2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview
VR Bank Bodensee-Oberschwaben

"In der untersten Liga sehe ich mich nicht"

Ali Ayaz wechselt zur neuen Saison als Spieler-Co-Trainer zu den TSF Gschwend. Der 26-Jährige bringt Bezirksliga-Erfahrung mit – und enormen Ehrgeiz, wie im FuPa-Interview deutlich wird.

Normannia Gmünd, SG Bettringen, TV Lindach, wieder Normannia, FC Eschach und nun also die TSF Gschwend: Ali Ayaz ist in seiner Laufbahn schon für diverse Vereine aufgelaufen und kennt die Bezirksliga ebenso gut wie die Kreisliga B. Inzwischen reicht es ihm aber nicht mehr, 'nur' gut Fußball zu spielen. Im vergangenen Sommer erwarb Ayaz die Trainer B-Lizenz, in der abgelaufenen Saison fungierte er in Eschach als Spieler-Co-Trainer.

Was in dem am Wochenende geführten Gespräch förmlich zu spüren ist: Der 26-Jährige hat seine Spielerperspektive längst um diejenige des Trainers geweitet. Er hat sich neue Ziele gesetzt, die ihm so wichtig sind, dass er sich im Frühjahr bewusst gegen einen Wechsel in die Bezirksliga entschied, um weitere Erfahrungen im Trainerbereich sammeln zu können.

Nun wird er Spieler-Co-Trainer bei den TSF Gschwend und verbleibt damit in der untersten Amateurliga – vorerst. Denn Ayaz lässt im FuPa-Interview keinen Zweifel daran, dass bei ihm Anspruch und Ehrgeiz langfristig höher zielen.

FuPa-Redakteur Julian Hermann (l.) im Gespräch mit Ali Ayaz.

Julian Hermann: Lieber Ali, Du hast vor kurzem geheiratet: herzlichen Glückwunsch! Kommt da irgendwann noch eine große Feier?

Ali Ayaz: Vielen Dank. Ja, wir planen eine Feier mit 150 Leuten. Aufgrund der Corona-Verordnung geht eine so große Veranstaltung momentan noch nicht. Entweder Ende diesen September oder Ende März 2021 gibt es dann unsere große Feier.

Ist Dein Wechsel nach Gschwend für Dich auch ein Grund zum Feiern?

Nein, kein Grund zum Feiern. Das ist etwas ganz anderes. Das sind nun ganz neue Ambitionen für mich: Mit der Mannschaft, den Neuzugängen und dem neuen Trainerteam peilen wir einen der ersten drei Plätze an.

Welches persönliche Ziel verfolgst Du nun kurzfristig mit den TSF Gschwend?

Ich möchte mich selbst weiterentwickeln, zusammen mit einem hungrigen Team. Ich möchte die Spieler taktisch voranbringen und motivieren, speziell auch diejenigen, die mal nicht in der ersten Elf spielen, damit die gesamte Mannschaft eine gute Leistung bringt. Natürlich will ich mir auch von Taner Has etwas abschauen.

Und welches Ziel hast Du langfristig?

Als Spieler möchte ich erfolgreich sein und verletzungsfrei bleiben, als Trainer natürlich die Spieler weiterentwickeln und offensiven Fußball spielen.

Kannst Du das noch etwas konkretisieren?

Ich würde sehr gerne wieder in der Bezirksliga oder Kreisliga A spielen. In der untersten Liga sehe ich mich nicht.

Und als Trainer?

Auch als Trainer ist es attraktiv, eine Mannschaft zu führen, die nicht in der B-Klasse spielt. Ich bin aber noch ganz neu im Trainerbereich, seit 2 Jahren Spieler-Co-Trainer. Deshalb ist es für mich persönlich gut, zum Einstieg unten anzufangen.

Was hast Du denn als Spieler noch drauf?

Ich denke mal, dass ich noch einiges drauf habe. Ich hatte im Frühjahr auch Anrufe von Bezirksligisten, die mich sehr gerne für ihre Mannschaft verpflichten wollten. Die Bezirksliga reizt mich sehr, aber ich fokussiere mich inzwischen viel stärker auf den Trainerposten.

