2024-05-02T16:12:49.858Z

Kommentar

Projekt Kickers: Junge Baden-Badener mit großen Visionen

Kickers Baden-Baden - Neue Führung, neuer Coach, neue Spieler

Die Corona-Krise bestimmt seit Wochen unser Leben. Es wird viel gejammert, viel gesprochen und viel spekuliert. Jeder hat hier was gehört, dort was gelesen und am Ende trotzdem keine Ahnung. Es wäre einfach, in Zeiten wie diesen nur zu jammern, dem Staat die Schuld zu geben oder Attila Hildmann und Xavier Naidoo zu folgen. Es gibt aber Gott sei Dank auch die Menschen, die etwas mehr im Kopf haben als ein veganener Koch und ein nicht mehr zu erkennenden Popstar. Es gibt jene Menschen, die die Ärmel hochkrempeln, die anpacken, die nach Lösungen suchen und die das beste aus der Situation machen. Einer dieser Personen ist der junge Baden-Badener Gastronom Angelo Tortora - "Il Capo" vom Mamma Lina und leidenschaftlicher Fußballspieler. Der 29-jährige Napoli-Fan hat fast alles was einen Mann glücklich macht - eine überragend laufende Pizzeria und in wenigen Wochen heiratet er seine große Liebe. Und da wir hier aber nicht beim Restaurantführer oder WeddingPlaner sind kommen wir nun auch endlich zum Punkt: Tortora wird künftig im großen Stil bei den Kickers Baden-Baden einsteigen. Als Sponsor, als Sportdirektor, vielleicht als Spieler, vor allem aber als leidenschaftlicher und stolzer Baden-Badener mit einer großen Vision: "Unserer aller Kinder sollen irgendwann in diesem Verein kicken". FuPa Baden-Baden hat sich vor wenigen Tagen mit den "neuen Kickers" getroffen und schon bei der Ankunft festgestellt, dass in diesem Verein nichts mehr ist wie es war.

Der Aufschrei im Sommer 2019 war groß, als sich Bezirksligaabsteiger Fatihspor Baden-Baden einfach einen neuen Namen gab und als Kickers Baden-Baden weiterhin in der Kreisliga A spielen durfte. Viele andere Vereine fühlten sich benachteiligt, doch unterm Strich lief alles sauber und korrekt. Während man sich also andererorts weiter unbegründet aufregte, passierte rund um den "neuen Verein" etwas. Im Juli 2019 übernahmen Kevin Gradito und Semih Kalay einen Verein, der praktisch nicht mehr existierte. Gradito, ebenfalls junger Gastronom aus Baden-Baden (Griffins Burger/Pub) und Kalay (Vermögensberater, Schiedsrichter, Schiedsrichtergruppenobman, Mitglied im Bezirksschiedsrichterausschuss) stellten also innerhalb weniger Wochen irgendwie ein Team auf die Beine um gleichzeitig bereits an die Zukunft zu denken. Im Hintergrund nämlich wurde viel gearbeitet. So wurde nicht nur Tortora für das Projekt gewonnen, sondern fanden auch viele Gespräche mit Duran Akgül statt. Der langjährige Fatihspor-Vorstand steht dem jungen Team weiter als erfahrener Vereinsmensch zur Seite und ist damit der letzte verbliebene "Fatihspor'ler" bei den neuen Kickers. Diese neuen Kickers haben Pläne und Visionen und im Gespräch wird recht schnell klar, dass das hier etwas anderes werden kann als nur eine "Söldnertruppe mit kurzfristigem Erfolg". "Wir werden in der neuen Saison mit einer 2.Mannschaft an den Start gehen und möchten auch bald im Jugendbereich konkurrenzfähig werden", so Gradito. Mit Max Weiss hat der Verein künftig auch einen Jugendvorstand und somit ist das Team um das Team richtig gut, erfrischend und motiviert aufgestellt.

Die Tore schießen sollen künftig andere und dafür hat Tortora in den letzten Wochen viele Gespräche geführt. "Alle Gespräche waren ehrlich und auf Augenhöhe. Natürlich verdienen die Jungs hier auch ein paar Euro, aber sicherlich nicht mehr als bei ihren aktuellen Vereinen. Wir haben auch Spielern abgesagt, weil sie nur wegen der Kohle zum Gespräch hier waren und keine Leidenschaft für das Projekt entwickelt haben. Sowas wollen wir nicht. Jeder soll für diesen Verein, für diese Stadt und dieses Projekt leben. Wer nicht passt, kann dann auch direkt wieder gehen, egal wie groß der Name ist", so Tortora recht deutlich und überzeugend. Einige bekannte Namen mit höherklassiger Erfahrung haben sich Tortora&Co. angeschlossen, man darf außerdem davon ausgehen, dass noch weitere folgen werden.

Zum heutigen Tag sind folgende Neuzugänge fix: Artur Schmidt (Baden-Oos), Igor Lalic (Baden-Oos), Emre Topal (Baden-Oos), Lari Djordjevic (Baden-Oos), Ousman Njie (OSV), Aykut Ademogullari (Sv Ulm), Nico Kosic (VfB Bühl), Agit Selvi (Lichtental), Florian Gerstner (Lichtental) und Markus Niezgoda (früher RSC).

