2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines

Offener Brief an den NFV

Stellungnahme zum Abbruch oder zur Fortführung der Saison von diversen Vereinen +++ Fünf Seiten vom anonymen Verfasser #FairPlayGemeinsam

Ein anonymer Brief, mit einer Stellungnahme zum Abbruch oder zur Fortführung der aktuellen Saison, der an den NFV-Präsidenten Günter Distelrath adressiert ist, erreichte uns heute.

In dem Brief, der wohl mit verschiedenen Vereinsverantwortlichen in Niedersachsen abgesprochen ist, geht es um die Entscheidungen und Hintergründe zur Fortsetzung und zum Abbruch der Saison. Die anonymen Verfasser, die mit dem Hashtag #FairPlayGemeinsam unterschrieben haben, nennen Beispiele und Möglichkeiten, berufen sich auf Statistiken und absolvierte Spiele aus den verschiedenen Ligen und vergleichen mit anderen Bundesländern.

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Wir haben den Brief für euch:

Sehr geehrter Herr Distelrath,
Sehr geehrte Damen und Herren,

gern möchten wir im Vorfeld zu der Sitzung des Verbandsvorstandes des NFV zum Abbruch oder zur Fortführung der Saison 2020/2021 des NFV Stellung beziehen.

Vorweg möchten wir anmerken, dass selbstverständlich die Gesundheit aller immer im Vordergrund stehen sollte und immer absolute Priorität genießen sollte.

Mit Ausbruch der Pandemie im Jahr 2020 in Deutschland begann für alle Teile der Bevölkerung eine schwere und noch nicht gekannte Phase der Entbehrung und Einschränkung seit Beginn der Nachkriegszeit.

Nach zwölf Monaten Pandemie merkt man derzeit sehr stark, dass die Bevölkerung nach Lichtblicken sucht und große Teile derselben müde bezüglich der Einschränkungen werden. Dies musste selbst die Bundesregierung feststellen und die geplanten Maßnahmen der letzten Bund-Länder-Konferenz zum Wohle der Bevölkerung in Teilen wieder zurücknehmen.

Die aktuelle Phase zeigt, dass die Leute sehnsüchtig nach positiven Dingen suchen, um die anhaltende Frustration auf einem aushaltbaren Pegel zu halten. Lichtblicke, wie in erster Linie die Hoffnung auf Öffnung und erneutes Anfahren des gesellschaftlichen Lebens sind hierfür wichtige Strohhalme.

Wir sind uns sicherlich einig, dass Corona Auswirkungen auf gesellschaftliche Verhaltensweisen haben wird und die Frustration und die Vereinsamung vieler Teile der Bevölkerung noch nicht absehbare negative Implikationen hat. Die psychologischen Spätfolgen sind noch nicht absehbar Für viele Menschen ist gerade der Sport ein wichtiger und wesentlicher Aspekt, um Hoffnung auf eine Besserung in sozialer und gesellschaftlicher Hinsicht zu geben und den negativen Folgen wie der Vereinsamung entgegenzuwirken.

Auch hier führt die derzeitige Situation zu extremer Frustration der Aktiven, der engagierten Ehrenamtlichen und der Fans und Zuschauer. Mit höchstem Kraftaufwand haben wir in den zurückliegenden zwölf Monaten stets versucht das bestmögliche aus der Situation zu machen und haben unter erheblichem Zeitaufwand große finanzielle Anstrengungen unternommen, um im Rahmen des Zulässigen einen rudimentären Trainings- und Spielbetrieb in den Phasen, in denen es möglich war, aufrecht zu erhalten.

Als konkrete Spätfolge für die Sportvereine befürchten wir durch die Entfremdung der Mitglieder „zu Ihrem Verein“ Vereinsaustritte, die Beendigung ihrer aktiven Zeit bei vielen Aktiven und einen weiteren starken Rückgang der Bereitschaft zum Ehrenamt, was unsere Gesellschaft schon jetzt massiv betrifft und die Vereine in ihrer Existenz und Struktur bedroht.

