2024-04-25T14:35:39.956Z

Allgemeines
Ingrid Hendricks gehört zum festen Inventar von Siegfried Materborn.
Ingrid Hendricks gehört zum festen Inventar von Siegfried Materborn.

Ingrid Hendricks hat eine Ära geprägt

Die 56-jährige Ingrid Hendricks engagiert sich seit 1999 bei Siegfried Materborn. Die Mutter von drei Söhnen  liebt die Arbeit mit den Fußball-Bambini – und verdiente sich in männlicher Gesellschaft Respekt. Nun tritt sie aber kürzer.

Als Ingrid Hendricks zu Beginn der 2000er-Jahre als Vertreterin von Siegfried Materborn den Jugendtag des Fußball-Kreises Kleve/Geldern besuchte, begab sie sich als einzige Frau in einen Raum mit 60 Männern.

Ingrid Hendricks prägt Siegfried Materborn

„Anfangs war es schwer, als Frau ernst genommen zu werden. Dennoch habe ich nie ein Blatt vor den Mund genommen. Ich musste mir mein Standing erarbeiten und glaube, dass mir das gelungen ist“, sagt die 56-Jährige.

In den vergangenen Jahren habe sie einen Wandel erlebt, auch die Männerdomäne Fußball sei weiblicher geworden. Heute gilt Hendricks als erfolgreiche Nachwuchstrainerin, die seit 1999 den SV Siegfried Materborn maßgeblich geprägt hat. Nun aber zieht sich die Kleverin zurück.

Kurz vor der Jahrtausendwende sei sie wegen ihrer Söhne zu den Schwarz-Gelben gestoßen. Die Vereinsverantwortlichen fragten sofort nach, ob sie nicht selbst auch als Trainerin aktiv werden wolle. „Ich sagte ihnen, dass sie noch einmal auf mich zurückkommen sollen, wenn sie niemanden finden. Es ist mein Problem, dass ich nie Nein sagen kann. Ich weiß nicht, ob sie noch weitergesucht haben. Auf jeden Fall fing ich damals als Jugendtrainerin an“, so Hendricks. Ihre Kinder begleitete sie im Fußball. Ab den C-Junioren kam ihr Nachwuchs dann in andere Trainerhände.

Doch Ingrid Hendricks blieb den Bambini treu. Seit 2002 steht sie bei den jüngsten Kickern an der Seitenlinie. „Mittlerweile sind hier wieder Väter auf dem Platz unterwegs, die ich früher noch als Junioren kannte“, sagt Hendricks, die zwischenzeitlich auch die F-Jugend betreute. Die Arbeit mit den Kindern habe ihr immer große Freude bereitet. Es sei neben der sportlichen Ausbildung immer auch darum gegangen, Werte zu vermitteln. Dass Kinder mit Behinderung Teil der Bambini-Teams sind, war für Ingrid Hendricks immer eine Selbstverständlichkeit. „Wir sind gut darin, die Menschen genau so zu nehmen, wie sie sind. Das ist unser Materborner Weg“, sagt sie.

Und es ist offenkundig ein erfolgreicher Weg. Heute hat Siegfried Materborn 15 Nachwuchs-Teams, bei den Mädchen gibt es eine U-15-Mannschaft. Insgesamt sind etwa 250 Nachwuchsspieler im Klub aktiv. Die Corona-Wirren konnten dem Vereinsleben bislang nur wenig anhaben. Die C-Junioren spielen in der Grenzlandliga, die A-, B- und D-Jugendlichen in der Leistungsklasse. In diesen Monaten bereitet sich die Jugend-Abteilung auf den Tag X vor, wenn der Fußball den Re-Start nach dem Lockdown macht.

