Schmid und Holder treffen: Triumph zum Jubiläum dank riesigem Kampf

Feierlaune auf der Mittleren Alb: Die Regionenliga-Fußballerinnen des FC Römerstein 05 übergossen ihren scheidenden Trainer Tobias Röhm (seine Nachfolge ist noch ungeklärt) am Donnerstag im Pliezhäuser Schönbuchstadion gleich mehrmals mit Wasser und Bier.

Nur Laura Holder konnte kaum richtig mitfeiern. Die Torschützin zum 2:0, die mit ihrem Treffer die letzten Zweifel am Erfolg zerstreute, düste bereits mit dem Auto an ihren rund 900 Kilometer entfernten Studienort Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) ab. Zuvor hatte sich die Angreiferin ebenso wie ihre Mitspielerinnen die Lunge herausgerannt. Mit riesigem Einsatz versuchte der Tabellenneunte der Regionenliga 5, die klaren spielerischen Nachteile gegenüber dem in der Meisterschaft vor dem letzten Spieltag auf Relegationsplatz zwei liegenden Ligarivalen TSV Lustnau wettzumachen.

Lustnaus Trainer Reinhold Kramer (54 - in den 1980er Jahren Defensivspieler in der 2. Bundesliga beim SSV Ulm 1846) hatte es geahnt: "Schon in den Ligaspielen war dies mitunter unser Problem - stets klare Feldüberlegenheit und etliche Chancen, aber zu wenig Kapital daraus geschlagen. Bei solchen Temperaturen ist es immer für das Team, das nur hinten drin steht, verteidigt und auf Konter lauert, einfacher als für die permanent anrennende und das Spiel gestaltende Mannschaft. Die Niederlage, so ärgerlich sie auch ist, wirft uns aber nicht um. Unser großes Saisonziel ist der Aufstieg in die Landesliga über den Umweg Relegation."

Es war in der Tat kaum zu glauben: Letztlich machten die Tübinger Vorstädterinnen bei 27 Grad Celsius fast über die kompletten 94 Minuten (Nachspielzeit eingerechnet) das Spiel, vergaben aber zahlreiche Chancen und hatten zunehmend auch Mühe, gegen das Römersteiner Abwehrbollwerk durchzukommen.

"Alle - wir ebenso wie die Lustnauerinnen - hatten genau einen solchen Spielverlauf erwartet. Uns war klar, dass uns spielerisch Welten vom TSV Lustnau trennen. Aber wir haben bisher in allen Duellen mit diesem eindeutigen Favoriten ein Tor erzielt. Darauf vertrauten wir und genau diese Chance haben wir wahrgenommen", verrät Römersteins Trainer Tobias Röhm.

Geradezu paradox, dass die Römersteinerinnen bereits vor der Pause zwar nur zwei, dafür aber die beiden klarsten Möglichkeiten - jeweils nach krassen individuellen Abwehrschnitzern des TSV Lustnau - vergaben. Beide Male (22. und 34. Minute) scheiterte die vorne oft alleine auf weiter Flur kämpfende schnelle Römersteiner Stoßstürmerin Laura Holder - ein Mal an TSV-Torfrau Johanna Kaiser, ein Mal sogar am Pfosten. Und dies trotz mehr oder weniger Einbahnstraßenverkehr in Richtung Gehäuse der schwarz-weiß gedressten Röhm-Schützlinge. Rahel Locher (3.) und Angelika Oswald (5.) fanden in der Anfangsphase in der fehlerfreien FCR-Keeperin Nicole Wurster ihre Meisterin, allzu oft fehlte aber der letzte Pass oder die letzte Entschlossenheit beim Regionenliga-Tabellenzweiten, der sich letztlich fehlende Effektivität und Durchschlagskraft vorwerfen lassen musste.

Auch Lustnaus technisch herausragendes Ass Matea Grgic, die in ihrer Vita immerhin Einsätze für die U17-Nationalmannschaft Kroatiens stehen hat, fehlte bei Fernschüssen und Freistößen die letzte Präzision. "Die Römersteinerinnen standen alle hinten drin, es war schwer für uns, da durchzukommen. Leider hat uns das Glück gefehlt. Nun müssen wir alles daran setzen, um den Landesligaaufstieg zu schaffen", meinte die 19-jährige Grgic, die auch in der kommenden Runde am Neckar auf Torejagd gehen wird. Nachdem die eingewechselte Anna-Sophia Tenbruck (55., schlug acht Meter vor dem Kasten am Ball vorbei) und Rahel Locher (57., scheiterte vollkommen frei an der prächtig parierenden FCR-Torfrau Wurster) die Führung für Lustnau verpassten und TSV-Spielmacherin Matea Grgic nach einer Stunde wegen Krämpfen auf dem Rasen behandelt werden musste, schlug der FC Römerstein erbarmungslos zu. Eine Freistoßvorlage der als Turm in der Schlacht agierenden Abwehrchefin Nina Diester nahm Torjägerin Sarah Schmid (in der Regionenliga heuer schon elf Mal erfolgreich) an und steuerte unwiderstehlich aufs Lustnauer Tor zu. "Ich habe nur auf den Ball geschaut und das Ding dann mit letzter Kraft mit der Spitze versenkt", schildert Schmid ihren wichtigen 1:0-Führungstreffer in der 75. Minute, der die rund 50 FCR-Fans im Schönbuchstadion aus dem Häuschen brachte. Lauter wurde es nur zehn Minuten später, als abermals auf der linken FCR-Angriffsseite Unheil aufs Lustnauer Tor zurollte. Diesmal war Laura Holder bei ihrem dritten aussichtsreichen Versuch ebenso durchsetzungsfähig wie kaltblütig und sorgte mit dem 2:0 für die Entscheidung. Die Lustnauer Bemühungen danach prallten allesamt an der Römersteiner Abwehrmauer ab. Die spielerisch klar bessere Mannschaft war an den wie Gladiatorinnen kämpfenden Außenseiterinnen gescheitert. Auch eine Dezimierung des Underdogs - Kathrin Pehl sah in der 77. Minute nach Foulspiel gelb-rot - änderte daran nichts. Letztlich jubelten die Römersteinerinnen - pünktlich zum zehnjährigen Klubjubiläum. Was für ein Timing. Von 12. bis 14. Juni wird es dank des ersten Cupsiegs auf dem Festplatz am Böhringer Sportgelände nun noch ausgelassener zugehen als ohnehin geplant.

So spielten sie

TSV Lustnau: Kaiser - Schmitt, Franke, Kramer, Weber, J. Tenbruck (31. A.S. Tenbruck), Grgic, Locher, Rafai, Oswald, Meier (29. Spahlinger).

FC Römerstein: Wurster - Holder (86. Wörz), Stark, Diester, Ostertag, Rieck (53. Bauer), Schmid (77. Blochinger), Sieler, Cinkocki (89. Stehle), Flamm, Pehl.

Tore: 0:1 Schmid (75.), 0:2 Holder (85.).

Gelb-rot: - / Pehl (77.).

Schiedsrichterin: Isabel De Marco (Reutlingen, sie pfeift für den VfB Stuttgart).

Zuschauer: 150 (in Pliezhausen).