Aus unserer Sicht müssen bei der Frage zum Fortgang der laufenden Saison daher klar die gesellschaftspolitischen Aspekte im Vordergrund stehen, welche der NFV in § 3 (2) c) seiner Satzung fest verankert hat. Die Punkte:

- die Förderung des Schulfußballs und andere Formen der Kinder- und Jugendsozialarbeit
- die Förderung des Behindertenfußballs
- die Förderung des Freizeit- und Breitensports
- die Integration sozialer Randgruppen, insbesondere die Resozialisierung von Strafgefangenen
- die Unterstützung sozialer Einrichtungen für verletzte oder in Not geratene Sportler.

sollten hier im Mittelpunkt stehen. Insbesondere in den Bereichen des Schulfußballs und anderen Formen der Kinder- und Jugendsozialarbeit sowie des Freizeit- und Breitensports befürchten wir negative Auswirkungen, wie die bereits beschriebenen verstärkt sinkenden Zahlen von aktiven und passiven Mitgliedern.

Der Sport, und hier konkret der Fußball, ist damit für uns ein integraler Bestandteil einer hoffentlich baldmöglichst eintretenden Besserung der derzeitigen Situation.

Zwischenzeitlich haben leider die steigenden Infektionszahlen mit ihren Mutationsvarianten zu einer Verschärfung der Situation geführt. Dagegen stehen die Prognosen bezüglich der steigenden Impfquoten innerhalb der Bevölkerung, eine Verbreitung des Einsatzes von Schnelltests und Hygienekonzepten.

Extrem wichtig aus psychologischer Sicht ist aber insbesondere die Hoffnung der Bevölkerung auf eine teilweise Rückkehr zur Normalität. Ein Lichtblick, dass die Einschränkungen reduziert werden, die Vereinsamung nicht noch größer wird und das gewohnte Leben eventuell absehbar zurückkehren könnte.

Die Politik hat die Frustration und den erlahmenden Willen zur Akzeptanz der Maßnahmen bei den jüngsten Entscheidungen aufgegriffen, da diese Regelungen dauerhaft nicht mehr durchsetzbar waren.

In unseren Ausführungen fühlen wir uns durch die Aussagen von Ihnen, sehr geehrter Herr Distelrath vom 13.03.2020 bestätigt, indem Sie uns Vereinen aus der Seele gesprochen haben und an dem Ziel einer sportlichen Beendigung der Saison 2020/2021 festhalten wollten. Hierbei sollte jedoch auch die Planungssicherheit nicht leiden. Dies ist für uns absolut nachvollziehbar. Seither hat sich aus unserer Sicht jedoch grundsätzlich nichts geändert. Die neuerlich steigende Zahl der Infektionen kam seit Ihren Aussagen vom 13.03.2021 für interessierte Beobachter des Infektionsgeschehens leider nicht unerwartet.

Die Rücknahme des ersten Entwurfs der Bund- Länder-Konferenz zeigt, wie das Stimmungsbild in der Bevölkerung ist und dass die Sehnsucht zur Normalität immer stärker anwächst. Uns ins absolut bewusst, dass Entscheidungen unter dieser Unsicherheit extrem schwer sind und dass Sie diese Abwägungen bestmöglich vornehmen. Der Sinneswandel des NFV innerhalb von nur zehn Tagen ist aus unserer Sicht jedoch verfrüht.

Sie hatten betont, wie groß die Liebe zum Fußball aller Beteiligten ist und wie sehr wir alle unseren Sport vermissen.

Daher möchten wir Sie bitten, unserer Hoffnung auf Ausübung unserer Leidenschaft und dem sportlichen Wettbewerb noch einen Aufschub zu gewähren. Das Zeitfenster ist unseres Erachtens noch ausreichend. Diese Auffassung teilt auch der Bayrische Fussballverband gemäß seiner aktuellen Aussagen, welche Herr Koch am 26.03.2021 tätigte. Und auch aus Ihren Zeilen, indem Sie darauf verweisen, dass die Politik den Sport leider vergessen hat, lässt sich ein grundsätzlicher Konsens zu der Aussage des BFV erkennen.

Weiter erläutern Sie, dass Sie im Sinne der Planungssicherheit nun Tatsachen schaffen möchten. Bitte vergessen Sie hierbei nicht, dass die Planungen zu der Saison 2020/2021 extrem erschwert waren. Die Verantwortlichen mussten unter größter Unsicherheit und erschwerten Bedingungen ihre grundsätzliche Vereinsarbeit leisten, ihre Kader planen und eine Vorbereitung für ihre Mannschaften organisieren, die neben den üblichen sportlichen Aspekten auch Hygieneregeln und alle hiermit einhergehenden Unwegsamkeiten der Integration neuer Spieler in ihre Teams bewerkstelligen. Alle diese unermüdlichen Ehrenamtliche sehnen sich nach einer Fortsetzung der Saison, damit ihre Kraftanstrengungen der vergangenen Monate nicht vergebens waren.

