2024-05-02T16:12:49.858Z

Pokal
Patrick Hagg bereitete das Verhalten der Vereinsverantwortlichen in den vergangenen Wochen und Monaten Kopfzerbrechen. Foto: Karl-Heinz Bodon
Patrick Hagg bereitete das Verhalten der Vereinsverantwortlichen in den vergangenen Wochen und Monaten Kopfzerbrechen. Foto: Karl-Heinz Bodon
VR Bank Bodensee-Oberschwaben

Patrick Hagg löst seinen Vertrag auf

Urgestein ist nicht mehr Trainer des SC Pfullendorf – Öner Topal sitzt gegen Linx (Sa., 17.30 Uhr) auf der Bank

Pfullendorf / sz - Patrick Hagg ist nicht mehr Trainer des SC Pfullendorf. Auf Haggs Wunsch – so Haggs eigene Auskunft – wurde der Vertrag zwischen ihm und dem Fußball-Verbandsligisten am Donnerstagabend aufgelöst, nachdem Patrick Hagg seinen Salemer Anwalt Bernhard Mussgnug beauftragt hatte, "die Sache zu beenden".

"Ich habe in der Nacht zum Freitag endlich mal wieder ruhig und tief geschlafen", bekannte der ehemalige langjährige Spieler des SC Pfullendorf aus der "goldenen Generation" des SCP. Hagg hatte zwischen 1998 und 2008, in zehn Jahren, 207 Regionalligaspiele für den SC Pfullendorf bestritten und war 2011 – nach dem Abschied von Helgi Kolvidsson Cheftrainer geworden. Vor knapp zwei Wochen hatte Hagg öffentlich seinen Unmut über den fehlenden Rückhalt im Verein geäußert. Der neue sportliche Leiter des SCP, Robert Hermanutz, habe ihm – so Hagg am 24. Juli gegenüber der Schwäbischen Zeitung Pfullendorf – im Nachgang des Markdorf-Cups sämtliche Fähigkeiten als Trainer abgesprochen. Für Hagg die Spitze des Eisbergs in den vergangenen Monaten. Hagg hatte im Artikel sein Unverständnis über die Äußerungen von Hermanutz bekundet und beklagt, er habe in den vergangenen Monaten "ständig gewisse Dinge schlucken müssen". "Aber ich bin hier nicht der Schuhabtreter. Ich lasse mir das jetzt nicht mehr gefallen", sagte Hagg zwei Tage nach dem 4:0-Sieg im Finale des Markdorf-Cups gegen den TSV Berg. Robert Hermanutz wollte damals die Vorwürfe nicht kommentieren.

Das will der Verein noch immer nicht, auch nicht nach der Trennung. "Patrick Hagg ist nicht mehr Trainer des SC Pfullendorf. Der SC Pfullendorf und Cheftrainer Patrick Hagg haben am Donnerstag den bestehenden Arbeitsvertrag in gegenseitigem Einvernehmen aufgelöst. Das Team wird beim morgigen Heimspiel gegen den SV Linx von Öner Topal, Trainer des Pfullendorfer F-Teams, betreut. Um die Vorbereitungen auf das Spiel nicht zu stören, werden Rückfragen zu dieser Personalentscheidung ausschließlich auf der Pressekonferenz nach dem morgigen Spiel beantwortet. Wir bitten um Ihr Verständnis", lautete am Freitag die lapidare Presseerklärung des SCP.

Weitere Erklärung im Internet

Am Freitagabend teilte der Verein dann auf seiner Homepage mit: "Die Gründe liegen darin, dass Patrick Hagg und der SC Pfullendorf unterschiedliche Vorstellungen in der weiter Entwicklung der sportlichen Ausrichtung des SC Pfullendorf hatten. Der SC Pfullendorf bedankt sich bei Patrick Hagg für die geleistete Arbeit, sei es als Trainer oder als jahrelanger aktiver Spieler. (...) Mit der gebotenen Ruhe und Sorgfalt wird der SCP eine Nachfolger suchen."

