2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Der sportliche Höhepunkt für Marco Müller: Das Halbfinale im Westfalenpokal 2012 mit dem FCO bei Arminia Bielefeld vor mehr als 6.000 Zuschauern. Hier begrüßt er Familie und Bekannte.
Der sportliche Höhepunkt für Marco Müller: Das Halbfinale im Westfalenpokal 2012 mit dem FCO bei Arminia Bielefeld vor mehr als 6.000 Zuschauern. Hier begrüßt er Familie und Bekannte.

Neue Aufgabe – bei Marco Müller kribbelt es

Interview: Im Juni beendete der 31-Jährige seine aktive Fußballer-Karriere beim FC Bad Oeynhausen. In 13 Jahren viel Positives erlebt. Am 10. Juli beginnt für ihn beim Trainingsauftakt von Landesligist SVEW als Co-Trainer ein neues Kapitel im Sportlerleben

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In diesem Sommer war Schluss. Marco Müller beendete mit 31 Jahren im Juni als aktiver Spieler seine Karriere, doch die Fußballschuhe hängt er noch nicht an den vielzitierten Nagel. Nach der Karriere ist vor der Karriere!? Marco Müller bleibt dem Fußball auch weiterhin erhalten. 13 Jahre kickte er für die 1. Mannschaft des FC Bad Oeynhausen in der Landes- und Verbandsliga – und nun wechselt er an die Seitenlinie. Am 10. Juli mit dem Trainingsauftakt bei der SV Eidinghausen-Werste beginnt für den fast 32-Jährigen (Geburtstag im August) als Co-Trainer beim Landesligisten eine neue Zeitrechnung. Dieser Start in ein neues Metier dürfte auch dadurch erleichtert werden, dass sich SVEW-Trainer Christian Scheidies und sein neuer „Co“ schon seit mehreren Jahren kennen und schätzen. NW-Sportredakteur Egon Bieber sprach mit Marco Müller über dessen Fußball-Karriere und sein neues Kapitel im sportlichen Wirken.



Wie fühlt es sich an als Fußball-Rentner. Jedenfalls für den Part als aktiver Kicker?
Marco Müller: Das ist noch so frisch. Ich habe es noch nicht so richtig realisiert, dass es zu Ende ist mit dem Fußballspielen. Das ist schon eine schwierige Situation nach so langer Zeit auf vielen Fußballplätzen.


Wann setzt das Kopf-Kino ein?
Müller: Ich glaube, so richtig bewusst wird es mir wohl werden am 10. Juli, wenn ich dann zum ersten Mal bei der ersten Übungseinheit als Co-Trainer bei der SVEW mehr neben der Seitenlinie stehe und keine Zweikämpfe mehr führe. Ich glaube, dass mir in den ersten Meisterschaftsspielen als Co-Trainer das Fußballer-Herz noch ein wenig bluten wird, dass ich nicht mitspielen kann. Aber es ist ein Lernprozess – und ich freue mich auf diese neue Aufgabe als Co-Trainer.


Wie war das damals mit dem Wechsel von Bezirksligist SVEW in eine höhere Liga zum FC Bad Oeynhausen. Als Jungspund mit 18 Jahren?
Müller: Der FCO-Vorsitzende Dirk Göhner hatte nach den Hallenfußball-Stadtmeisterschaften bei mir angerufen. Das klang alles prima und ich war hoch motiviert. Dann kamen noch einige echt klasse Kicker zum FCO – und ich war echt skeptisch, dass ich bei diesem hochklassig besetzten Spielerkader eine Chance auf Einsätze habe. Als ich auf der Bank saß, sagte ich zu Wolfgang Rasche, damals Co-Trainer: Das schaffe ich nicht in der Landesliga. Aber ich bin ein Kämpfer, habe mich voll reingekniet und bin zum Stammspieler geworden. Bis zu meinem langen verletzungsbedingten Ausfall wegen einer Schambeinentzündung.


Diese Verletzung trat einige Jahre später noch mal auf. Warum kam es noch mal dazu?
Müller: Als ich beim ersten Mal wegen der Schmerzen nicht mehr spielen konnte, hatte ich gefühlt Tausend Untersuchungen bei Ärzten – und keiner konnte mir genaueres sagen. Dann bin ich mit meiner Eltern nach Bremen gefahren zu einer großen Untersuchung. Der Doc sagte, ich hätte einen Beckenschiefstand und dürfte kein Fußball mehr spielen. Das war natürlich zuerst ein Schock.