Bezirksligaerfahrung sammelte Ali Ayaz unter anderem beim 1.FC Normannia Gmünd II.

Du hast also Angebote von Bezirksligisten ausgeschlagen?

Ja. Ich habe im letzten Sommer die Trainer B-Lizenz gemacht und will im nächsten Jahr die DFB-Elite-Jugend-Lizenz erwerben. Es wäre eine Umstellung für mich gewesen, wieder nur Spieler zu sein.

Das war vielleicht Deine letzte Chance, noch einmal in der Bezirksliga zu spielen...

(grinst): Glaub' ich nicht.

Wirst Du in Gschwend automatisch Stammspieler sein?

Das werden wir dann sehen, je nachdem, wie der Konkurrenzkampf wird. Gschwend ist im Mittelfeld sehr gut aufgestellt. Wenn ich verletzungsfrei bleibe, denke ich mal, dass ich meinen Stammplatz haben werde.

Was hat Dein Trainer-Kollege Taner Has drauf?

Als Spieler hat er Erfahrungen in der Landesliga und in der Bezirksliga gesammelt. Er ist ein sehr variabler, moderner Trainer und möchte ballorientiert und offensiv Fußball spielen. Das passt zu mir.

Erzähl mal: Wie kam die Sache mit Gschwend überhaupt ins Rollen?

Taner war schon im letzten Jahr an mir dran, damals musste ich ihm aber absagen, weil ich noch eine Saison Co-Trainer in Eschach sein wollte. Ich hoffte vor der vergangenen Saison, dass wir noch besser als Platz 5 abschneiden werden. In diesem Jahr gab es dann den ersten Kontakt im Februar, die Entscheidung fiel dann erst Ende März.

Was macht Gschwend so attraktiv?

Das Team hat in den vergangenen Jahren einige Schritte nach vorne gemacht. Ich sehe viel Potenzial in der Mannschaft, auch noch einen Schritt weiter zu gehen und aufzusteigen, was für Spieler, Trainer und den ganzen Verein eine tolle Sache wäre.

Was macht Dich für Gschwend so attraktiv?

Ich habe in den letzten Jahren bewiesen, was ich als Spieler drauf habe. Mit meiner Qualität und meiner Erfahrung kann ich dem Team weiterhelfen.

Auf was legst Du als Trainer besonders wert?

Die Spieler müssen 100 Prozent konzentriert sein, damit sie das umsetzen, was wir Trainer vorhaben.

Bist Du für die Meinung der Spieler offen?

Total offen. Spieler können mit ihrer Einschätzung immer zu mir kommen. Sollte Taner und mich das dann überzeugen, werden wir versuchen, es auch umzusetzen.

Wie stark greift Ihr Trainer auf digitale Hilfsmittel zurück?

Wir verwenden ab jetzt die SpielerPlus-App. Dadurch ist die Organisation der Trainings und Spiele für uns Trainer wesentlich einfacher.

Damals noch ohne SpielerPlus-App: 2013/14 im Trikot des TV Lindach.

Fällt Dir der Abschied vom FC Eschach schwer?

Die Entscheidung fiel mir schwer, weil es mit den Jungs Spaß gemacht hat ob auf dem Platz oder beim Feiern. Ich musste mich aber so entscheiden, weil es für mich sportlich Stand jetzt ein Schritt nach vorne ist.

Was wirst Du aus Deiner Zeit in Eschach vermissen?

Ich werde vermissen, dass wir im Training zwei Keeper hatten. Das kannte ich von mein vorherigen Stationen nicht. Die Möglichkeit, mit zwei Torhütern gleichzeitig zu trainieren, wertet das Training für mich enorm auf.

Und was nicht?

Die Einstellung mancher Spieler, die nicht alles für den Fußball tun wollen.

Was hast Du in Eschach gelernt?

Wie man ein Bier ohne Flaschenöffner aufbekommt (lacht). Ich kann es immer noch nicht so gut wie die Eschacher, aber ich habe mich wirklich verbessert.

Gibt es einen Mitspieler, mit dem Du besonders gerne zusammen gespielt hast?

