2024-05-10T08:19:16.237Z

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Sindenttäuscht von ihrem HSV (v.l.) Teresa Brandt und Daniel Werner. privat
Sindenttäuscht von ihrem HSV (v.l.) Teresa Brandt und Daniel Werner. privat

So sehen Clubberer und HSV-Fans aus dem Landkreis Erding das Debakel

Rückkehr in die Bundesliga erneut verpasst

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Wut und Frust herrscht bei den Anhängern. Zwei Fans von Dynamo Dresden und SC Paderborn sehen dagegen die Abstiege relativ gelassen.

Erding – Das nächste Debakel für den Hamburger SV, der nach dem 1:5 gegen Sandhausen weiter zweitklassig bleibt. Entsetzen in Nürnberg, weil der Club in die Relegation Richtung 3. Liga muss, und aufrichtige Enttäuschung bei den Absteigern Dresden und Paderborn. Trotz der vielen Tiefschläge halten die Fans zu ihrem Club – speziell jene Anhänger, die im Landkreis Erding wohnen, die die Situation aber auch analysieren und die Schuld wahrlich nicht bei anderen sehen.

Sascha Hofmann ist seit fast zwei Jahrzehnten als Trainer, Jugendleiter oder sonstiger ehrenamtlicher Funktion beim FC Erding beziehungsweise der JFG Sempt Erding tätig. Sein Vater („fränkische Wurzeln“) ist schuld, dass er Club-Fan ist – allerdings einer, der auch die Situation in Nürnberg analysieren kann: „Es fehlt ein Lenker und Denker im Mittelfeld, der anschiebt“, sagt der 36-Jährige. Jens Keller sei kein schlechter Trainer. Ihn jetzt rauszuschmeißen, mache keinen Sinn, „weil ein Neuer innerhalb von 14 Tagen auch nicht viel verändern kann“, meint Hofmann. Das traut er höchstens Vereinslegenden wie Marek Mintal oder Michael Wiesinger zu. „Es hat halt innerhalb der Mannschaft nicht funktioniert. Die eigentlich guten Einzelspieler haben nicht zueinandergefunden.“ Der Lieblingsgegner in der Relegation? „Ingolstadt, wo Keller Trainer war, oder die Löwen mit dem Ex-Clubberer – das ist beides reizvoll. Aber eigentlich ist es egal. Die Chancen stehen in jedem Fall fifty-fifty“, glaubt Hofmann, der übrigens der SpVgg Fürth keinen Vorwurf macht. Der fränkische Rivale hatte zwar gegen den Club-Konkurrenten Karlsruhe verloren, „aber Fürth hat sich nicht abschlachten lassen wie der 1. FC Köln in Bremen. Außerdem hatte es Nürnberg ja selbst in der Hand.“

Böse Sprüche habe er sich in der Arbeit nicht anhören müssen, erzählt der Sozialversicherungsfachangestellte. „Wir gehen relativ human miteinander um“, sagt Hofmann und fügt hinzu: „Wir haben ja auch HSV-Fans unter uns.“

Der Wartenberger Daniel Werner ist ebenfalls HSV-Anhänger. Er war dienstlich im Ausland und damit „zum Glück ganz weit von jeglichem Hohn und Spott entfernt“. Das Spiel habe er live über BeIN („Das ist das arabisches Sky“) verfolgt. „Über die Leistung des HSV war ich einfach nur wütend und sprachlos“, sagt der Kreisliga- Fußballer. „Kein Herz, keine Seele und kein Kampfgeist, so was kann ich einfach nicht verstehen. Ich bin zwar nur Amateursportler, aber das sind Grundtugenden.“ Man könne ja ein Spiel verlieren, „aber man sollte sich nicht vorwerfen können, dass man nicht alles gegeben hat.“

Dem HSV-Fan graut vor der Zukunft: „Die Kassen sind leer, und die Mannschaft hat zwei Jahre in Folge bewiesen, dass sie keine Mentalität hat. Jetzt ist der Vorstand gefragt, der ein gutes Händchen bei neuen Spielern beweisen und den Kader auf Vordermann bringen muss.“ Dieter Hecking halte er weiterhin für einen hervorragenden Trainer. „Es muss einfach dringend eine Mannschaft mit Siegeswillen und Charakter her, mehr verlangt man im Norden gar nicht mal.“

Für Justin Werner ist der Abstieg von Dynamo Dresden in die 3. Liga „sportlich natürlich total in Ordnung. Nimmt man 34 Spieltage zusammen, waren Dynamo und Wiesbaden die schlechtesten Mannschaften der Liga“. Für den Oberdinger kam das auch nicht überraschend: „Die Kaderplanung im letzten Sommer war leider eine halbe Katastrophe.“ Sportgeschäftsführer Ralf Minge habe zwar im Sinne der Werte des Klubs und dem Willen der Fans gearbeitet. „Leider wurde dabei die Prüfung auf Qualität und Zweitliga-Tauglichkeit vergessen. Cristian Fiél wurde in einer Phase verbraten, in der man einen erfahrenen Trainer brauchte.“

Die verlängerte Heim-Quarantäne sei zwar ein Wettbewerbsnachteil gewesen, habe aber auch viel Positives: „Der Verein ist dadurch wieder extrem zusammengewachsen. Spieler haben gezeigt, dass sie ihr letztes Hemd für diesen Klub geben. Nichts anderes will man in Dresden sehen. Schöner Fußball hat die Leute noch nie großartig interessiert. Das ist Dynamo.“ Werner hofft auf „Konstanz und Nachhaltigkeit“. Trainer Markus Kauczinski, der neue sportliche Leiter Ralf Becker und das kürzlich eingeweihte Trainingszentrum stimmen den Sportjournalisten, der beim TuS Oberding kickt, zuversichtlich. „Der Verein muss diesen Abstieg nun als Chance sehen, etwas viel Größeres aufzubauen. Und darauf habe ich große Lust.“

Gelassen geht auch Immo Huber mit dem Abstieg des SC Paderborn aus der Bundesliga um. Das Lieblingsteam des Erdinger Schiedsrichters habe zwar speziell gegen die Großen – 3:3 nach 3:0-Führung in Dortmund, zwei knappe Niederlagen gegen Bayern – tolle Partien abgeliefert. Letztlich sei der Abstieg gerechtfertigt, „er hat sich ja in der zweiten Saisonhälfte schon früh angebahnt“. Dennoch: „Unser Team hat immer attraktiv nach vorne gespielt und einen guten Eindruck hinterlassen.“ Mit ewas mehr Glück, „und wenn die Mannschaft mal einen Lauf gehabt hätte“, wäre mehr möglich gewesen, aber die Qualität der Mannschaft und Einzelspieler habe wohl auch nicht gereicht. Ein Durchrutschen in die 3. Liga – wie beim letzten Abstieg passiert – befürchtet der 20-jährige Student (Lehramt Mathematik und Sport) nicht. „Steffen Baumgart wird sicher wieder eine schlagkräftige Mannschaft zusammenstellen.“ Dass ausgerechnet Nachbar Bielefeld nun aufgestiegen ist, ist für Huber kein Problem: „In Ostwestfalen geht es weniger um die Konkurrenz, da freut man sich eher drüber, dass es hier auch weiter Erstliga-Fußball gibt.“

Aufrufe: 030.6.2020, 10:00 Uhr
Erdinger Anzeiger / Dieter PriglmeirAutor