2025-01-24T06:57:50.986Z

Im Nachfassen
Bonjour Tristesse: Während der FC Eiserfeld ausgelassen feiert, schleichen die Ottfinger Sebastian Erner (l.) und Michel Schöler „bedient“ von dannen... 	Foto: sta
Bonjour Tristesse: Während der FC Eiserfeld ausgelassen feiert, schleichen die Ottfinger Sebastian Erner (l.) und Michel Schöler „bedient“ von dannen... Foto: sta

Mächtig Dampf unterm Kessel!

Beim SV Ottfingen brodelt es vor dem Derby gegen Wenden

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Nein, sprechen wollten sie nicht. „Heute besser nicht”, meinte Michel Schöler. „Ehrlich gesagt weiß ich nichts zu sagen”, zeigte sich auch Lukas Faak wortkarg, die anderen Spieler waren augenscheinlich froh, erst gar nicht angesprochen worden zu sein. Diese 0:1-Niederlage des SV Ottfingen beim FC Eiserfeld hatte gesessen. Ein richtiger Tiefschlag für die ambitionierte Truppe vom „Siepen”, die zwar erstmals in dieser Saison den Kunstrasen als Verlierer verließ und auch Tabellenvierter bleibt, aber diesmal halt mit komplett leeren Händen da stand.

Der Sportliche Leiter Karl-Heinz Linke holte einige Minuten nach Spielschluss dann zum Rundumschlag aus: „Man sieht von unserer Mannschaft überhaupt nichts. Wir haben keinen Spielfluss, keinen Ehrgeiz. Wir sind instabil, da fehlt einigen auch das soziale Gefüge. Es geht ja nicht nur um das, was auf dem Platz passiert. Da ist kein Team zu sehen. Da muss man den Schalter umlegen und nicht nur Schönspielerei betreiben”, zürnte Linke, der schonungslos die Probleme auf den Tisch legte. Und dann noch diesen Satz sagte: „Das, was wir letztes Jahr in der Hinrunde noch gut gemacht haben, als die Spiele noch rumgedreht wurden, ist weg.”

„Damals” war noch ein gewisser Dirk Martin Trainer, der trotz Punktgleichheit mit dem späteren Meister RSV Meinerzhagen im Winter seine Koffer packen musste und von Michael Kügler abgelöst wurde. In der Rückrundentabelle landete der SVO auf Rang neun, hatte am Ende neun Zähler Rückstand auf den Primus. Zwischenmenschlich hatte es nicht gepasst zwischen dem oftmals knurrig wirkenden Martin und der Mannschaft, aber auch zwischen dem Coach und eben Linke, der damals Co-Trainer war... Daher entbehrt die Aussage des heutigen Sportlichen Leiters, der in erster Linie die Mannschaft an den Pranger stellt, damit aber auch unweigerlich Kügler mit ins Boot nimmt, nicht einer gewissen Ironie – wenngleich sie durchaus Berechtigung hat.

Nach sieben Spieltagen und sechs Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Germania Salchendorf liegen die Nerven schon ziemlich blank bei den Schwarz-Gelben, die zwar eine Begegnung weniger ausgetragen haben als die Johannländer, aber in den bisherigen sechs Partien nur selten den Ansprüchen gerecht wurden.

Mittendrin Trainer Michael Kügler, der stocksauer auf seine Mannschaft war, den Ort des Geschehens direkt nach Schlusspfiff verließ, später aber telefonisch Rede und Antwort stand und wie Linke kein Blatt vor den Mund nahm: „Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. Wir sind so kein Titelfavorit, Eiserfeld wollte den Sieg, wir nicht. Eigentlich hätte ich elfmal wechseln müssen. Wir haben einfach keine Eier”, ließ Kügler wissen und erinnerte dabei an einen gewissen Oliver Kahn, der einst eben solche von seinen Mitspielern forderte.

Vielleicht wäre genau so ein Typ nun genau das, was der SV Ottfingen braucht. Jemanden, der mannschaftsintern dazwischen haut. Der Sportliche Leiter und Trainer haben dies getan, stehen aber im Umfeld mit Sicherheit auch in der Kritik, da beide naturgemäß in ihren Positionen für die Darbietungen der Mannschaft verantwortlich sind. Aber welche Mannschaft? Diese Frage muss man unweigerlich ebenso stellen. Ein Team mit vielen starken Individualisten, die aber augenscheinlich auf dem Platz nicht als Einheit funktionieren. „Wir müssen auch mal den besser postierten Spieler sehen, fighten und kämpfen”, meinte Linke vielsagend.

Auch ein paar Kilometer weiter in Schönau, beim Tabellendritten, ist nicht alles Gold was glänzt, das 1:1 gegen Breckerfeld hätte Coach Jörg Rokitte am liebsten gar nicht kommentiert und war äußerst sauer auf seine Jungs. Aber: Beim VSV Wenden steht der Linienchef derzeit außerhalb jeglicher Kritik. Der Sportliche Leiter Achim Hoffmann hatte vor der Spielzeit nicht umsonst darauf verwiesen, dass der Verein alles erdenklich getan hätte und die Mannschaft nun dran sei. Auch das Team wirkt nach außen hin deutlich gefestigter als das der Ottfinger.

„Ich bin maßlos enttäuscht von unserer Mannschaft, die einen Trainer, der alles für sie tut, so im Stich gelassen hat”, sagte Peter Hufnagel im März 2016, als der damalige Ottfinger Vereinschef Mounir Saida schweren Herzens entlassen musste, weil der SVO im Abstiegskampf der Bezirksliga stand. Und heute? Man kommt nicht umhin, gewisse Parallelen im Verhalten der Mannschaft zu sehen, die Martin und zuvor Saida nicht mehr folgen konnte oder wollte, der im übrigen – welche Ironie – sich das Geschehen im „Helsbachtal“ hinter der Bande ansah.

Soweit wird es Michael Kügler wohl nicht kommen lassen, der kämpfen will, sich aber von seinen Jungs im Stich gelassen fühlt, nicht mehr um jeden Preis an seinem Amt hängt und vom Team eine Reaktion erwartet: „Mir ist die Zeit zu schade”, hatte der junge Trainer und Ex-Profi vielsagend nach dem Eiserfeld-Spiel erzählt, „warten wir mal ab, was nächsten Sonntag passiert.”

„Die Mannschaft ist nun gefordert”, meinte Peter Hufnagel, der die Spiele inzwischen nur noch ohne Funktion am Rand erlebt und gerade darüber sicherlich auch sehr froh ist, nach der Demission Saidas. Eine Aussage, die heute umso mehr Bestand hat. Sollte es am Sonntag im Duell mit dem „geliebten” Nachbarn aus Wenden die zweite Saisonniederlage geben, droht schon früh in der Spielzeit Ungemach in den eigenen Reihen. Vielleicht haben die Spieler den Weckruf aber auch verstanden. Im anstehenden Bezirksliga-Derby ist nun jedenfalls mächtig Dampf unterm Kessel.

Aufrufe: 025.9.2017, 22:00 Uhr
Stefan StarkAutor