Bei Siegfried Materborn zählen gewisse Werte

„Ich glaube, dass wir bei Siegfried Materborn immer sehr damit beschäftigt sind, soziale Aspekte mit Aspekten von Erfolg und Leistung zu verbinden. Dieser Spagat ist auch nicht immer einfach. Aber als Verein leisten wir sicherlich einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag“, sagt die Nachwuchstrainerin. Sie sei immer gleichermaßen stolz auf den Breitensport und die Niederrheinliga-Teams des Klubs gewesen. Damit das Miteinander funktioniert, hat der Verein schon vor Jahren ein entsprechendes Leitbild entworfen. Sozialverhalten, Teamgeist und die sportliche Leistung spielen zentrale Rollen.

Ingrid Hendricks selbst spielte nur zwei Jahre lang Fußball, Anfang der 1980er-Jahre war das. Sie war es damals, die die Frauen-Abteilung an der Materborner Allee initiierte – und das trotz der Ablehnung ihres Vaters, der zu der Zeit den Verein führte. „Damals war die Akzeptanz noch nicht wirklich gegeben, und ich fing erst spät mit dem Fußball an. Um richtig durchzustarten, hätte man wohl eher beginnen müssen“, sagt Hendricks, die im Finanzmanagement der Hochschule Rhein-Waal in Kleve tätig ist. Als Trainerin aber sorgte sie für eine Erfolgsära – und hofft so, noch mehr Frauen für die Tätigkeit als Fußballlehrerin gewinnen zu können. „Ich glaube, dass es dem immer noch sehr von Männern dominierten Fußball gut täte, mehr auf Frauen zu setzen. Frauen haben eine andere Art, mit Menschen umzugehen. Um Eindruck zu machen, braucht eine Frau aber schon mal den Habitus eines Mannes. Da muss man auf dem Platz breitbeinig auftreten und zeigen: Hier bin ich“, sagt Ingrid Hendricks.

Sie habe auch nie davor zurückgeschreckt, im Vorstand ungehemmt ihre Meinung zu äußern – auch gerne gegen die Mehrheit. Als Leiterin, Geschäftsführerin, Kassenwartin und Trainerin im Nachwuchsbereich habe sie immer ein Wörtchen mitzureden gehabt und immer wieder neue Ideen für Projekte entwickelt. Es gibt kaum ein Amt, das Ingrid Hendricks für die Junioren nicht ausgefüllt hat. „Die Arbeit für die Kinder und Jugendlichen hat mir immer viel Spaß bereitet“, sagt die Kleverin.

Seit jeher sei sie bemüht gewesen, die Jugend an die ehrenamtliche Tätigkeit heranzuführen. Immerhin gibt es auch für Ingrid Hendricks einen Zeitpunkt, loszulassen. Der ist jetzt gekommen. Beruflich sei sie an der Hochschule stark eingespannt, weshalb die 56-Jährige nun kürzertritt. Klar sei aber auch: Sobald das Leben auf die Sportplätze der Region zurückkehrt, wird sie auch wieder an der Siegfried-Kampfbahn anzutreffen sein. Die Bambini werden aber künftig von Marita Maas und Dunja Übach betreut, die sich ebenfalls schon seit Jahren bei Siegfried Materborn engagieren.

Und dennoch: Bei den Schwarz-Gelben wird Ingrid Hendricks zweifelsohne eine Lücke hinterlassen. Von den Kindern der Bambini habe sie sich bereits verabschiedet. „Man muss allerdings so realistisch sein, zu sagen, dass die Bambini nicht wirklich verstehen, dass ich aufhöre. Aber die Eltern haben mir schon zurückgemeldet, dass sie den Schritt schade finden“, sagt Hendricks. Auch der Vorstand bedauert den Abgang einer zuverlässigen Ehrenamtlerin. „Siegfried Materborn hat Ingrid Hendricks eine Menge zu verdanken. Sie hat viele Erfolge für den Verein eingefahren und verkörpert Schwarz-Gelb mit Leib und Seele“, sagt Markus Maas, Jugendleiter von Siegfried Materborn.

Aufrufe: 014.5.2021, 18:00 Uhr
RP / Von Maarten OversteegenAutor