Da dürfte dann jetzt schon klar sein, wer in der neuen Saison als Favorit der Kreisliga A Süd gelten wird. "Klar wollen wir in die Bezirksliga, vielleicht auch in die Landesliga, aber dafür verlassen wir nicht unseren Weg und unsere Philosophie. Es muss immer menschlich passen, das ist die Grundlage, sowohl im Unternehmen als auch beim Fußball", so Tortora, der hinterfügt: "Alle Spieler hatten übrigens auch für die Kreisliga B zugesagt". Neben den Neuzugängen ist den Verantwortlichen sehr wichtig, dass von der aktuellen Mannschaft so viel wie möglich bleiben. "Wir brauchen jeden Spieler und egal ob er in Team 1 oder Team 2 spielen wird, jeder soll hier Spaß haben und Anerkennung finden. Wir wollen ein großer Verein werden, eine Familie und da unterscheiden wir nicht zwischen gutem und schlechten Fußballer", so Gradito.

Ein Team gespickt mit unterschiedlichen Typen und Nationalitäten muss immer auch geführt werden und auch hier haben Gradito, Tortora & Kollegen bereits Nägel mit Köpfen gemacht. Neuer Trainer ab Sommer wird Stephan Kübler werden, ihn wird als Fitnesstrainer Philipp Zimmer unterstützen. Möglicherweise wird noch ein Co-Trainer dazukommen, ziemlich sicher aber ein Torwarttrainer. Kübler und Zimmer sind im Bezirk keine Unbekannten und haben beide ihre Erfahrungen gesammelt. Kübler war bereits in Lichtental als Co-Trainer tätig und geht nun in die erste Saison als Chefcoach. "Im ersten Schritt ist es meine Aufgabe, aus all diesen Spielern ein Team zu formen - nur darauf kommt es an. Ich möchte, dass wir uns auf und neben dem Platz diszipliniert und respektvoll gegenüber dem Gegner, Schiedsrichter und den gegnerischen Fans zeigen. Nur so können wir als Team auch dafür sorgen, dass der Verein weg vom "Fatihspor-Image" kommt", so Kübler. "Uns ist bewusst, dass es immer gefährlich ist mit so vielen Nationalitäten, gerade auch dann, wenn mal die ersten Rückschläge kommen. Aber dann müssen wir als Verein da sein und unseren Weg weitergehen", so Tortora.

Im Gespräch mit den "jungen Wilden" wird klar, dass das für alle Beteiligten mehr als nur "ein Managerspiel" ist. Auch erwecken die "selbstständigen Gastronomen" nicht den Eindruck, als wollen sie die "Abramovic's von Baden-Baden" werden. Im Gegenteil. Bei allen spührt man das Herzblut - vor allem für die Stadt Baden-Baden. Gradito ist eigentlich SC'ler, Tortora hat seine Wurzeln beim FC Lichtental. "Bei beiden Vereinen war solch ein Projekt aufgrund der vorhandenen Strukturen aber nicht möglich und so haben wir die Chance ergriffen und die Kickers übernommen. Wir starteten praktisch bei Null, aktuell hat der Verein knapp 40 Mitglieder", so Gradito.

Das Aumattstadion wird somit auch künftig vom SC Baden-Baden und den Kickers geteilt und gerade beim Thema Stadion gerät Tortora ins Schwärmen: "Wir müssen den Fußball im Aumatt am Leben halten. Dieses Stadion hat so viel positives und wir wollen dafür sorgen, dass man schon bei der Einfahrt in die Stadt spührt, dass da rechts neben der Straße mehr als nur ein Leichtathletikstadion ist".

Bei all dem positiven haben die Jungs aber auch erste Rückschläge verkraften müssen, besonders beim Thema Stadion und Zusammenarbeit mit dem SC lief aus Kickers-Sicht nicht alles rosig. "Wir sind auf alle zugegangen, aber haben im Prinzip nur Watschen bekommen. Wir dürfen nicht mal Bier an den Heimspielen verkaufen, weil sich gewisse Personen dagegen wehren. Das ist ärgerlich, bestärkt uns aber in dem Vorhaben, schon bald die Nummer 1 der Stadt zu werden", so Gradito.

Zum Abschluss fielen dann noch Worte, die meinen Eindruck recht gut beschreiben. "Wir möchten das vorleben und umsetzen, was wir von anderen gelernt haben. Wir wollen unser Temperament mit deutschem Leben füllen und allen zeigen, dass wir kein Türken- oder Italienerverein sind".

Es wird spannend bleiben, gerade mit Blick auf die neue Mannschaft. FuPa wird die Jungs eng begleiten und in regelmäßigen Abständen darüber berichten. Nicht weil wir Baden-Baden so lieben, sondern wegen dem Fußball. Und dieses Projekt kann groß werden, wenn alle Beteiligten in zwei oder vier Jahren genau so sprechen und handeln wie jetzt. Und wer weiß, vielleicht kickt dann irgendwann tatsächlich der Enkel von Rainer Schütterle im Aumatt. Mit Ball. Und mit Liebe. #conamore

Aufrufe: 019.5.2020, 20:00 Uhr
EmrichAutor