Tschüss und alles Gute auf dem weiteren sportlichen Weg: Bei der Grillparty im Garten von Marco Müller wurde das Ende der Fußballer-Laufbahn der Nummer 2 beim FC Bad Oeynhausen zünftig gefeiert. Geschenke hatten die Teamkollegen auch mitgebracht, unter anderem diesen Kaminholzständer (rechts).Was ging da im Kopf ab?Müller: Ich weiß gar nicht mehr genau was, aber die Gedanken kreisten wie verrückt. Ich ohne Fußball? Das geht doch nicht. Ich bin ein Junge der durchzieht, ich bin Risiko gegangen. Also habe ich weiter gespielt – und das ging auch meist gut. Doch bedingt durch den Beckenschiefstand traten immer wieder Probleme auf. Mit den Adduktoren und mit 30 Jahren ereilte mich erneut diese Schambeinentzündung, und ich habe Cortison-Spritzen bekommen. Das war dann die Strafe dafür, dass ich weiter gespielt habe. Ich habe mich mit diesem Szenario dann intensiv auseinandergesetzt und bin zu der Überzeugung gekommen, mit dem Fußball spielen bald aufzuhören. Das ist jetzt passiert. Der Körper muss zur Ruhe kommen.Diese auftretenden gesundheitlichen Probleme waren die negativen Begleiterscheinungen als Fußballer, aber es gab doch bestimmt auch positive Erlebnisse in den 13 Jahren beim FC Bad Oeynhausen?
Müller: Ich habe viele positive Erlebnisse gehabt. Da sind die beiden Aufstiege in die Verbandsliga 2005 und 2011 – und das Halbfinale im Westfalenpokal am 1. Mai 2012 gegen Arminia Bielefeld war der Hammer. Das war Gänsehaut pur schon in der Kabine und dann vor mehr als 6.000 Zuschauern im Stadion der Schüco-Arena. Das vergisst man nicht, das brennt sich im Gedächtnis ein.


Der FCO hatte über Jahre hochklassig besetzte Teams mit starken Spielerpersönlichkeiten wie beispielsweise Mike Schusstzik, David Mespe und Tim Steffen, um nur einige zu nennen. Wer hat sie am meisten inspiriert?
Müller: Lernen konnte man von allen drei, auch von den anderen Teamkollegen. Aber zu Schussel (Schusstzik, Anm. der Redaktion) und Steffen hatte ich den besten Draht. Tim hat immer seine Meinung klar gesagt, Schussel war eine coole Socke. Beide konnten super kicken und waren auch geile Typen – und so welche braucht man in einer Mannschaft. Diese beiden haben mich am meisten beeindruckt. In der Mannschaft hatten wir Weltklasse Teamgeist, haben fast immer nach dem Training und dem Spiel noch zusammen gesessen. So etwas bekommt man heute nicht mehr hin. Oder nur ganz selten.


Und wie war das mit den Trainern, Sie hatten ja nur drei beim FCO?
Müller: Ich werde jetzt keine Vergleiche anstellen. Jeder hat seine Besonderheiten und Stärken – und Spaß gemacht hat es bei allen drei: Bei Michael Bühlmann, bei Rolf Kuntschik und zuletzt bei Holm Windmann.


Hört sich alles super an. Gehen Sie denn jetzt mit einem weinenden Auge?
Müller: Auf jeden Fall. Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, aber diese Chance als Co-Trainer beim Landsligisten SVEW bietet eine super Chance, im Fußball zu bleiben. Ich habe alles mit meiner Frau ’Nini’ (sie heißt Janina, beide haben 2014 geheiratet, Anm. der Redaktion) besprochen. Ihr gilt ein riesiger Dank, denn sie hat mich diese 13 Jahre beim FCO immer ganz toll unterstützt, sie war der ruhende Pol. Und zum FCO ist noch anzumerken: Diesem Verein habe ich sportlich alles zu verdanken, habe den Klub in mein Herz geschlossen. Vielleicht sieht man sich eines Tages in anderer Position wieder.


Gab es irgendwann eine Überlegung, nach der aktiven Karriere als Trainer einzusteigen?
Müller: Darüber hatte ich mir wirklich niemals Gedanken gemacht. Ich hatte ja schon mit Golf angefangen. Als ich im Januar von Michael Eckert den Anruf bekam, war ich schon überrascht. Ich sollte bei der SVEW sofort zur Rückrunde einsteigen. Da habe ich aber sofort abgewunken, weil ich beim FCO im Wort stand. Ich hatte versprochen, die Saison als Fußballer zu Ende zu spielen.


Nun beginnt das zweite und ein neues Kapitel im Sportlerleben des Marco Müller. Kribbelt es schon ein wenig?
Müller: Es gibt eine innere Freude und auch Anspannung auf die neue Aufgabe, aber auch Respekt davor. Denn das ist ein völlig neues Metier für mich. Ich habe mich in dieser Woche noch einmal mit Trainer Christian Scheidies getroffen und ausgetauscht. Bei einem Testspiel und bei einigen Trainingseinheiten habe ich die alleinige Verantwortung, da Christian in Urlaub st. Ich bin gespannt, wie ich das hinbekomme. Vom Spieler zum Co-Trainer. Es kribbelt und ich freue mich auf diese neue Aufgabe!

Aufrufe: 07.7.2017, 16:34 Uhr
Egon Bieber/Fotos: Bieber und KrügerAutor