2024-06-06T14:35:26.441Z

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F: deutzmann.net / Winkelmann
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Schade für Baumberg: Der Analytiker geht

Die längst als Absteiger feststehende Oberligist SF Baumberg bestreitet morgen bei TuRU Düsseldorf sein letztes Spiel in dieser Saison. Für Co-Trainer Christian Ovelhey wird es sogar ein doppelter Abschied, denn er verlässt den Verein.

Christian Ovelhey gehört nicht zu den Lautsprechern im Lande. Was er aber sagt, meint er auch so - wovon sich die Sportfreunde Baumberg im Laufe der Saison regelmäßig überzeugen durften. Der 32-Jährige, der erst vor einem knappen Jahr als Co-Trainer an die Sandstraße kam, galt sogar als eine Art Chef-Analytiker, dessen Blick auf die gegnerischen Teams nahezu nichts entging.
Dass die Baumberger trotzdem aus der Oberliga in die Landesliga absteigen müssen, wurmt Ovelhey mächtig: "Das sieht jeder Sportler als Makel." Den trägt nun auch der Diplom-Sportwissenschaftler, der als Sportlehrer am Wermelskirchener Gymnasium arbeitet, mit sich herum - künftig allerdings nicht mehr in Baumberg. Der bisherige Co-Trainer verlässt den Verein.

Ovelhey hat unabhängig vom Abstieg beschlossen, sich fußballerisch anders zu orientieren. Eine Option: "Vielleicht spiele ich noch ein oder zwei Jahre." Dass er nicht viel verlernt hat, wies der gelernte Keeper am 30. November 2014 nach. Da hatten die Baumberger im Spiel bei Jahn Hiesfeld nur Tobias Bergen für den Posten zwischen den Pfosten. Und als sich Bergen nach einer halben Stunde eine Verletzung zuzog (Risswunde am Kinn), sprang Ovelhey natürlich ein. Durch gute Paraden war er sogar maßgeblich am 1:1 beteiligt.

"Ich möchte mit Torhütern arbeiten, ich möchte in meine Spezialisierung zurück", erklärt Ovelhey, der sich sehr gern an seine Tätigkeit beim VfL Bochum und der SG Wattenscheid 09 erinnert. Eines der Argumente für den Weg zurück: "Als Torwart-Trainer siehst du unglaublich schnell Verbesserungen." Im Paket reifte deshalb der Entschluss, die Zelte in Baumberg nach nur einem Jahr abzubrechen. Der Schritt trifft die Sportfreunde hart, weil sie für den Umbau der Mannschaft in der Landesliga nun zusätzlich einen neuen Co-Trainer suchen müssen. Deshalb gab es einige Versuche, Ovelhey umzustimmen. "Sicher hätten wir am liebsten mit ihm weitergemacht", betont der Sportliche Leiter Redouan Yotla, "er ist ja fachlich und menschlich top. Bei der Suche lassen wir uns jetzt Zeit."

Ausreichend Zeit, letzte Eindrücke mitzunehmen, hatte Ovelhey in dieser Woche. Als Vertreter von El Halimi, der aus beruflichen Gründen zwei Einheiten versäumte und erst am Freitag wieder zum Team stieß, leitete der Assistent das Übungsprogramm. Klar ist für ihn, dass der Saison-Abschluss am Sonntag (15 Uhr, Feuerbachstraße) bei TuRU Düsseldorf ein vernünftiger Abschied aus der Oberliga werden soll. "Das darf keine Kaffeefahrt werden", sagt Ovelhey, "viel hängt davon ab, ob wir einigermaßen Bock haben."

Bei der Suche nach den Ursachen für den Abstieg, der angesichts der hohen Qualität im Kader doch eine große Überraschung ist, findet der scheidende Co-Trainer viele Puzzleteile. Dazu gehört unter anderem das große Verletzungspech, das die Sportfreunde über die gesamte Saison hinweg verfolgte. Weil Ovelhey der Chef-Analytiker ist, bleibt er nicht bei diesem Punkt: "Das kann niemals eine allumfassende Erklärung sein - wie Glück auch nicht." Seiner Auffassung nach standen Aufwand und Ertrag bei den Baumbergern, die in der Rückrunde ein deutlich verbessertes Betriebsklima hatten, in einem krassen Widerspruch zueinander.

"Wenn es nur nach Lust und Laune geht, wird es schwierig. Spielen wir dagegen mit Disziplin und Struktur, haben wir die Möglichkeit, uns frühzeitig zu sichern", hatte Ovelhey am Anfang seines Engagements in Baumberg vermutet. Gesicherte Erkenntnis ist, dass Baumberg zu keinem Zeitpunkt so etwas Ähnliches wie Konstanz herstellen konnten. Ganz nebenbei kommt in der Analyse über die Sportfreunde auch der Name Ovelhey vor: "Was wäre ich für ein Trainer, wenn ich mich nicht hinterfragen würde?" Bei Ovelhey klingt das so, dass es ihm jeder abnimmt. Ein großer Lautsprecher braucht er deshalb gar nicht zu sein.

Aufrufe: 06.6.2015, 08:00 Uhr
RP / Michael DeutzmannAutor