitten. Es war wirklich eine völlig unnötige Aktion, das Spiel war gelaufen“, hatte Espanol-Sprecher Carsten Zillmann zu Protokoll gegeben. Verantwortliche des SC Gräselberg hätten sich entschuldigt. „Abgesehen davon, dass der Spieler gesperrt wird, bekommt er auch von uns eine Ruhepause und ist erst einmal raus“, erklärt Gräselbergs Rene Kaiser und fügt an: „Das hat nichts mit Fußball zu tun. Wir versuchen, den Spielern auch klarzumachen, dass sonntags Kinder am Spielfeld stehen, für die man Vorbild ist. Ich würde meinen Sohn gerne mal mit zu einem Spiel nehmen. Das kannst du aber nicht guten Gewissens, wenn solche Dinge passieren.“

Meinung: Einen Kommentar von Torsten Muders zu den negativen Vorfällen im Amateurfußball der letzten Wochen lest ihr hier.

Der Wiesbadener Kreisfußballwart Dieter Elsenbast zeigt sich entsetzt über die Regelmäßigkeit der Vorkommnisse: „Ich habe langsam das Gefühl, dass wir wieder eine Task Force installieren müssen. Probleme gab es schon immer. Aber es häuft sich, das ist das Problem. Vielleicht sind einige Spieler aufgrund der langen Coronapause nicht so fit und drehen aufgrund dieser möglichen Schwäche durch. Wir müssen jedenfalls aktiv werden. Ich hoffe, dass von den Schiedsrichtern nach Vorfällen entsprechende Meldungen gemacht werden. Und dann das Sportgericht tätig werden kann“, sagt der Kreisfußballwart. Aus seiner Sicht müsse das Strafmaß, je nach Vorkommnis, im Rahmen der Statuten ausgeschöpft werden. „Denn so geht der Fußball kaputt“, befürchtet Elsenbast. Im Fall von Tätlichkeiten, die den Tatbestand der Körperverletzung erfüllen, könne der Täter durch zivil- und strafrechtliche Anzeigen belangt werden, wenn es um Schmerzensgeld, zusätzliche Behandlungskosten und eine eventuelle Arbeitsunfähigkeit gehe, sagt der Kreischef.

Jürgen Brose, stellvertretender Fußballwart und B-Liga-Leiter, kann das Verhalten auf den Plätzen mit einer Fülle an Vorkommnissen in der Startphase der Runde genauswenig nachvollziehen: „Völliger Irrsinn. Das geht mir persönlich ein bisschen zu weit und strapaziert meine Zeit über Gebühr. Das Telefon steht nicht mehr still. Ständig gibt es Probleme. Auch, weil es nicht hinhaut mit den Tests.“ Die schweren Verletzungen von Spielern, die in die Klinik gebracht werden müssen – beim Spiel FC Nord gegen SC Polonia habe es einen Polonia-Akteur erwischt – kämen hinzu. Beim C-Liga-Spiel FV Delkenheim II gegen FC Albania stünden verbale Verfehlungen im Raum. Und nicht zuletzt würden Tätlichkeiten, wie die mutmaßlichen beim Spiel Espanol gegen SC Gräselberg ein schlechtes Licht auf den Amateurfußball werfen. Brose: „Wir haben erst ein paar Spieltage absolviert, aber einige drehen richtig am Rad. Jetzt ist Zusammenreißen angesagt. In den unteren Klassen ist das doch Amateursport, der Spaß machen soll. Da muss sich doch jeder fragen, um was es überhaupt geht, damit man die Gesundheit anderer gefährdet.“

Aufrufe: 016.9.2021, 16:00 Uhr
Stephan Neumann und Alexander KnittelAutor