2024-04-30T13:48:59.170Z

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Hofft, dass demnächst auch Fußballer anderer Vereine den Sportplatz am Galgen bevölkern: Starkenburgias Spielausschussvorsitzender Jan Harder. 	Fotos: Dagmar Jährling/Sascha Lotz
Hofft, dass demnächst auch Fußballer anderer Vereine den Sportplatz am Galgen bevölkern: Starkenburgias Spielausschussvorsitzender Jan Harder. Fotos: Dagmar Jährling/Sascha Lotz

Keine Kohle, keine Kicker

KOL Bergstraße: Wie der FC Starkenburgia Heppenheim bei der Spielersuche am Anspruchsdenken mancher Fußballer verzweifelt

Spätestens mit Beginn eines neuen Jahres machen sich die Fußballvereine daran, den Kader für die folgende Spielzeit zu planen. Wer bleibt, wer kommt, wer geht? Beim FC Starkenburgia Heppenheim dies die Aufgabe von Jan Harder. Der Spielausschussvorsitzende macht den Job seit sechs Jahren, wollte die Planung eigentlich bis Pfingsten unter Dach und Fach haben. Doch so zäh wie in diesem Jahr lief die Suche nach neuen Spielen noch nie. „Seit Januar habe ich 50, 60 Spieler angesprochen, oft mehrfach“, hat der Zweiunddreißigjährige die Faxen dicke angesichts des überschaubaren Ertrags: null.

Wenn ein Spieler bei seinem alten Verein bleiben will, dafür hat Harder Verständnis. Doch viele Kontaktaufnahmen endeten dann, wenn der Faktor Geld ins Spiel kam. Nicht wenige eventuell Kreisoberliga-taugliche Kicker erwarten eine Kompensation für ihre Mühen. Zweimal Training, dazu Spiele - das will entlohnt werden. Das hat sich trotz Corona-Pandemie-Zeiten nicht geändert; Jan Harder empfindet die Situation in diesem Frühjahr gar „extrem“. Dazu kommt: „Einige Spieler erwarten ein Rundum-sorglos-Paket.“ Trikot waschen? Auf keinen Fall. Selbst ein Getränk aus dem Vereinsheim holen? Nee. Dafür werden aber Physiotherapeut, drei Paar Fußballstiefel, ein kompletter Satz Trainingsklamotten, vielleicht auch die Anschubfinanzierung fürs Auto erwartet, schildert Harder seine Erfahrungen – und natürlich der monatliche Barscheck. Da seien Summen schon in der B-Liga im Spiel, „das macht für uns überhaupt keinen Sinn.“

Für den FC Starkenburgia ist die Lage unerquicklich. Wer lediglich Punkteprämien, Trainingsgeld, eine pittoresk gelegene Sportstätte und den Verweis auf Kameradschaft anzubieten hat, steht oft in eine schlechten Verhandlungsposition. Warum zu Verein X gehen, wenn der unterklassige Verein Y bei weniger Aufwand mehr bietet als das gemeinsame Essen nach dem Spiel? „Kohle entscheidet“, ärgert sich Harder. Es gehe oftmals „nur ums Geld“ nach dem Motto „Ist der Weiher leergefischt, geht es zum nächsten. Loyalität zu einem Verein sei nichts mehr wert, konstatiert Jan Harder: „Für mich wird da der Spaß am Fußball zerstört.“

Angesichts der Corona-Krise sitzt das Geld aber nicht mehr überall so locker, zumal bislang sichere Einnahmequellen – Feste, Kerwen, Turniere – in diesem Jahr wegfallen. Eintracht Wald-Michelbach hat Einschnitte angekündigt, die SG Unter-Abtsteinach explizit aus finanziellen Gründen gar ihre Verbandsliga-Mannschaft zurückgezogen. Gekaufter Erfolg kostet: Jeder Vertragsspieler hat Anspruch auf eine Mindestvergütung von 250 Euro pro Monat. In Grundrechenarten Bewanderte können schnell ermitteln, welche Größenordnung ein Budget da pro Monat erreichen kann. Einige Vereine müssten sich fragen, ob dies noch der richtige Weg sei, drauflegen für „das Hobby Fußball“.

Auch die Starkenburgia hat im vergangenen Jahrtausend zu denen gehört, die Spieler mit Geld köderten, Doch diese Zeiten sind vorbei, sagt der Spielausschussvorsitzende: „Wir werden nie einen Spieler holen, der ein Festgehalt verlangt.“ Mit diesem Ansatz und einer ansehnlichen Jugendarbeit hat es die Starkenburgia immerhin geschafft, seit 1999 ununterbrochen Kreisoberliga-Fußball anzubieten.

Als Idealist hofft Harder insgeheim, dass es noch Spieler gibt, die „Bock haben“, in Heppenheim Fußball zu spielen „zu den Bedingungen, die wir anbieten können“. Harders zweite Hoffnung: dass immer mehr Vereine und auch Spieler genauso handeln werden wie der FC Starkenburgia. Denn man weiß ja: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Aufrufe: 02.6.2020, 19:00 Uhr
Markus KarraschAutor