Ja den gibt es: Tobi 'Ramos' Hasieber.

Der war doch die meiste Zeit verletzt...

Das stimmt. Er ist ein richtig guter Defensivspieler. Wenn ich im zentralen Mittelfeld spielte und er in der Abwehr, wusste ich, dass ich mich auf die Offensive konzentrieren konnte. Zu 100 Prozent konnte ich mich auf ihn verlassen. Würde er noch etwas mehr tun, könnte er aus meiner Sicht auch in der Bezirksliga spielen.

Gibt es sonst noch einen Eschacher mit Bezirksliga-Potenzial?

Ja. Zwei drei Spieler könnten in der A-Klasse oder vielleicht auch in der Bezirksliga spielen.

Warum schafft es der FC Eschach nicht, um den Aufstieg mitzuspielen?

Um aufzusteigen braucht man die Qualität, außerdem einen breiten Kader, damit der Konkurrenzkampf vorhanden ist, und natürlich auch ein bisschen Glück.

Ich denke mal, die drei Sachen haben dem FC Eschach oft gefehlt, allein die Langzeitverletzten Lukas Stoll, Adrian Bauer und Tobi Hashieber waren vor ihren Ausfällen Stammspieler, die Ihre Qualität davor gezeigt hatten. Nach so schweren Verletzungen muss man auch damit zurechtkommen, dass es nicht mehr so gut funktioniert, wie davor, und man extra an sich arbeiten muss.

Kannst Du Dich an eine richtig verrückte Situation in Eschach erinnern?

Der Mannschaftsausflug nach Düsseldorf wird mir immer in Erinnerung bleiben. Ich sage nur: 'Mr. Feuerlöscher' - das sollen jetzt nur die verstehen, die dabei waren.

Im Dress des FC Eschach lernte er fürs Leben: Nun ploppen die Flaschen auch ohne Öffner auf!

Wolltest Du denn den ein oder anderen Eschacher Kicker zu Deinem neuen Verein mitnehmen?

Ja, zwei Spieler. Bei Antonino Calzetta hat es geklappt, er ist damals auch aufgrund unserer langjährigen Freundschaft, die seit dem dritten Lebensjahr besteht, zum FC Eschach gekommen. Ein Spielertyp, der mit seiner Technik und seinen Dribblings den Gegner verrückt macht.

Tobi Hasieber hätte ich sehr gerne in Gschwend dabei gehabt. Bei den anderen wusste ich, dass sie Eschach und ihre Freunde nicht verlassen würden.

Woran ist dann ein Wechsel von Hasieber gescheitert?

Aus privaten Gründen möchte Tobi generell etwas kürzer treten.

Wird denn das Aufeinandertreffen mit dem FC Eschach in der nächsten Saison ein emotionaler Moment?

Emotional vielleicht nicht. Aber es wird ein sehr schwieriges Spiel werden, weil die Eschacher gegen mich sicher besonders motiviert sind. Sie wollen mir dann zeigen, dass sie mich besiegen können.

Zum Schluss: Wer sind Deine Vorbilder im Amateurbereich – als Spieler wie als Trainer?

Als Spieler mein Bruder Musa Ayaz, der aufgrund einer Verletzung und eines Umzugs mittlerweile in der Bezirksliga Enz/Murr spielt. Von ihm habe ich viel gelernt, auch wenn wir nicht auf derselben Position spielen. Außerdem ein ehemaliger Mitspieler meines Bruders, Valton Buduri, als dieser noch für den VfR Aalen gekickt hat. Er war ein Leader auf dem Platz und hat das Spiel gelenkt und gesteuert.

Als Trainer mein ehemaligen Trainer Bernd Maier, mittlerweile bei der SG Bettringen.

Ist es nun ein Ziel von Dir, selbst ein Vorbild für andere zu sein?

Nein, das muss nicht sein. Ich will einfach mein Bestes geben. Wenn ich dann Vorbild für jemanden bin, finde ich das sehr schön und macht mich stolz.

Lieber Ali, vielen Dank für das Gespräch und viel Glück bei Deinem neuen Verein.

Aufrufe: 08.7.2020, 08:30 Uhr
JHermannAutor