2024-05-29T12:18:09.228Z

Interview

"Ich hatte nicht die größte Lobby"

David Beshah vom Fußball-Mittelrheinligisten Euskirchener TSC verpasste nur knapp die Teilnahme am Afrika-Cup für Äthiopien. Im Interview mit Wolfram Kämpf spricht der 25-Jährige über seine Erlebnisse und seine Zukunft in der Nationalelf.

Herr Beshah, vor einigen Tagen sind Sie von einem längeren Aufenthalt in Äthiopien zurückgekehrt, inzwischen trainieren Sie wieder mit dem Fußball-Mittelrheinligisten Euskirchener TSC. Haben Sie sich schon an den Regen und die Kälte in Deutschland gewöhnt?

David Beshah: Ja klar. Aber das war natürlich eine Umstellung. Dort wurde es mittags 30 Grad heiß. Hier geht hingegen ohne Mütze und Handschuhe gar nichts.

In Südafrika läuft der Afrika-Cup. Aus Ihrer Teilnahme für die äthiopische Nationalmannschaft ist nichts geworden, obwohl Sie im vorläufigen Kader standen und einen Monat lang mit der Mannschaft trainiert haben. Schmerzt es sehr, alles nur als Fernsehzuschauer erleben zu dürfen?

Beshah: Wirklich bitter war es, als ich erfahren habe, dass ich nicht im endgültigen Kader stehe. Die Spiele verfolge ich jetzt mit gemischten Gefühlen. Einerseits freut es mich, die Jungs im Fernsehen zu sehen – schließlich kenne ich sie inzwischen gut und ich habe ihnen natürlich bis zu ihrem Ausscheiden die Daumen gedrückt. Andererseits wäre ich natürlich verdammt gerne selbst auf dem Platz dabei gewesen.

Woran sind Sie letztlich gescheitert?

Beshah: Ich denke, es hatte nicht nur sportliche Gründe. Denn im Training habe ich überzeugt. Auch der dortige Coach, Sewinet Bishaw, hätte mich gerne nach Südafrika mitgenommen, aber er ist vom Verband überstimmt worden. Die entscheidenden Leute wollten wohl eher die Spieler im Kader belassen, die die Afrika-Cup-Qualifikation für Äthiopien bestritten haben. Ich hatte dort wohl nicht die größte Lobby.

Wie sind Sie von den Mitspielern aufgenommen worden? Gab es ein besonderes Konkurrenzdenken gegenüber dem Mann aus Deutschland?

Beshah: Natürlich bin ich anfangs von einigen Spielern kritisch beäugt worden, und in jedem Sportteam herrscht ein gewisser Konkurrenzkampf. Aber insgesamt bin ich super aufgenommen worden. Mit der Zeit habe ich auch die Landessprache Amharisch immer besser gesprochen, und damit wurde auch die Kommunikation leichter. Mit einigen Spielern stehe ich auch jetzt noch per Mail in Kontakt.

Wie geht es weiter? Haben Sie Ihren Traum von einer Nationalmannschaftskarriere aufgegeben?

Beshah: Nein, dieses Ziel verfolge ich weiterhin. Der Trainer hat mir gesagt, dass er weiter mit mir plant, obwohl ich diesmal aus dem Kader gestrichen worden bin. Bald geht die WM-Qualifikation für Äthiopien weiter, und ich hoffe dabei zu sein.

Haben Sie denn keine Angst, wieder nur mittrainieren zu dürfen und am Ende nicht zu spielen?

Beshah: Wenn ich tatsächlich wieder eingeladen werde, fahre ich nur dort hin, wenn ich zumindest einen Kurzeinsatz garantiert bekomme.

Ihr Trainer beim Mittelrheinligisten Euskirchener TSC, Kurt Maus, hatte schon Zweifel daran, dass Sie zurückkommen würden. Er meinte, Scouts könnten Sie entdecken und zu höherklassigen Klubs lotsen. Haben Sie auf solche Angebote spekuliert?

Beshah: Dieser Gedanke spielte keine Rolle. Für mich war immer klar, dass ich in der Rückrunde für den ETSC spielen würde. Was im Sommer kommt, weiß ich nicht.

Gab es schon Angebote?

Beshah: Mein Vater, der sich noch in Äthiopien aufhält, ist von ein paar Klubs kontaktiert worden. Ich könnte mir durchaus vorstellen, für einige Zeit in der äthiopischen Liga zu spielen. Inzwischen kann man dort auch genug Geld zum Leben verdienen. Aber das hat Zeit. Wenn ein Klub mich heute will, dürfte das auch in fünf Monaten noch so sein.

Welche Ziele verfolgen Sie mit dem ETSC?

Beshah: In den vergangenen Einheiten konnten wir wegen der Wetterlage nur eingeschränkt trainieren. Aber ich glaube, die Liga ist sehr ausgeglichen und wir können noch einiges erreichen. Wenn es perfekt läuft, könnten wir sogar Meister werden.

Das Gespräch führte Wolfram Kämpf

Aufrufe: 08.2.2013, 12:43 Uhr
Wolfram Kämpf, Kölner Stadt-AnzeigerAutor