Die erst vor 2 ½ Wochen beschlossene Verlängerung der Saison ist daher aus unserer Sicht der beste Lösungsansatz. In Verbindung mit der zunehmenden Verfügbarkeit des Impfstoffes und der allgemeinen Nutzung von Schnelltest besteht eine reelle Chance, dass ein Trainingsbetrieb am 17.05.2021 starten könnte und ab dem 20.06.2021 der Spielbetrieb mit Spieltagen sonntags und mittwochs durchgeführt werden könnte. Somit wäre zumindest eine Durchführung der Hinrunde darstellbar. Dies wird dadurch unterstützt, dass die überwiegende Mehrheit der Spielklassen eine sehr überschaubare Anzahl an Mannschaften je Staffel aufweist.

Der Versuch einer sportlichen Lösung ist nach unserer Auffassung der insgesamt fairste Weg. Auch bietet diese Lösung den Menschen die Gelegenheit Zuversicht zu erlangen und ist der einzige Weg, um drohenden rückläufigen Zahlen an aktiven Sportlern entgegenzuwirken.

Sollte zu einem späteren Zeitpunkt ersichtlich werden, dass die Serie doch nicht weitergeführt werden kann, wäre aus unserer Sicht das Modell des Verbandes Sachsen-Anhalts der sportlichste Kompromiss eines Abbruchs. Viele Spielklassen weisen bereits eine sehr repräsentative Anzahl an Spielen auf. Den Mannschaften, welche sich auf Aufstiegsplätzen befinden, sollte im Rahmen eines freiwilligen Aufstiegs, die Möglichkeit eingeräumt werden, um in der kommenden Saison eine Spielklasse höher zu starten. Hier könnten gegebenenfalls auch Aufstiegsspiel anberaumt werden.

Auf den Abstieg von Mannschaften sollte aus unserer Sicht verzichtet werden. Somit hätte ein unvermeidlicher Abbruch der Spielzeit lediglich mögliche positive Konsequenzen für den Breitensport.

Nicht ohne Grund wurde der § 31 der Spielordnung für die Wertung der Spiele geändert und für die Spieljahre 2019/2020 und 2020/2021 die Quotientenregelung eingeführt. Die Nutzung dieser Anpassung wäre aus unserer Sicht der sinnvollste Weg, wenn die Serie nicht beendet werden kann.

Hierdurch könnte am sinnvollsten die Schwächung von unterklassigen Mannschaften vermieden werden, da die Perspektiven von Vereinen nicht durch die Pandemie zerstört würden und mögliche Abgänge zu höherklassigen Vereinen oder ähnliches vermieden werden könnte.

Diese negativen Folgen hätte aus unserer Sicht ein Abbruch mit Annullierung der Spielzeit zur Folge. Vereine mit Aufstiegsambitionen und ihre Spieler aller Spielklassen könnten hierunter leiden. Strukturell stärkere und höherklassige Vereine könnten dies noch am ehesten kompensieren. Den allgemeinen Freizeit- und Breitensport, welchen es gemäß der Satzung und der Prinzipien des NFV zu stärken gilt, würde dies schwächen.

Die Bevorzugung einzelner Spielklassen wie der Oberliga würde hingegen den Gedanken eines solidarischen Miteinanders und der Stärkung des Freizeit- und Breitensports komplett widersprechen. Eine Schnittstellenproblematik ist aus unserer Sicht nicht oder nur hypothetisch gegeben. Daher sollte im Interesse aller Vereine des NFV in jedem Fall eine einheitliche Regelung angestrebt werden.

Als Beispiel möchten wir Ihnen hier den von Ihnen mehrfach betonten Fairplay Gedanken in Erinnerung rufen.

