2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
– Foto: Flucke

»Raus aus der Komfortzone«

GL FFM WEST: +++ Beim FC Neu-Anspach verändert sich personelle Ausgangslage / Casparis letzte Saison als Sportlicher Leiter +++

NEU-ANSPACH. Kurz vor dem Ende der vergangenen Spielzeit hat der FC Neu-Anspach nach gutem Saisonbeginn quasi auf den vorletzten Drücker den Klassenerhalt in der Fußball-Gruppenliga Frankfurt West geschafft. Der seit 15 Jahren erst für die SG Anspach und dann für den FC Neu-Anspach tätige Sportliche Leiter Michael Caspari analysiert im UA-Interview die Ursachen und wie diese nun abgestellt werden sollen. Zudem wirft er einen Blick auf die Entwicklung des Jugendfußballs im heimischen Kreis und nennt das Datum, an dem er sein Amt abgeben wird.

Wie charakterisieren Sie die abgelaufene Saison 2018/19, wenn Sie dafür nur fünf Wörter verwenden dürfen?

Härteste Saison seit zehn Jahren!

Wo liegen in Ihren Augen die Ursachen für den harten Kampf um den Klassenerhalt?

Beim FC Neu-Anspach hatte sich eine Komfort-Zone entwickelt. Da wird man bequemer, die Ansprüche sinken. Das ist ein schleichender Prozess, den wir nun ändern wollen und werden. Die Spieler müssen bei uns nur Fußball spielen und sich um nichts sonst kümmern. Die können völlig gechillt sein. Doch das führte zur bekannten Situation und dem harten Kampf um den Klassenerhalt. Wie neulich bekannt gegeben, gibt es zur neuen Saison hin eine so große Fluktuation an Spielern wie noch nie zuvor bei uns.

Möchten Sie denn die Verjüngung dennoch fortsetzen?

Diesen Prozess so weiterzuführen, wäre fatal. Wir werden wieder viele junge, aber auch erfahrene Spieler neu dazubekommen, sodass es eine gute, gleichmäßig aufgefüllte, gesunde Mischung aus erfahren und jung geben wird. Das Gerüst mit jungen Eigengewächsen wird weiter vorhanden sein.

Was hat Sie in der vergangenen Spielzeit am meisten erfreut?

Ganz klar, dass wir die Kurve bekommen haben. Trainer Jörg Loutchan hat die Mission erfüllt, wenngleich es sein zurückgetretener Vorgänger Rico Henrici wohl auch gepackt hätte. Gottseidank hat es geklappt.

Und was hat Sie am meisten geschmerzt?

Dass wir, nachdem wir uns am 13. Spieltag in der Komfortzone des zweiten Tabellenplatzes befunden hatten, abgesackt sind. Da haben wir alle, mich eingeschlossen, komplett tatenlos zugeschaut.

Der FC Neu-Anspach, der bei seiner Gründung alle Fußball-Abteilungen in Neu-Anspach gebündelt hatte, ist inzwischen nicht mehr der einzige Klub, bei dem in der Kleeblattstadt im Männerfußball um Punkte gespielt wird. Sehen Sie die SG Westerfeld als stadtinternen Konkurrenten?

Ich sehe das emotionslos. Wir haben es logistisch nicht gepackt, unsere dritte Mannschaft am Leben zu erhalten und das war die legitime Konsequenz. Ich sehe die SGW aber nicht als Konkurrenz. Die sollen einen guten Job machen, ich gratuliere herzlich zum Aufstieg.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung im Jugendfußball im Fußballkreis Hochtaunus?

Die negative Entwicklung bei den A-Jugend-Teams ist sehr bedenklich. Das ist ein großes Problem für den Unterbau der Senioren. Als eine Option, um die Wettbewerbsfähigkeit im Jugendbereich zu steigern, betrachte ich eine Zusammenarbeit mit einem anderen Fußballkreis. Ich verstehe da die Handlungsunfähigkeit im Kreis nicht. Das ist eine Katastrophe und kann ein Vereinssterben hervorrufen, das schneller ist und mehr Vereine betrifft, als sich aktuell so manche vorstellen können. So kann man nicht weitermachen. Der Verband hat es sich leicht gemacht, indem er die Vorgaben für die Menge an notwendigen Jugendteams als Unterbau des Seniorenspielbetriebs der Vereine verringert hat. Da muss eine Erhöhung her. Dazu kommt auch, dass generell Vereine, egal welcher Sportart, bessere bundesweite Förderung erhalten müssten. In den Vereinen wird intensiv für die Jugend gearbeitet, da wird ganz viel soziale Kompetenz und Teamplay vermittelt. Da muss ein Umdenken her. Wenn das Vereinsleben wegstirbt, dann wird es ganz bedenklich. Und für unsere Verbandsmitarbeiter mal ein Vorschlag: Sie sollten vielleicht mal in eine Shisha-Bar gehen, wo sie die jungen Menschen treffen und mal direkt mit denen reden, was die sich wünschen und erhoffen. Genau da ist die Basis zu suchen, nicht bei irgendwelchen Konferenzen.

Themawechsel: Sorgt die aktuelle Granulat-Problematik gemäß EU-Verordnung auf Kunstrasenplätzen auch bei Ihnen für Sorgenfalten?

Noch gilt es da abzuwarten. Ich stelle mir aber die Frage, ob ein Kind, das an der Hanauer Landstraße in Frankfurt aufwächst, gesünder lebt als Fußballkinder, die beispielsweise hier auf dem Land in Neu-Anspach oder Usingen auf Kunstrasen Fußball spielen.

Abschließend: Sie sprachen in einem vorangegangenen UA-Interview davon, demnächst ihren Posten zu räumen. Wie ist da der Sachstand?

Ich werde dem Verein natürlich extrem verbunden bleiben, aber ab der Saison 2020/2021 wird Jerome Lehmann neuer Sportlicher Leiter des FC Neu-Anspach. Er macht aktuell schon einen unglaublich guten Job und ist unentbehrlich für diesen Verein.



Aufrufe: 023.6.2019, 20:00 Uhr
Dirk Ortmann (Usinger Anzeiger)Autor