2024-05-15T11:26:56.817Z

Allgemeines

Schwere Verletzung als Fingerzeig

Vereinsvertreter beklagen Jagdszenen auf begabte Spieler +++ Patrick Frank mahnendes Beispiel +++ Voting zum Thema +++

GIESSEN - Eine halbe Stunde hat der Notarztwagen am vergangenen Sonntag auf dem Sportgelände in Allendorf/Lahn gestanden. Eine halbe Stunde bangen Wartens für die Mitspieler von Patrick Frank. Der Stürmer des ambitionierten A-Ligisten war bei einem Luft-Zweikampf auf den Hartplatz geknallt, er war bewusstlos, nicht ansprechbar. Mit dem Notarzt ging es für den technisch begabten Akteur, der in seiner vorübergehenden Wahlheimat Hamburg in der Verbandsliga gespielt hatte, ins Krankenhaus.

Frank lag zwei Tage auf der Intensivstation, kann sich an die Szene, die die drastischen Auswirkungen nach sich zog, nicht erinnern. Dem Allendorfer Torjäger drohe, „wenn es ganz dumm läuft“, wie sein Bruder und Trainer Dennis Frank erläutert, die Sportinvalidität, weil möglicherweise ein Dornfortsatz im Wirbelsäulenbereich „kaputt ist“. Aufschluss sollen weitere Untersuchungen ergeben.

Dennis Frank, ehemaliger Kicker des VfB 1900 Gießen und über Jahre auf Verbandsliga-Niveau aktiv, will „keine falschen Schuldzuweisungen machen“ und ist trotz des dramatischen Vorfalls gefasst und objektiv. Doch einen Hinweis, „deshalb melde ich mich auch“, mag er geben: „Die Szene, bei der Patty so schwer verletzt wurde, kann immer mal passieren, das ist mir schon klar. Fußball ist ein Kontaktsport und ich mache dem jungen Gegenspieler auch keinen Vorwurf.“

Doch dann kommt das prägnante „Ja, aber“: „Es kann nicht sein, dass begabtere und herausragende Spieler in den unteren Ligen zu Freiwild erklärt werden.“ Denn schon vor der eigentlichen Szene – und auch in anderen Spielen – „ist Patty quasi gejagt worden“. Eine Geschichte wird daraus, wenn diese Einschätzung immer wieder von verschiedenen Beobachtern geteilt wird. Auch Erwin Pitz von Schwarz-Weiß Gießen hat das beobachtet. Bei den Männern von der Lahnstraße spielt mit Jean-Claude Günther ein weit überdurchschnittlicher Offensivspieler, der „aber immer so auf die Socken kriegt“, wie Pitz sagt, „auch weil er einfach zu schnell ist.“

„Mister Schwarz-Weiß“ ist ein fairer Sportsmann. „Ich beobachte es Woche für Woche. In B- und A-Klasse werden Ausnahmespieler regelrecht gejagt. Der Trainer macht die Jungs heiß, die Schiedsrichter unterbinden solche Aktionen oft zu spät.“ Und ergänzt: „Jan Herold von Leihgestern hat das auch zu spüren bekommen, das habe ich unseren Jungs auch gesagt, dass das nicht in Ordnung ist. Die sagen dann, Jean-Claude wird ja auch nur getreten.“ Pitz, der vor „locker 20 Jahren die Schiri-Prüfung gemacht hat“, weiß auch: „Wir haben damals gesagt bekommen, Ausnahmespieler sind besonders zu schützen.“

Das bestätigt Kreisschiedsrichter-Obmann Hans Peter Schön (Albach): „Wir lehren bei unseren Schiedsrichter-Schulungen, dass überdurchschnittliche Spieler besonders geschützt werden müssen. Wenn technisch-versierte Spieler ständig gefoult oder beharkt werden, ist da besonderes Augenmerk drauf zu legen. Die Gesundheit steht über allem.“ Eine eindeutige Sache also? Ein A-Liga-Trainer, der nicht genannt werden will, sagt dazu: „Tatsache ist, dass die Schiedsrichter jedes Meckern mit einer Karte bestrafen, weil sie sich beleidigt fühlen, aber brutale Fouls oder Jagdszenen oft übersehen.“

Dennis Frank: „Ich weiß, es ist ein schwieriges Feld, aber meines Erachtens werden die Grenzen zu oft überschritten. Auch wenn jeder gewinnen will, ist der Fußball in den unteren Klassen doch nur ein Hobby.“ Patrick Frank muss sich nun so rasch wie möglich erholen, er ist Physiotherapeut in Kleinlinden. Das ist auch eine Frage der Existenz. „Gesunder Gedanke“ heißt seine Praxis. Schön wär‘s.

Aufrufe: 031.10.2014, 15:00 Uhr
Gießener AnzeigerAutor