In der Oberliga Niedersachsen wurde aktuell 26,93 % der zu absolvierenden Spieltage absolviert aber die Oberliga, die genauso zum NFV, genauso unter Ihrer Satzung und genauso unter Ihrer Spielordnung spielt, wie beispielweise die 3. Kreisklasse, darf einen Aufsteiger stellen, aber zum Beispiel die Kreisliga Gifhorn in der manche Teams schon bereits 50% der zu absolvierenden Spiele absolviert haben darf keine Aufsteiger stellen. Ähnlich ist es im Kreis Braunschweig, die eine ähnliche Anzahl, wie die Mannschaften in der Oberliga an bereits absolvierenden Spielen bestritten haben. Im Positiven Beispiel des Verbands Sachsen-Anhalts hat zum Beispiel die Landesliga S-A erst 18,75 % der Spiele absolviert, aber weil der Verband einheitlich verfährt, stellen diese Ligen genauso einen Aufsteiger, sofern der Tabellenführer aufsteigen möchte wie auch dort die höheren Klassen. Hier können wir den Kreis Nordharz nehmen, die ebenfalls bereits 18,75 % der Spiele absolviert hat. Peine hingegen ist mit 35 % auch weiter als zumBeispiel die Oberliga. Am Tabellenende möchten wir keine Mannschaften nennen, aber weisen darauf hin, dass teilweise Mannschaften zum bereits zweiten mal abgeschlagen am Tabellenende stehen und eine dritte Chance – unterstützen wir ebenfalls- erhalten sollen, aber diese Chance sollten auch Tabellenführer, die gut gearbeitet haben und bereits Punkte in der Positivwertung stehen haben zumindest ermöglicht werden sich eine Liga höher zu beweisen.

Bei Nutzung des Modells des Landesverband Sachsen-Anhalts hätten wir wenig bis keine Verlierer, selbst die Zweitplatzierten würde von einem Aufstieg der Tabellenführer profitieren, nicht direkt in diesem Jahr, aber im Folgejahr. Es könnte uns Sportlern etwas positives abgewinnen und einen Funke Hoffnung geben und vielen vor allem die Last vor der Existenz.

In den vergangenen Tagen hatten wir ebenfalls einen regen Austausch zu anderen Vereinen aus unserer Region. Eine nicht unerhebliche Anzahl dieser Vereine teilt unsere Auffassung und sieht den NFV unter gesellschaftspolitischen Aspekten in der Pflicht, den zu erwartenden negativen Folgen der Pandemie entgegenzuwirken und Impulse zur Motivation und auf Hoffnung zu setzen. Somit sollte sich auch der NFV an den politischen Bestrebungen auf Bundes- und Landesebene orientieren und den Ermüdungserscheinungen in der Bevölkerung bezüglich der Restriktionen Rechnung zu tragen.

Zusammenfassend vertreten wir die Ansicht, dass ein Abbruch der Saison 2020/2021 und eine Annullierung des Spieljahres im Gesamtkontext der politischen Bestrebungen und der Auswirkungen auf den Breitensport negative Folgen verstärken würden. Wir bitten Sie, sich an dem guten Beispiel des Bayrischen Fußballverbandes und des Westfälischen Fußballverbandes zu orientieren und die derzeitigen Entwicklungen der Pandemie noch abzuwarten, da noch reelle Chancen auf die Fortführung einer verlängerten Saison bestehen.

Selbst falls sich in wenigen Wochen herausstellen sollte, dass ein Abbruch der Spielzeit unumgänglich ist, wäre dies nach dem Modell des Verbandes Sachsen-Anhalts deutlich sinnvoller, da dieser Ansatz mit freiwilligen Aufsteigern und keinem Absteiger eine Lösung ist, welche einem rückläufigen Trend von aktiven Akteuren entgegenwirken könnte und die wenigstens Verlierer nach sich zieht.

Grundsätzlich kommt auch dem Sport und seinen organisierten Verbänden in dieser schwierigen Zeit eine gesellschaftspolitische Verantwortung zu. Der Sport sollte den Leuten Hoffnung spenden, Zuversicht schenken, eine Ablenkung von den Alltagsproblemen bieten und einfach die schönste und leidenschaftlichste Nebensache der Welt sein.

Dass Sie grundsätzlich unsere Auffassung und unsere Ideale und die Leidenschaft zum Sport teilen, haben Sie mit Ihren hoffnungsvollen Aussagen vom 13.03.2021 unterstrichen. Wir bitte Sie daher herzlich im Sinne des Fussballs und der Fairness weiter an der Möglichkeit festzuhalten, dass die Saison 2020/2021 sportlich beendet wird.

Mit sportlichen Grüßen

#FairPlayGemeinsam

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Aufrufe: 028.3.2021, 14:40 Uhr
FuPa BraunschweigAutor