Aus sportlicher Sicht scheint die Trennung trotzdem kaum nachvollziehbar. In der vorvergangenen Saison hatte der Trainer Patrick Hagg - beim SCP oft genug "Mädchen für alles" - den SCP noch in der Oberliga gehalten. Erst als weitere Leistungsträger wie Stefan Vogler den Verein verließen und kein adäquater Ersatz kam, war seine Mannschaft chancenlos. Der Abstieg war die fast logische Konsequenz. "In der Vorbereitung zu dieser Saison war die Mannschaft gut drauf. Wir haben im Finale des Markdorf Cups den TSV Berg mit 4:0 geschlagen. Das ist keine Laufkundschaft. Und auch im Pokal haben wir 5:1 gewonnen", sagt Hagg. Es tue ihm leid wegen der Spieler. Wohl auch weil einige nur wegen Hagg in Pfullendorf (wieder) anheuerten.

Doch mehr als er es zu seinen eigenen Befindlichkeiten tut, will Patrick Hagg nicht sagen – zunächst. "Mein Vertrag läuft noch bis zum 31. August. Ich bin aber ab sofort freigestellt", bestätigte Patrick Hagg am Freitag gegenüber der Schwäbischen Zeitung.

"Mein Anwalt hat mir geraten, mich bis zum 31. August nicht zu äußern", erklärt er. Die Mannschaft informierte Hagg am Donnerstagabend - per What’sApp. "Persönlich verabschieden werde ich mich nächste Woche. Dann werde ich im Training vorbeischauen."

Anwalt: Abmahnung fragwürdig

Der Tropfen, der das Fass wohl zum Überlaufen brachte, war wohl eine Abmahnung, die der Verein gegenüber Hagg am vergangenen Dienstag ausgesprochen hatte, um so auf die Äußerungen Haggs in der Schwäbischen Zeitung zu reagieren. Hagg bat drauf seinen Anwalt, Bernhard Mussgnug, "die Sache zu beenden". Mussgnug, der nach eigener Auskunft Hagg bereits "seit einem halben Jahr berät", unterbreitete dem Verein schließlich am Mittwoch einen Vorschlag zur Trennung, den der Verein akzeptierte. "Aus meiner Sicht herrschten zwischen den Parteien unüberbrückbare Differenzen. Das war insgesamt ein länger andauernder Prozess", so Mussgnug weiter. Der Anwalt bestätigt, dass der Verein den Modalitäten der Vereinbarung in allen Punkten zugestimmt habe. "Einzig der Bitte nach einer sofortigen Trennung stimmte der SC Pfullendorf nicht zu. Wohl aus Furcht, Hagg gehe sofort an die Öffentlichkeit", vermutet der Anwalt.

Mussgnug und Hagg ihrerseits lehnten eine weitere Forderung des Vereins ab. "Der Verein wollte, dass in das Auflösungspapier eine Verschwiegenheitsklausel eingearbeitet wird. Das haben wir abgelehnt. Die Verschwiegenheitsklausel, so Mussgnung weiter, wolle der Verein wohl vor allem, um zu vermeiden, dass sich Patrick Hagg nach dem Auslaufen des Vertrags äußere. "Dieses Bedürfnis hat Patrick Hagg aber wohl. Auch um einige Dinge aus seiner Sicht klarzustellen. Ich denke, mein Mandant wird sich dazu äußern, mit Bedacht. Aber er ist ohnehin ein Mensch, der sachlich bleibt." Hagg werde nur Dinge äußern, die er auch belegen könne.

Die Abmahnung selbst sieht Mussgnug als nicht justiziabel an. "Ihm wird ja in der Abmahnung vorgeworfen, schmutzige Wäsche gewaschen zu haben. Ich habe den Artikel gelesen. Das, was Patrick Hagg gesagt hat, ist sicher nicht abmahnungswürdig", sagt der Anwalt. Ein Angestellter dürfe sich sehr wohl zu Dingen äußern, die aus seiner Sicht nicht in Ordnung seien und könne sagen: "Da laufen Dinge, die ich nicht akzeptieren will." Das sei sicher nicht vereinsschädigend. Trotzdem werde man nicht mehr gegen die Abmahnung vorgehen, so Mussgnug. "Das mache ich halt, wenn ich auf Weiterbeschäftigung klage. Auf der anderen Seite: Gibt es eine Abmahnung, ist die Axt meist eh’ schon am Baum."

Aufrufe: 05.8.2016, 21:34 Uhr
Schw�bische Zeitung / Von Marc DittmannAutor